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Thüringer Oberlandesgericht, Beschluss vom 14. November 2019 – 2 U 917/19

§ 133 Abs 1 InsO, § 143 InsO, § 802c ZPO, § 894 BGB

1. Nicht jeder auch nur entfernte Mitwirkungsbeitrag des Schuldners rechtfertigt es, die vom Gläubiger durch eine Vollstreckungsmaßnahme erwirkte Vermögensverlagerung auch als Rechtshandlung des Schuldners zu werten. Es ist eine wertende Betrachtung vorzunehmen und zu prüfen, ob der Mitwirkungsbeitrag zumindest das einer Vollstreckungstätigkeit des Gläubigers vergleichbare Gewicht erreicht (BGH, 1. Juni 2017, IX ZR 48/15).

2. Bei wertender Betrachtung liegt keine der Vollstreckungstätigkeit des Gläubigers vergleichbare Mitwirkungshandlung des Schuldners vor, wenn dieser die Vermögensauskunft nach § 802c ZPO erteilt.

Tenor

1. Dem Kläger wird ratenfreie Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren bewilligt, soweit er beantragt, die Beklagte zu verurteilen, ihre Zustimmung zur Löschung der im Grundbuch von A, Blatt … , zu ihren Gunsten unter Abteilung III., lfd. Nr. … , eingetragene Zwangssicherungshypothek im Nennbetrag von … € zu erteilen.

Im Übrigen wird der Antrag auf Prozesskostenhilfe zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

3. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

I.

Die Parteien streiten um Ansprüche des Klägers aus einer Insolvenzanfechtung.

Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der G GmbH (nachfolgend: Schuldnerin). Auf einen bei dem Insolvenzgericht am 22.09.2017 eingegangenen Gläubigerantrag hin wurde über das Vermögen der Schuldnerin mit Beschluss des Amtsgerichts M vom 19.12.2017 (Az.: 88/IN 26/17) das Insolvenzverfahren eröffnet (Bl. 1, Anlagenband Kläger).

Die Schuldnerin war Eigentümerin eines Grundstücks Flur …, Flurstück …, eingetragen in dem Grundbuch des Amtsgerichts A, Blatt … . Dieser Grundstück hatte die Schuldnerin mit notariellem Kaufvertrag des Notars L vom 12.12.2016 zu Urkundennummer …/2016 an die K GbR (nachfolgend: Käuferin) verkauft. Zu Gunsten der Käuferin wurde am 04.01.2017 eine Auflassungsvormerkung in das Grundbuch eingetragen.

Die Beklagte verfügt über einen vollstreckbaren Titel gegen die Schuldnerin. Mit Urteil des Landgerichts M vom 03.09.2015 (Az.: 12 O 425/14) wurde die Schuldnerin verurteilt, an die Beklagte 5.355,00 € nebst Zinsen und Kosten an die Beklagte zu zahlen. (Bl. 63, Anlagenband Kläger). Des Weiteren wurde die Schuldnerin mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 27.05.2016 verpflichtet, der Beklagten die aus diesem Verfahren entstandenen Kosten in Höhe von 1.781,50 € nebst Zinsen zu erstatten (Bl. 67ff. Anlagenband Kläger).

Aus diesem Titel betrieb die Beklagte die Zwangsvollstreckung gegen die Schuldnerin. Ein Vollstreckungsversuch der Beklagten gegen die Schuldnerin vom 07.02.2017 blieb erfolglos.

Gegen den Geschäftsführer der Schuldnerin erging am 30.01.2017 durch das Amtsgericht R_ ein Haftbefehl zur Abgabe der Vermögensauskunft, nachdem dieser zuvor zu einem Termin zur Erteilung der Vermögensauskunft nicht erschienen war (Az.: 9 M 0059-17, Anlage B2, Anlagenband Beklagte). Die Beklagte beantragte daraufhin mit Datum vom 07.02.2019 die Vollziehung dieses Haftbefehls (Anlage B1, Anlagenband Beklagte). Ausweislich des Verhaftungsprotokolls vom 16.02. 2017 (Verhaftungsprotokoll, Blatt 40/41, Anlagenband Kläger) fand sich der Geschäftsführer der Schuldnerin am 16.02.2017 in den Geschäftsräumen des Gerichtsvollziehers Ga ein. Dort wurde ihm der Auftrag zu seiner Verhaftung eröffnet. Er erklärte daraufhin, die dem Haftbefehl zugrunde liegende Forderung nicht begleichen zu können und nunmehr zur Abgabe der Vermögensauskunft bereit zu sein. Er erteilte sodann die Vermögensauskunft (Ak.: II DZR 201/17). Im Rahmen dieser Vermögensauskunft erklärte der Geschäftsführer unter anderem, dass die Schuldnerin Eigentümerin des oben genannten Grundstücks sei sowie dass ein Kaufvertrag zu dem Grundstück existiere, dessen Bestand aber zweifelhaft sei. Zu den Einzelheiten der Vermögensauskunft wird auf Blatt 45 ff Anlagenband Kläger Bezug genommen.

Am 24.04.2017 wurde zu Gunsten der Beklagten eine Zwangssicherungshypothek mit einem Nennbetrag in Höhe von … € zu Lasten des obengenannten Grundstücks, eingetragen beim Amtsgericht A zu Grundbuchblattnummer … in das Grundbuch eingetragen (Blatt 93, Anlagenband Kläger). Am 15.11.2017 beantragte die Beklagte die Zwangsversteigerung dieses Grundstücks. Am 30.11.2017 wurde zu Gunsten der Beklagten eine weitere Zwangssicherungshypothek mit einem Nennbetrag in Höhe von … € zu Lasten des vorgenannten Grundstücks eingetragen. Grundlage dieser Eintragung waren weitere Kostenfestsetzungsbeschlüsse des Landgerichts M (Bl. 95, Anlagenband Kläger).

Die Klägerin ist der Ansicht, die seitens der Beklagten erwirkten Eintragungen der Zwangssicherungshypotheken unterlägen der insolvenzrechtlichen Anfechtung bzw. seien nach § 88 Abs. 1 InsO unwirksam.

Der Beklagte vertritt die Ansicht, diese Rechtsauffassungen des Klägers seien nicht zutreffend. Die Voraussetzungen für eine insolvenzrechtliche Anfechtung lägen nicht vor.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.

Die Kammer hat die Klage abgewiesen und die Auffassung vertreten, insolvenzrechtliche Ansprüche zu Gunsten des Klägers beständen nicht. Es fehle an einer anfechtbaren Rechtshandlung des Schuldners. Die durch eine Zwangsvollstreckungshandlung des Gläubigers erwirkte Leistung stelle grundsätzlich keine anfechtbare Rechtshandlung des Schuldners dar. Soweit der Bundesgerichtshof hiervon Ausnahmen zulasse, wenn der Schuldner die Vollstreckungsmaßnahme durch eine selbstbestimmte Handlung fördere, die bei wertender Betrachtung dazu führe, dass sich die Vollstreckungstätigkeit als eigene, willensgeleitete Tätigkeit des Schuldners darstelle, lägen diese Voraussetzungen hier nicht vor. Die wahrheitsgemäße Auskunftserteilung einer Vermögensauskunft könne den, der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zugrunde liegenden Fällen der Leistung einer Zahlung zur Abwendung der Vollstreckung oder der Hingabe eines Schecks nicht gleichgestellt werden.

Hiergegen wendet sich die Berufung des Klägers. Dieser hält an seiner erstinstanzlich bereits vertretenen Rechtsauffassung fest. Er ist der Ansicht, die Erteilung der Vermögensauskunft stelle eine Rechtshandlung im Sinne des § 133 Abs. 1 InsO dar. Das Landgericht habe den Inhalt dieses Begriffes verkannt. Nicht erforderlich sei insbesondere, dass das Handeln der Schuldnerin rechtgeschäftlichen Charakter aufweise; auch sonstiges tatsächliches Handeln stelle eine Rechtshandlung im insolvenzrechtlichen Sinne dar. Die rein tatsächlich erteilte Auskunft sei danach ausreichend, da diese die Zwangsvollstreckung erst ermöglicht habe. Denn der Beklagten sei allein durch die Auskunft der Zugriff auf das Grundstück ermöglicht worden, von dessen Existenz sie zuvor keine Kenntnis gehabt habe. Dies sei als Mitwirkungshandlung der Schuldnerin im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ausreichend, die auch einer Vollstreckungstätigkeit vergleichbares Gewicht habe. Die Auskunftserteilung sei auch freiwillig erfolgt. Dies folge bereits aus dem Vollstreckungsprotokoll. Auch die weiteren Voraussetzungen einer insolvenzrechtlichen Anfechtung, insbesondere der Benachteiligungsvorsatz des Schuldners und die Kenntnis der Beklagten von der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin lägen vor.

Die Klägerin beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, ihre Zustimmung zur Löschung der im Grundbuch von A, Blatt … , zu ihren Gunsten unter Abteilung III., lfd. Nr. … , eingetragene Zwangssicherungshypothek im Nennbetrag von … € zu erteilen.

2. die Beklagte zu verurteilen, ihre Zustimmung zur Löschung der im Grundbuch von A, Blatt … , zu ihren Gunsten unter Abteilung III., lfd. Nr. … , eingetragene Zwangssicherungshypothek im Nennbetrag von … € zu erteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung.

II.

1.

Es besteht ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Grundbuchberichtigung aus § 894 BGB, soweit er die Löschung der im Grundbuch des Amtsgerichts A, Blatt … , Abt. II, lfd. Nr. … eingetragenen Zwangssicherungshypothek mit einem Nennwert von … € begehrt.

a.

Der Kläger ist zur Geltendmachung des Anspruchs aus § 894 BGB aktivlegitimiert.

Gläubiger des Anspruch aus § 894 BGB ist derjenige, der durch die unrichtige Eintragung unmittelbar beeinträchtigt ist (Palandt/Herrler, BGB 76. Aufl., § 894 Rdn. 6). Dies ist im Fall der Eintragung einer tatsächlich nicht bestehenden Belastung eines Grundstücks grundsätzlich der Eigentümer des Grundstücks, hier die Schuldnerin. Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist anstelle des beeinträchtigten Rechtsinhabers der Insolvenzverwalter allein befugt, den Anspruch aus § 894 BGB für den Schuldner zu verfolgen (Artz in: Erman, BGB, 15. Aufl. 2017, § 894 BGB Rdn.19).

b.

Es fehlt trotz der Möglichkeit zur Grundbuchberichtigung nach § 22 GBO auch nicht an dem erforderlichen Rechtsschutzinteresse für die Geltendmachung des Grundbuchberichtigungsanspruchs im Klagewege. Denn auf welchem Weg die Löschung einer von der insolvenzrechtlichen Rückschlagsperre erfassten Zwangssicherungshypothek erreicht werden soll, ist dem Insolvenzverwalter überlassen. Der Insolvenzverwalter kann den eingetragenen Inhaber des Grundpfandrechts, notfalls im Klageweg gem. § 894 BGB i. V. m. 894 ZPO, auf Erteilung einer Löschungsbewilligung in Anspruch nehmen; alternativ kann er die Berichtigung des Grundbuchs nach § 22 Abs. 1 GBO verlangen. Beide Möglichkeiten stehen gleichrangig nebeneinander (BGH, Beschluss vom 12. Juli 2012 – V ZB 219/11 –, BGHZ 194, 60-68, juris Rdn. 12).

c.

Das Grundbuch ist darüber hinaus auch unrichtig.

(1)

Nach § 88 InsO wird eine Zwangssicherungshypothek, die ein Insolvenzgläubiger in dem letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder zu einem späteren Zeitpunkt im Wege der Zwangsvollstreckung an dem zur Insolvenzmasse gehörenden Grundbesitz des Schuldners erlangt hat, mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens unwirksam. Rechtsfolge dieser sog. Rückschlagsperre ist das Erlöschen der Hypothek (BGH, Beschluss vom 12. Juli 2012 – V ZB 219/11 –, BGHZ 194, 60-68, juris Rdn. 8; BGH, Urteil vom 19. Januar 2006 – IX ZR 232/04 –, BGHZ 166, 74-84, juris Rdn. 16).

(2).

Die Voraussetzungen der sogenannten Rückschlagsperre des § 88 InsO sind in Bezug auf die vorgenannte, am … .2017 eingetragene Zwangssicherungshypothek erfüllt. Es handelt sich um eine Sicherheit, die ein Insolvenzgläubiger im Wege der Zwangsvollstreckung erlangt hat. Sie betrifft das zur Insolvenzmasse des Schuldners gehörende Vermögen und wurde nach dem am 22.09.2017 gestellten Antrag auf Insolvenzeröffnung eingetragen.

Die Zwangssicherungshypothek ist nicht wirksam entstanden. Das Grundbuch ist unrichtig. Der Grundbuchberichtigungsanspruch des Klägers ist begründet. Auf die Voraussetzungen der insolvenzrechtlichen Anfechtung kommt es in Bezug auf die vorgenannte Zwangssicherungshypothek nicht an.

2.

Demgegenüber besteht kein Anspruch des Klägers aus § 143 Abs. 1. S. 1 InsO auf Zustimmung der Beklagten zur Löschung der der im Grundbuch von A, Blatt … , zu Gunsten der Beklagten unter Abteilung III., lfd. Nr. … , eingetragene Zwangssicherungshypothek im Nennbetrag von … €.

a.

Im Fall der Rückgewähr eines anfechtbar erlangten Grundpfandrechts kann der Anspruch auf Rückgewähr aus § 143 Abs. 1. S. 1 InsO – wie von dem Kläger vorliegend beantragt – darauf gerichtet werden, dass der Anfechtungsgegner die Löschung des Grundpfandrechts bewilligt (Borries/Hirthe in: Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 15. Aufl. 2019, § 143 Rdn. 214).

b.

Hingegen liegen die Voraussetzungen für eine insolvenzrechtliche Anfechtung gem. § 133 Abs. 1 InsO für das von der Beklagten durch Eintragung am … 2017 erlangte Grundpfandrecht nicht vor. Eine insolvenzrechtliche Anfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO ist nicht begründet. Es fehlt an der erforderlichen Rechtshandlung des Schuldners.

Bei der durch den Geschäftsführer der Schuldnerin am 16.02.2017 im Rahmen eines Zwangsvollstreckungsverfahrens erteilten Vermögensauskunft handelt es sich nicht um eine Rechtshandlung im Sinne des § 133 Abs.1 InsO.

Für die Anfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO kommen Rechtshandlungen aller Art in Betracht; nicht erforderlich ist – wie die Klägerin zurecht einwendet-, dass es sich um rechtsgeschäftliche Handlungen handelt (Borries/Hirthe in: Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 15. Aufl. 2019, § 143 Rdn. 8). Erforderlich ist lediglich ein willensgeleitetes und verantwortungsgesteuertes Handeln des Schuldners (BGH, Urt. v. 22. 11. 2012 – IX ZR 142/11, juris Rdn. 9; BGH, Urteil vom 19.9.2013 – IX ZR 4/13, beck-online Rdn. 9). Dabei genügt die Mitwirkung der Handlung des Schuldners an einer Rechtshandlung des Gläubigers oder eines Dritten (Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 15. Aufl. 2019, § 133 InsO Rdn. 8).

An einem willensgeleiteten und verantwortungsgesteuertem Verhalten fehlt es in der Regel, wenn ein Gläubiger eine Befriedigung im Wege der Zwangsvollstreckung erlangt (BGH, Urteil vom 10. Februar 2005 – IX ZR 211/02 –, BGHZ 162, 143-157; BGH, Urteil vom 19.9.2013 – IX ZR 4/13, beck-online Rdn. 9). Anfechtbar ist eine im Rahmen oder aus Anlass der Zwangsvollstreckung erfolgte Vermögensverlagerung jedoch dann, wenn dazu zumindest auch eine Rechtshandlung des Schuldners beigetragen hat, mag diese auch unter dem Druck oder zur Abwendung der Zwangsvollstreckung erfolgt sein (BGH, Urt. v. 3. 2. 2011 − IX ZR 213/09 (KG), juris Rdn. 5) und diese Mitwirkung bei wertender Betrachtung ein der Vollstreckungstätigkeit des Gläubigers zumindest gleichwertiges Gewicht erreicht ( BGH; Urteil vom 01.06.2017 – IX ZR 114/16, juris Rdn. 10; BGH Urteil vom 1.6.2017 – IX ZR 48/15, beck-online Rdn. 17).

Ob ein willensgeleitetes Verhalten des Schuldners oder allein ein Zugriff des Gläubigers im Wege der Zwangsvollstreckung vorliegt, ist danach abzugrenzen, ob dem Schuldner noch Raum für eine selbstbestimmte Handlung bleibt (BGH, Urteil vom 10. Februar 2005 – IX ZR 211/02 –, BGHZ 162, 143-157, juris Rdn. 24). Daran fehlt es nicht schon dann, wenn der Schuldner zu seinem Handeln unter dem Druck der Zwangsvollstreckung bewegt wird, solange das Vollstreckungsorgan nicht unmittelbaren Zugriff auf das Vermögen des Schuldners hat. Bei der freiwilligen Hingabe eines Schecks (BGH, Urteil vom 14. Juni 2012 – IX ZR 145/09 –, juris Rdn. 10) oder im Fall der Zahlung der Forderung bei einer nur angekündigten, aber nicht unmittelbar bevorstehenden Zwangsvollstreckung (BGH, Urteil vom 14. Juni 2012 – IX ZR 145/09 –, juris Rdn. 10) handelt es sich um Rechtshandlungen des Schuldners. Demgegenüber fehlt es an einem verantwortungsgesteuerten und willensgesteuerten Verhalten des Schuldners, wenn der Schuldner nur die Wahl hat, die geforderte Zahlung sofort zu leisten oder die Vollstreckung durch die bereits anwesende Vollstreckungsperson zu dulden, wenn also das Vollstreckungsorgan unmittelbaren Zugriff auf das Vermögen des Schuldners hat (BGH, Urteil vom 17. Juli 2003 – IX ZR 215/02 –, juris Rdn. 17; OLG FrankfurtBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Frankfurt
, Urteil vom 13. Januar 2012 – 4 U 113/11 –, juris, Rdn. 8).

In den Zwangsvollstreckungsfällen ist nach Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs neben des Erfordernisses des willensgesteuerten Verhaltens eine weitergehende Einschränkung geboten: Nicht jeder auch nur entfernte Mitwirkungsbeitrag des Schuldners rechtfertigt es, die vom Gläubiger durch eine Vollstreckungsmaßnahme erwirkte Vermögensverlagerung auch als Rechtshandlung des Schuldners zu werten. Andernfalls wäre z. B. für die Pfändung künftiger Forderungen, die selten ohne eine Mitwirkung des Schuldners entstehen, regelmäßig der Anwendungsbereich des § 133 Abs. 1 InsO eröffnet. Dies stünde nicht im Einklang mit dem Zweck dieser Norm, außerhalb des Zeitraums von drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§§ 10, 131 InsO) die prinzipiell gleichen Befriedigungsmöglichkeiten der Gläubiger auch durch Maßnahmen der Zwangsvollstreckung zu gewährleisten (BGH, Urteil vom 01. Juni 2017 – IX ZR 48/15 –, juris Rdn. 16). Es ist eine wertende Betrachtung vorzunehmen und zu prüfen, ob der Mitwirkungsbeitrag zumindest das einer Vollstreckungstätigkeit des Gläubigers vergleichbare Gewicht erreicht (BGH, a. a. O. Rdn. 17). Daran kann es fehlen, wenn der Schuldner eine Vollstreckungsmaßnahme lediglich hinnimmt, im Übrigen aber sein geschäftliches Verhalten nicht ändert. In der bloßen Fortsetzung seiner Tätigkeit, die dem Gläubiger einen Zugriff auf sein Vermögen eröffnet, liegt keine gleichwertige Förderung der Zwangsvollstreckung durch den Schuldner.

Gegenstand der Anfechtung ist in den Vollstreckungsfällen die von dem Gläubiger mit Zwangsmitteln bewirkte Vermögensverlagerung und nicht lediglich ein dabei mitwirkender Verursachungsbeitrag des Schuldners (BGH, Urteil vom 1.6.2017 – IX ZR 114716, juris Rdn. 9).

Gemessen an diesen Kriterien liegt bei wertender Betrachtung keine der Vollstreckungstätigkeit des Gläubigers vergleichbare Mitwirkungshandlung des Schuldners vor, wenn dieser die Vermögensauskunft nach § 802c ZPO erteilt. Dabei kommt es nicht entscheidend darauf an, ob der Schuldner die Vermögensauskunft auf Aufforderung des Gerichtsvollziehers hin freiwillig erteilt oder nur unter dem Druck des erlassenen oder vollzogenen Haftbefehls zur Durchsetzung seiner Verpflichtung handelt. Denn durch den Erlass und die Vollziehung des Haftbefehls kann nur die Auskunftserteilung, nicht aber deren Richtigkeit erzwungen werden. Aber auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass es dem Schuldner obliegt, ob der die in der Auskunftserteilung bei wertender Betrachtung keine der Vollstreckungstätigkeit des Gläubigers vergleichbare Mitwirkungshandlung.

Die Erteilung der Vermögensauskunft gem. § 802c ZPO stellt eine Handlung des Schuldners innerhalb des Zwangsvollstreckungsverfahrens dar. Auch hier erfordert – ebenso wie bei der Pfändung zukünftiger Forderungen – der Gesetzeszweck des § 133 Abs. 1 InsO, außerhalb des Zeitraums von drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens die prinzipiell gleichen Befriedigungsmöglichkeiten der Gläubiger auch durch Maßnahmen der Zwangsvollstreckung zu gewährleisten, eine wertende Betrachtung der Mitwirkungshandlung. Denn der Gläubiger ist regelmäßig im Rahmen der Zwangsvollstreckung auf die Vermögensauskunft des Schuldners angewiesen. Wollte man alle Fälle der freiwillig erteilten Vermögensauskunft dem Anfechtungsrecht unterstellen, liefe der Anwendungsbereich des § 133 Abs. 1 InsO in weiten Teilen leer. Diese wertende Betrachtung führt dazu, dass die Mitwirkungshandlung in Form der Erteilung der Vermögensauskunft kein der Vollstreckungstätigkeit des Gläubigers gleichkommendes Gewicht hat. Bei der Erteilung der Vermögensauskunft handelt es sich lediglich um einen unselbständigen Akt im Rahmen des Zwangsvollstreckungsverfahrens. Denn anders als in den Fällen der unmittelbar durch den Schuldner außerhalb der Zwangsvollstreckung erfolgten Befriedigung durch Zahlung zur Abwendung der Zwangsvollstreckung bewirkt die Mitwirkung im Fall der Auskunftserteilung keine unmittelbare Vermögensverschiebung. Sie ermöglicht den Zugriff auf das Vermögen, bewirkt ihn aber nicht und hat damit kein der Vollstreckungstätigkeit vergleichbares Gewicht. Dies ist mit den durch den Bundesgerichtshof entschiedenen Fällen der freiwilligen Zahlung außerhalb der Zwangsvollstreckung, die eine unmittelbare Vermögensverschiebung bewirken, nicht vergleichbar.

Die Erfüllung der Auskunftspflicht nach § 802c Abs.1 InsO hat deshalb kein vergleichbares Gewicht wie die Vollstreckungshandlung des Gläubigers.

Ein Anfechtungsrecht des Klägers hinsichtlich des Klageantrags zu 1 besteht nicht.

3.

Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf dem Boden der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Auch die Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder die Fortentwicklung des Rechts machen die Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht erforderlich.

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