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Thüringer Oberlandesgericht, Urteil vom 22.04.2020 – 2 U 287/18

Town & Country – unwirksame Preisanpassungsklausel mit dem Wortlaut:

Die derzeit gültigen Lizenzgebühren sind der Anlage 14 dieses Vertrages zu entnehmen. Die Anlagen sind in ihrer jeweils gültigen Fassung Bestandteil dieses Vertrages und werden vom Lizenzgeber jeweils zu Beginn eines Quartals aktualisiert.

GG Art. 103; BGB §§ 307, 308, 309; 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1

Tenor

I.

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Erfurt vom 20.04.2018, Az. 1 HK O 84/17, teilweise abgeändert und klarstellend wie folgt neu gefasst:

1.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 55.955,85 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag von EUR 53.644,88 seit dem 30.12.2015 und aus einem Betrag von EUR 2.310,97 seit dem 04.07.2017 zu zahlen.

2.

Es wird festgestellt, dass die in § 16.2 Satz 4 und 5 des Lizenzvertrages vom 26.07.2011 geregelte Preisanpassungsklausel mit dem Wortlaut:


Die derzeit gültigen Lizenzgebühren sind der Anlage 14 dieses Vertrages zu entnehmen. Die Anlagen sind in ihrer jeweils gültigen Fassung Bestandteil dieses Vertrages und werden vom Lizenzgeber jeweils zu Beginn eines Quartals aktualisiert.


unwirksam ist und die auf der Grundlage des § 16.2 des Lizenzvertrages erfolgten einseitigen Lizenzgebührenanpassungen durch Änderung der Haustypenliste (Anlage 14) für die Klägerin keine rechtliche Wirkung entfalten.

3.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

III.

Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen trägt die Beklagte.

IV.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit
in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

V.

Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Klägerin begehrt die Feststellung der Unwirksamkeit einer Preisanpassungsklausel in dem Franchise-Vertrag mit der Beklagten sowie die Rückzahlung von auf Grundlage dieser Klausel geleisteten Lizenzgebühren.

Die Beklagte und Berufungsbeklagte ist eine Franchise-Lizenzgeberin für Ein- und Zweifamilienhäuser. Die Klägerin und Berufungsklägerin betreibt ein Hausbauunternehmen. Am 26.07.2011 schlossen die Beklagte und der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der Klägerin, Herr S einen Lizenzvertrag (Anlage K1). Mit Zusatzvereinbarung vom 27 .10.2011 (Anlage K2) trat die Klägerin selbst in diesen Lizenzverlrag (im Folgenden: LV) ein.
Die Lizenz gewährte der Klägerin als Lizenznehmerin das Recht, die von der Beklagten entwickelten Häuser im Vertragsgebiet Mainz-Bingen mit den dazugehörigen Kalkulationsgrundlagen und den Schutzrechten zu nutzen, zu vermarkten und zu bauen. Die als Gegenleistung von Seiten der Klägerin zu erfüllenden Zahlungsverpflichtungen sind in § 16 LV geregelt. Danach hat der Lizenznehmer neben der nach § 16.1 einmalig zu entrichtenden Eintrittsgebühr pro verkauftem Einfamilienhaus eine Lizenzgebühr an die Beklagte zu zahlen. § 16.2 LV bestimmt insoweit:

,,16.2
Als Gegenleistung für die Nutzung der Vertragsrechte zahlt der Lizenzpartner pro verkauftes Haus eine Gebühr. Diese ist fällig und zahlbar mit Zusendung/Aushändigung des Bauantrags oder der Bauanzeige an den Lizenzpartner oder Auftraggeber. Der Lizenzpartner erteilt der in Ziffer 14.2 genannten Wirtschaftsprüfergesettschaft eine unwiderrufliche Zahlungsanweisung, die fälligen Lizenzgebühren an den Lizenzgeber zur Anweisung zu bringen. Die derzeit gültigen Lizenzgebühren sind der Anlage 14 dieses Vertrags zu entnehmen. Die Anlagen sind in ihrer jeweils gültigen Fassung Bestandteil dreses Vertrages und werden vom Lizenzgeber jeweils zu Beginn ernes Quartals aktualisiert.“

Die Anlage 14 wies in ihrer Fassung zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses den ,,Stand 01. Juli 2011″ aus; unten rechts ist die Gültigkeit ,,bis 30. September 2011″ vermerkt (Anlage K3). Wegen der sich hieraus ergebenden Höhe der Lizenzgebühren wird auf die Anlage K3 verwiesen.

In § 14.4 LV ist geregelt, in welcher Form die Beklagte ihren Lizenznehmern die Haustypenliste zur Verfügung stellt und wann sie dieses Verzeichnis aktualisiert.

Im Zeitraum Juli 2012 bis Juli 2015 rechnete die Beklagte gegenüber der Klägerin mit den hier streitgegenständlichen insgesamt 34 Rechnungen Lizenzgebühren auf der Grundlage einer aktualisierten Haustypenliste ab. Diese sollte ab dem 01.10.2012 einschließlich neuer Lizenzgebühren gelten, wobei zwischen den Parteien streitig ist, wann und wie die Beklagte ihre Lizenznehmer hierüber informierte und insbesondere ab wann die Klägerin von der aktualisierten Haustypenliste Kenntnis erlangte. Auf diese 34 Rechnungen zahlte die Klägerin unter Abzug des vertraglich vereinbarten Skontos einen Betrag in Höhe von insgesamt EUR 224.880,10. Bei Zugrundelegung der bei Vertragsschluss geltenden Haustypenliste mit Stand 01.07.2011 wären Lizenzgebühren in Höhe von lediglich EUR 168.403,65 angefallen. Wegen der Einzelheiten – insbesondere Rechnungsdatum und -betrag sowie Zahlungszeitpunkt – wird auf das Anlagenkonvolut K 7 und K 8 sowie die tabellarische Übersicht in der Klageschrift (Bl. 33 d.A.) Bezug genommen.

Mit ihrer am 02.06.2017 beim Landgericht Erfurt per Fax vorab eingegangenen Klage, der Beklagten zugestellt am 03.07.2017 (Bl. 56b f. d.A.), hat die Klägerin die Rückzahlung der Differenz zwischen den nach der Haustypenliste Stand 01.07.2011 geschuldeten Lizenzgebühren und den von ihr auf die hier streitgegenständlichen 34 Rechnungen und nach der aktualisierten Haustypenliste berechneten Lizenzgebühren begehrt sowie die Feststellung, dass die Preisanpassungsklausel des § 16.2 LV unwirksam sei.

Das Landgericht Erfurt hat die Klage mit Urteil vom 20.04.2018 abgewiesen. Es wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO ergänzend auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung verfolgt die Klägerin ihre erstinstanzlich gestellten Zahlungs- und Feststellungsanträge unter Wiederholung und Vertiefung des erstinstanzlichen Vortrags weiter.

Sie behauptet, von der aktualisierten Haustypenliste erst im September 2015 durch das Gespräch mit einem weiteren Lizenznehmer erfahren zu haben. Die Klägerin ist der Ansicht, dass das Landgericht insoweit die Darlegungs- und Beweislast verkannt habe, die bei der Beklagten liege. Der Vortrag der Beklagten hierzu sei jedoch nicht ausreichend substantiiert. Die Beklagte habe lediglich pauschal und ohne dies zu beweisen behauptet, im Januar 2012 die geänderte Liste in das lntranet eingestellt zu haben. Ebenso wenig habe sie schlüssig und mit geeigneten Beweisangeboten vorgetragen, ihre Franchisenehmer durch Rundmails oder lnformationsschreiben über die Änderung der Haustypenliste informiert zu haben. Da ein substantiierter Vortrag der Beklagten gefehlt habe, sei ein einfaches Bestreiten durch sie, die Klägerin, zulässig gewesen. Selbst wenn man die Veröffentlichung der Haustypenliste im lntranet unterstellen würde, so habe es sich dabei jedenfalls um keine ihr zumutbare Kenntnisnahmemöglichkeit gehandelt.

Auch die Annahme des Landgerichts, dass sie mit Preisanpassungen habe rechnen müssen, da es schon im Vorfeld zu Anpassungen durch die Beklagte gekommen sei, sei unzutreffend, da es seit ihrem Beitritt zum Franchisesystem der Beklagten keine Preisanpassungen gegeben habe.

Die Klägerin vertritt weiterhin die Ansicht, die Preisanpassungsklausel sei unwirksam. Der Verwender
müsse in der Klausel Anlass und Umfang möglicher Preiserhöhungen hinreichend konkretisieren und zudem sicherstellen, dass der Preisanpassungsmechanismus nicht nachträglich seine Gewinnspanne erhöhe. Diese Kriterien gälten nicht nur für Verbraucherverträge, sondern auch im unternehmerischen Verkehr. Da § 16.2 LV Anlass und Voraussetzungen der Preiserhöhung nicht selbst regele, sei diese Klausel bereits deshalb unwirksam.

Entgegen der Annahme des Landgerichts sei eine konkretere Formulierung einer Preisanpassungsklausel vorliegend durchaus möglich gewesen. Die Beklagte hätte nämlich die einseitige Preiserhöhungsklausel vom Anlass und Umfang her an die Entwicklung des Indexes für Dienstleitungen oder die Gehaltsentwicklung von Tarifverträgen koppeln können.

Schließlich verhelfe auch das in § 26.1 LV vorgesehene außerordentliche Kündigungsrecht der Preisanpassungsklausel nicht zur Zulässigkeit. Zum einen erfordere die AGB-Kontrolle eine abstrakte Bewertung, auf die Handhabung im Einzelfall komme es gerade nicht an. Zudem würde, wenn die Preisanpassungsklausel wirksam wäre, gerade kein wichtiger Grund im Sinne des § 26.1 LV vorliegen.

Die Klägerin beantragt:

I.

Unter Abänderung des am 20.04.2018 verkündeten Urteils des Landgerichts Erfurt, Az. 1 HK O 84/17, wird

1. die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 56.476,45 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag von 54.165,48 EUR seit dem 30.12.2015 und aus einem Betrag von 2.310,97 EUR seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

2. festgestellt, dass die in § 16.2 des Lizenzvertrages vom 26.07.2011 geregelte Preisanpassungsklausel mit dem Wortlaut:

,,Die derzeit gültigen Lizenzgebühren sind der Anlage 14 dieses Vertrages zu entnehmen. Die Anlagen sind in ihrer jeweils gültigen Fassung Bestandteil dieses Vertrages und werden vom Lizenzgeber jeweils zu Beginn ernes Quartals aktualisiert.“

unwirksam ist und die auf der Grundlage des § 16.2 des Lizenzvertrages erfolgten einseitigen Lizenzgebührenanpassungen durch Änderung der Haustypenliste (Anlage 14) für die Klägerin keine rechtliche Wirkung entfalten.

II.

Hilfsweise wird das am 20.04.2018 verkündete Urteil des Landgerichtes Erfurt, Az. 1 HK O 84/17, sowie das Verfahren aufgehoben und der Rechtsstreit an das erstinstanzliche Gericht zurückvenrwiesen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das landgorichtliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags.

Sie ist der Ansicht, der Klägerin fehle für den Klageantrag zu 2. das Feststellungsinteresse. Das Ansinnen der Klägerin liege darin klären zu lassen, ob die Beklagte berechtigt sei, im Rahmen ihres Franchise-Systems Anpassungen der Systemstandards vozunehmen, das Preisgefüge umzustellen und das System insgesamt den Anforderungen des Marktes anzupassen. Ein solches Recht stehe ihr aber nicht allein aus § 16.2 LV zu, sondern zum Beispiel auch aus § 7.4 LV. Zudem habe die Klägerin nicht vorgetragen, dass sie sich ohne die von der Beklagten vorgenommenen Maßnahmen besser gestellt hätte. Dies wäre auch nicht der Fall gewesen. Vielmehr habe die Klägerin von den Anpassungen der Systemstandards profitiert.

Die Beklagte behauptet, dass im Jahre 2012 keine isolierte Preiserhöhung stattgefunden habe, sondern insgesamt die Standards ihres Franchise-Systems angepasst und umgestellt worden seien. Sie sei als Franchisegeberin gegenüber ihren Franchisenehmern verpflichtet, das Franchise-Konzept stets weiterzuentwickeln. Daraus folge nach ihrer Auffassung andererseits jedoch für die Franchisenehmer die Pflicht, sich durch konzeptionelle Änderungen ergebende Gebührenerhöhungen hinzunehmen.

Die Preisanpassung sei der Klägerin auch bekannt gewesen. Die gesamten geplanten Anpassungs- und Umstellungsmaßnahmen seien sämtlichen Lizenzpartnern und damit auch der Klägerin unter anderem anlässlich des Neujahrsgesamtworkshops am25./26.01.2012 vorgestellt worden. Zudem habe die Klägerin auch durch die von ihr, der Beklagten, regelmäßig versandten Rundmails die zumutbare Möglichkeit gehabt, die Anpassungen im Preisgefüge zur Kenntnis zu nehmen. Dass die Klägerin seit 2012 in 34 Fällen nicht unwesentlich höhere Lizenzgebühren als nach der alten Liste gezahlt habe, spreche dafür, dass sie die Preisanpassungen zur Kenntnis genommen und sich nach ihnen gerichtet habe.

Die Beklagte vertritt die Ansicht, die auf § 16.2 LV in Verbindung mit der jeweils geltenden Anlage 14 zum Lizenzvertrag in Verbindung mit § 7 Abs. 4 LV gestützte Anpassung des Preisgefüges stelle eine selbständige Preisabsprache da, die keiner AGB-Kontrolle unterfalle. Dementsprechend sei Prüfmaßstab ausschließlich § 315 BGB, was sich auch aus § 1 Abs. 2 Nr. 1 des Preisklauselgesetzes (PrKG) ergebe. Selbst wenn die Preiserhöhung nicht der Billigkeit und damit den Vorgaben des § 315 BGB entsprechen würde, wäre die zugrundeliegende Klausel nicht unwirksam.

Vielmehr müsste dann das Gericht den Preis anpassen. Eine unangemessene Benachteiligung der Franchisenehmer sei bereits deshalb zu verneinen, weil diese die Preiserhöhungen auf ihre Endkunden hätten abwälzen können. Zudem habe ein Gleichlauf der lnteressen zwischen ihr als Franchisegeberin und ihren Franchisenehmern bestanden.

Hilfsweise trägt die Beklagte vor, im Falle einer AGB-Widrigkeit entfalle die Preiserhöhung nicht ersatzlos. So habe die Rechtsprechung bei langjährigen Energielieferungsverträgen mit Verbrauchern anerkannt, dass der Verbraucher die Unwirksamkeit von Preiserhöhungen nicht mehr geltend machen könne, wenn er die den vereinbarten Anfangspreis übersteigende Preiserhöhung nicht innerhalb von drei Jahren nach Zugang der jeweiligen Jahresabrechnung gerügt habe. Diese
Grundsätze müssten erst recht – wie vorliegend – bei Verträgen mit langer Geltungsdauer zwischen Unternehmen zum Tragen kommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes in der Berufungsinstanz wird auf die Schriftsätze und Anlage in der Gerichtsakte verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin ist in dem tenorierten Umfang teilweise begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückzahlung der auf die streitgegenständlichen Rechnungen geleisteten Beträge in Höhe von EUR 55.955,85 aus § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. BGB nebst Zinsen wie tenoriert; zudem kann sie die Feststellung nach dem Klageantrag zu 2. verlangen. Im Übrigen, nämlich hinsichtlich eines Betrags in Höhe von EUR 520,60, ist die Klage unbegründet und daher abzuweisen und die weitergehende Berufung diesbezüglich zurückzuweisen.

1.

Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist entgegen der Ansicht der Beklagten auch die Zulässigkeit des Klageantrags zu 2. als Zwischenfeststellungsklage nach § 256 Abs. 2 ZPO zu bejahen.
Gegenstand einer Zwischenfeststellungsklage kann gemäß § 256 Abs. 2 ZPO nur das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses sein. Damit sind die aus einem konkreten Lebenssachverhalt entstandenen Rechtsbeziehungen von Personen zu Personen oder von Personen zu Sachen gemeint. Nicht zulässig sind hingegen Feststellungen zur Klärung einzelner Vorfragen oder Elemente eines Rechtsverhältnisses oder zur Klärung der Berechnungsgrundlagen eines Anspruchs oder einer Leistungspflicht (st. Rspr.; vgl. statt vieler z.B. BGH, Urteil vom 17. September 2019 – XI ZR 677/17 -, Rn. 17, juris, m.w.N.).

Die Klägerin begehrt vorliegend die Feststellung, dass die in § 16.2 Satz 4 und 5 LV vom 26.07.2011 geregelte und von der Klägerin im Klageantrag zu 2. konkret zitierte Preisanpassungsklausel unwirksam sei und die auf dieser Grundlage durch die Beklagte vorgenommene einseitige Lizenzgebührenanpassung durch Anderung der Haustypenliste für sie, die Klägerin, keine rechtliche Wirkung entfalte. Mithin ist der Antrag der Klägerin auf die Klärung der Berechtigung der Beklagten, als Lizenzgeberin auf der Grundlage des § 16.2 LV einseitige Preisanpassungen vorzunehmen, gerichtet. Dies berührt unmittelbar das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien und nicht lediglich eine Vorfrage. Dass dieses Rechtsverhältnis nicht erst im Laufe des Prozesses streitig geworden ist, sondern bereits vor Klageerhebung zwischon den Parteien streitig war, steht der Zulässigkeit der Zwischenfeststellungsklage nicht entgegen (st. Rspr.; vgl. z.B. BGH, Urteil vom 06. Juli 1989 – lX ZR 280/88 -, juris Rn. 31 f., m.w.N.).

Weitere Zulässigkeitsvoraussetzung der Zwischenfeststellungsklage ist, dass die Frage nach dem Bestehen des entsprechenden Rechtsverhältnisses notwendig auch bei der Entscheidung über den Hauptantrag beantwortet werden muss und dass darüber hinaus die zu klärenden Rechtsbeziehungen nicht bereits durch die Entscheidung in der Hauptsache erschöpfend geregelt würden. Vielmehr muss zumindest die Möglichkeit bestehen, dass das inzidenter ohnehin zu klärende Rechtsverhältnis zwischen den Parteien noch über den gegenwärtigen Streitgegenstand hinaus Bedeutung hat oder gewinnen kann. Die darin begründete Vorgreiflichkeit ersetzt dann die ansonsten notwendige Voraussetzung eines Feststellungsinteresses i.S.d. S 256 Abs. 1 ZPO (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 05. Mai 2011 – Vll ZR 179110 -, Rn. 20 f., juris).

Auch diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die Frage der Wirksamkeit des § 16.2 Satz 4 und 5 LV ist vorgreiflich für die Zahlungsklage. Nach dem insoweit übereinstimmenden Vortrag beider Parteien ist beim Landgericht Erfurt zu Az. 1 HK O 119/18 ein weiteres Klageverfahren rechtshängig, bei dem diese Frage ebenfalls entscheidungserheblich ist, so dass die Wirksamkeit des § 16.2 LV über den hiesigen Rechtsstreit auch für andere denkbare Folgestreitigkeiten Bedeutung gewinnen kann.

Soweit die Beklagte rügt, dass der klägerseits begehrten Feststellung nicht die erforderliche Befriedungsfunktion zukomme, da sie, die Beklagte, nicht allein aus § 16.2 LV berechtigt sei, im Rahmen ihres Franchise-Systems Anpassungen der Systemstandards vorzunehmen, das Preisgefüge umzustellen und das System insgesamt den Anforderungen des Marktes anzupassen, sondern sich diese Berechtigung auch zum Beispiel aus § 7.4 LV ergebe, steht dies der Zulässigkeit der Zwischenfeststellungsklage nicht entgegen. Denn eine Entscheidung hängt bei einer Zwischenfeststellungsklage auch dann von einem streitigen Rechtsverhältnis ab, wenn das Gericht sein definitiv begründetes Urteil auch alternativ hätte begründen und damit die Vorgreiflichkeit hätte ausräumen können (vgl. z.B. OLG KölnBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Köln
, Urteil vom 1 1 . Februar 1981 – 2 U 83/80 -, MDR 1981, 678 f.). So verhält es sich hier.

2.

Die Klage ist auch in dem tenorierten Umfang teilweise begründet.

a)

Auf die Zwischenfeststellungsklage nach dem Klageantrag zu 2. war festzustellen, dass § 16.2 Satz 4 und 5 LV unwirksam ist und die Beklagte hieraus nicht zur einseitigen Preisanpassung durch Änderung der Haustypenliste berechtigt ist.

aa)

Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass es sich bei § 16.2 LV um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handelt, die der Klägerin durch die Beklagte gestellt wurde. Zur Begründung wird auf die übezeugenden Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil Bezug genommen, denen nichts hinzuzufügen ist. Die Qualifizierung als Allgemeine Geschäftsbedingung wird im übrigen auch von der Beklagten in der Berufungsinstanz nicht mehr in Abrede gestellt.

Das Gleiche gilt für § 14.4 Abs. 1 LV, der die Zur-Verfügungstellung der die Lizenzgebühren ausweisenden Haustypenlisten, deren Aktualisierung und Veröffentlichung im lntranet der Beklagten regelt und mit derselben Begründung als Allgemeine Geschäftsbedingung zu qualifizieren ist.

bb)

Ebenfalls zu Recht hat das Landgericht die Klausel des § 16.2 Satz 4 und 5 LV als Preisnebenabrede eingestuft, die einer lnhaltskontrolle nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB nicht entzogen ist. Soweit die Beklagte demgegenüber auch im Berufungsverfahren an ihrer bereits erstinstanzlich vertretenen Auffassung festhält, dass es sich bei § 16.2 LV um eine der AGB-Kontrolle nach §§ 305 ff. BGB entzogene selbständige Preisabsprache handele, fehlt es an einer Auseinandersetzung mit der zutreffenden Begründung des landgerichtlichen Urteils und der von diesem zitierten
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.

Wie der Bundesgerichtshof schon mehrfach entschieden hat, sind nur solche formularmäßigen Abreden, die Art und Umfang der vertraglichen Hauptleistung und der hierfür zu zahlenden Vergütung unmittelbar bestimmen, gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB von der gesetzlichen Inhaltskontrolle
nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ausgenommen; hiervon zu unterscheiden sind jedoch die kontrollfähigen (Preis-)Nebenabreden, also Abreden, die zwar mittelbare Auswirkungen auf Preis und Leistung haben, an deren Stelle aber, wenn eine wirksame vertragliche Regelung fehlt, dispositives Gesetzesrecht treten kann. Anders als die unmittelbaren Preisabreden bestimmen sie nicht das Ob und den Umfang von Entgelten, sondern treten als ergänzende Regelungen, die lediglich die Art und Weise der zu erbringenden Vergütung und/oder etwaige Preismodifikationen zum lnhalt haben, ,,neben“ eine bereits bestehende Preishauptabrede. Sie weichen von dem das dispositive Recht beherrschenden Grundsatz ab, nach dem die Preisvereinbarung der Parteien bei Vertragsschluss für die gesamte Vertragsdauer bindend ist, und sind daher einer lnhaltskontrolle unterworfen, § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB. Dabei macht es keinen Unterschied, ob sie dem Verwender das Recht zu einer einseitigen Preisänderung einräumen oder eine automatische Preisanpassung zur Folge haben. Für die der Überprüfung entzogenen Leistungsbeschreibung bleibt damit nur der enge Bereich der Leistungsbezeichnungen, ohne die mangels Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit des wesentlichen Vertragsinhalts ein wirksamer Vertrag nicht mehr angenommen werden kann (vgl. hiezu: BGH, Urteil vom 14. Mai 2014-Vlll ZR 114113 -, Rn. 14f .,iuris, m.w.N.; Urteil vom 12. Januar 1994 – Vlll ZR 165192:, Rn. 54, juris; Urteil vom 16.Januar 1985 – Vlll ZR 153/83 -, Rn. 10, juris; Fuchs in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 12. Aufl. 2016, § 307 BGB Rn. 181).

Bei Zugrundelegen dieser Rechtsprechung kommt der Regelung in § 16.2 Satz 4 und 5 LV eine doppelte Funktion und damit auch doppelte Qualität zu. Zum einen bestimmt diese die Höhe der Lizenzqebühr im Zeitpunkt des Vertragsschlusses durch Bezugnahme auf die Anlage 14. Diese sich hieraus ergebende Lizenzgebühr unterliegt – wie jeder bei Vertragsschluss vereinbarte Ausgangspreis nicht der lnhaltskontrolle nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB und ist insoweit als nicht kontrollfähige Preishauptabrede anzusehen. Zum anderen regelt der Verweis in § 16.2 Satz 4 und 5 LV auf die „jeweils gültige Fassung“ der Anlage 14 gleichzeitig aber auch die Möglichkeit zu späteren Anpassungen der Lizenzgebühr. lnsoweit handelt es sich nicht um die Preishauptabrede zur Ermittlung der vereinbarten Ausgangslizenzgebühr, sondern um eine der lnhaltskontrolle unterliegende Preisnebenabrede, die – lediglich – künftige Preismodifikationen zum Gegenstand hat.

cc)

Gegen die wirksame Einbeziehung von § 16.2 LV und § 14.4 LV bestehen keine Bedenken, diese waren unmittelbarer Vertragsbestandteil.

Anders könnte es hingegen hinsichtlich der Anlage 14, der Haustypenliste, aussehen, die auch die Höhe der jeweiligen Lizenzgebühr ausweist. Auf diese nimmt § 16.2 Satz 4 LV Bezug, ohne dass sie – obwohl als Anlage 14 bezeichnet – dem Vertragstext beigefügt war. Vielmehr regelt § 14.4 Abs. 1 LV, dass die Haustypenliste und die jeweils quartalsweise aktualisierte Fassung ,,dem Lizenzpartner über das Intranetportal des Lizenzgebers zur Verfügung gestellt“ werden.

Allerdings stellt sich hinsichtlich derAnlage 14 bereits die Frage, ob diese überhaupt Teil der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten sein kann oder soll. Hiergegen spricht, dass diese dann eine Art variable Allgemeine Geschäftsbedingung darstellen würde, da ihr Inhalt nicht feststeht, sondern sich gerade nach der Ausgestaltung der jeweils aktuellen Haustypenliste richtet.
Verneint man die Eigenschaft als Allgemeine Geschäftsbedingung, kommt es auf ihre wirksame
Einbeziehung nicht an; im Rahmen der AGB-Kontrolle ist dann lediglich zu prüfen, ob § 16.2 in Verbindung mit § 14.4 Abs. 1 LV die lnhaltskontrolle des § 307 BGB besteht.

dd)

Letztendlich kann die Frage der Qualifikation der Anlage 14 und hieran anschließend die der wirksamen Einbeziehung in den Vertrag dahingestellt bleiben, da § 16.2 Satz 4 und 5 LV in Verbindung mit § 14.4 Abs. 1 LV der lnhaltskontrolle nach § 307 BGB nicht standhält. § 16.2 Satz 4 und 5 LV ist wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam.
Auf die von der Klägerin ebenfalls gerügte Nichtigkeit der Klausel wegen Verstoßes gegen das doppelte Schriftformerfordernis kommt es daher nicht an.

(1)

Gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners,
die gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB die Unwirksamkeit von Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zur Folge hat, auch aus der Unklarheit oder Undurchschaubarkeit der Allgemeinen Geschäftsbedingungen ergeben. Das hierin enthaltene Transparenzgebot verpflichtet den Verwender von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Konkrete Ausformung des Transparenzgebots ist das Bestimmtheitsgebot, das verlangt, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschrieben werden, dass für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Gleichzeitig dürfen die Anforderungen nicht überspannt werden; das Transparenzgebot darf den Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen nicht überfordern. Die Verpflichtung, den Klauselinhalt klar und verständlich zu formulieren, besteht daher nur im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren (vgl. BGH, Urteil vom 20. Juli 2005 – VIII ZR 121/04, Rn. 9, juris, m.w.N.). Eine Klausel verletzt daher das Bestimmtheitsgebot, wenn sie vermeidbare Unklarheiten und Spielräume enthält, und sie genügt dem Gebot, wenn sie im Rahmen des rechtlich und tatsächlich Zumutbaren die Rechte und Pflichten des Vertragspartners des Klauselverwenders so klar und präzise wie möglich umschreibt (vgl. BGH, Urteil vom 05. November 2003 – VIII ZR 10/03 -, Rn. 26, juris). Dies gilt insbesondere im Rahmen einseitiger Leistungsbestimmungsrechte, die sich ein Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen vorbehält, da solche Rechte in besonderer Weise geeignet sind, das lnteresse des Vertragspartners an jedezeitiger Kenntnis der vertraglichen Rechts- und Pflichtenlage unzumutbar zu beeinträchtigen. Für Preisanpassungsklauseln bedeutet dies, dass sie den Grund und Umfang der Preisfestsetzung erkennen lassen müssen, wenn nicht von Anfang an ein fester Preis vereinbart ist oder dieser nachträglich geändert werden soll. Sie müssen derart gefasst sein, dass der andere Vertragsteil bereits bei Vertragsschluss erkennen kann, in welchem Umfang Preiserhöhungen auf ihn zukommen können, und dass er die Berechtigung der Erhöhung auch dem Umfang nach in etwa überprüfen kann. Preiserhöhungen nach Belieben und Willkür müssen ausgeschlossen sein (vgl. OLG DüsseldorfBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Düsseldorf
, Urteil vom 13. Februar 1997 – 6 U 49/96 -, Rn. 27, juris).

(2)

Gemessen an diesen Maßstäben genügt die Klausel des § 16.2 Satz 4 und 5 LV dem Bestimmtheitsgebot nicht, da sie keine Kriterien enthält, nach denen eine Preisanpassung vollzogen werden soll.

§ 16.2 Satz 5 LV nennt keine Maßstäbe, die für die Aktualisierung der in Anlage 14 enthaltenen Haustypenliste und der in ihr ausgewiesenen Höhe der Lizenzgebühren maßgeblich sein sollen. Aber auch der Anlage 14 – die ohnehin nicht dem Vertragstext beigefügt war – lassen sich hiezu keine Merkmale entnehmen. Die Lizenzgebühren sind dort je Haustyp als feste Beträge aufgeführt. Eine abstrakte Berechnungsformel lässt sich hieraus nicht ableiten. lnsbesondere ergibt sich nicht, dass die Lizenzgebühren sich in Abhängigkeit von einer der übrigen in der Haustypenliste genannten Größen berechnet würden. So entsprechen sie bspw. nicht etwa einem festen Prozentsatz der für den jeweiligen Haustyp angegebenen unverbindlichen Preisempfehlung, sondern sie variieren ohne erkennbares System.

Dem Lizenzvertrag lassen sich auch an keiner anderen Stelle Umstände entnehmen, die als Richtschnur für die Aktualisierung der Haustypenliste dienen könnten. So legt auch § 14.4 Abs. 1 LV nur fest, dass es eine quartalsmäßige Aktualisierung der Haustypen und damit der Anlage 14 geben soll, nennt aber keine Regeln, nach denen die Änderungen vorgenommen werden sollen.

Schließlich lassen sich konkrete Maßstäbe für die Änderung der Lizenzgebühren auch nicht aus § 7.4 LV herleiten. Es erscheint bereits zweifelhaft, ob, wie die Beklagte meint, diese Klausel für die Änderung der Haustypenliste in Anlage 14 überhaupt einschlägig ist, da sie die Änderung der
Systemhandbücher betrifft und § 16.2 hierauf keinen Bezug nimmt; jedenfalls ist auch die dort geforderte Berücksichtigung der Grundsätze von Treu und Glauben nicht geeignet, um dem Bestimmtheitsgebot zu genügen. Dies ergibt sich bereits daraus, dass die Bindung an die Grundsätze von Treu und Glauben ohnehin im Rechtsverkehr stets besteht, ohne dass dies in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen aufzunehmen wäre, so dass, wäre die Bezugnahme hierauf ausreichend, das Bestimmtheitsgebot leerlaufen würde.

Zusammengefasst lassen sich weder den Regelungen des Lizenzverlrages – insbesondere § 16.2 Satz 5, S 14.4 Abs. 1 oder auch § 7.4 LV – noch der Anlage 14 selbst irgendwelche Kriterien entnehmen, die die Beurteilungsspielräume der Beklagten zur Festsetzung der Lizenzgebühren beschreiben und begrenzen, so dass ein Verstoß gegen das Transparenz- und Bestimmtheitsgebot zu bejahen ist. Daran ändert auch der Vortrag der Beklagten in der Berufungsenruiderung nichts, der Geschäftsführer der Klägerin sei vor Abschluss des Lizenzvertrages ausführlich über § 16.2 LV informiert worden, so dass er und die Klägerin gewusst hätten, dass Anpassungen der Haustypenlisten und damit auch Anpassungen der Berechnungsgrundlagen der zu leistenden Lizenzgebühren möglich seien. Denn entscheidend für die Beurteilung der ausreichenden Bestimmtheit ist nicht der Umstand der Kenntnis von § 16.2 LV – diese Bestimmung musste der Geschäftsführer der Klägerin ohnehin bei Vertragsuntezeichnung zur Kenntnis nehmen -, sondern
dass die Regelung keinerlei Merkmale enthält, die für die Aktualisierung der Haustypenlisten maßgeblich sein sollen.

(3)

Entgegen der Ansicht der Beklagten ergibt sich aus § 16.2 LV wegen des Fehlens von eingrenzenden Kriterien auch eine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 BGB und führt dies zur Unwirksamkeit dieser Klausel.

Nach dem Wortlaut des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB ,,kann“ sich eine unangemessene Benachteiligung aus einem Verstoß gegen das Transparenzgebot ergeben, ist also nicht dessen zwingende Folge. Ob aus der Unbestimmtheit eine unangemessene Benachteiligung folgt, ist anhand der Umstände des Einzelfalls zu ermitteln. So hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 16.01.1985 (Az.: VIII ZR 153/83 -, juris Rn. 12 ff.; Anschluss z.B.: OLG DüsseldorfBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Düsseldorf
, Beschluss vom 07. September 2009 – 16 U 621/08 -, juris Rn. 8) entschieden, dass bei Vertragsbeziehungen zwischen Unternehmen mit langfristiger Bindung, die eine nicht durch die Angabe von Preiserhöhungsfaktoren konkretisierte Preisanpassungsklausel enthalten, ohne dass dem Vertragspartner des Verwenders im Falle von Preiserhöhungen ein Sonderkündigungsrecht zusteht, eine umfassende Interessenabwägung vorzunehmen ist unter Berücksichtigung der Art des konkreten Vertrages, der typischen lnteressen der Vertragsschließenden und der die jeweilige Klausel begleitenden Regelungen.

Dabei unterwirft der Bundesgerichtshof angesichts dessen, dass im Handelsverkehr Preisklauseln in verschiedenster Ausgestaltung weit verbreitet sind, die dort verwendeten Klauseln nicht denselben strengen Prüfmaßstäben wie es bei Klauseln der Fall ist, die gegenüber Verbrauchern eingesetzt werden.

Diese umfassende lnteressenabwägung führt vorliegend zur Annahme einer unangemessenen Benachteiligung der Klägerin und damit zur Unwirksamkeit der streitgegenständlichen Vertragsklausel.

Gegen die Annahme einer unangemessenen Benachteiligung der Klägerin spricht allerdings die Formuiierung des § 16.2 LV. Dessen Satz 4 spricht von einer „derzeit gültigen Lizenzgebühr, Satz 5 nimmt Bezug auf die „jeweils gültige Fassung“ der Anlage 14 und dass diese jeweils zu Beginn eines Quartals aktualisiert werden. Auch in der Anlage 14 ist deren Veränderlichkeit bereits angelegt, indem sie einen ,,Stand 1. Juli 2011″ und eine Gültigkeitsdauer ausweist. Bereits bei Vertragsschluss waren Änderungen der Lizenzgebühr für den Geschäftsführer der Klägerin daher abzusehen. Ein anfängliches Vertrauen der Klägerin oder ihres Geschäftsführers in einen bestimmten Preis ist daher nicht anzunehmen.

Weiter ist zu berücksichtigen, dass es sich vorliegend um ein langfristiges Vertragsverhältnis handelt. Auch ist der Beklagten zuzugeben, dass im Rahmen von Vertragsbeziehungen aufgrund von Franchise-Verträgen – wie vorliegend – in der Regel von einem Gleichlauf der lnteressen von Franchisenehmer und -geber auszugehen sein dürfte, so dass auch bei Fehlen von Maßstäben regelmäßig eine willkürliche Erhöhung der Lizenzgebühren nicht zu erwarten ist. Zudem dürfte für die Lizenznehmer die Möglichkeit bestehen, die Erhöhung der Lizenzgebühren jedenfalls in einem gewissen Umfang an die Endverbraucher abzuwälzen.
Demgegenüber fallen die vom Landgericht angenommenen Schwierigkeiten bei der Angabe genauerer Kriterien nicht ins Gewicht. Dass eine nähere Konkretisierung nicht möglich ist, darf nicht zu schnell zugunsten des Klauselverwenders angenommen werden (vgl. Fuchs in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 12. Aufl. 2016, § 307 BGB, Rn. 182c). Auch unter Berücksichtigung des Vortrags der Beklagten, dass die Aktualisierung der Haustypenliste im Zuge der Umstellung ihres gesamten Preis- und Leistungsgefüges erfolgt sei mit dem Ziel der Stärkung der Gleichbehandlung ihrer Lizenznehmer, der Berichtigung von Fehlentwicklungen und der Anpassung an Marktbedürfnisse, erscheint es vorliegend nicht vollkommen ausgeschlossen, in § 16.2 Satz 4 und 5 LV die Preiserhöhungsfaktoren zu definieren. So erfolgt dort beispielsweise keine Bezugnahme auf § 7.4 Abs. 1 LV. Denkbar wäre es auch, die Lizenzgebühr ins Verhältnis zu einer der anderen Größen der Anlage 14 zu setzen. So könnte die Lizenzgebühr beispielsweise jeweils im selben Maß gesteigert werden wie die unverbindliche Preisempfehlung für die einzelnen Haustypen oder sich gleich als fester Prozentsatz an dieser orientieren. Auch die von der Klägerin in der Berufungsbegründung vorgeschlagene Anknüpfung an die voraussichtliche Teuerungsrate für Dienstleistungen wäre ein möglicher Ansatzpunkt. Zumindest aber der Angabe von Obergrenzen für die Gebührenerhöhungen dürfte nichts entgegenstehen. Die Formulierung solcher Kriterien erscheint daher zwar schwierig, aber nicht unmöglich und ist der Beklagten als Klauselverwenderin an sich auch zumutbar.

Im Rahmen der Gesamtabwägung ist auch zu berücksichtigen, dass dem Aspekt der Transparenz
der Preisanpassung eine besondere Bedeutung zukommt (vgl. Fuchs in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 12. Aufl. 2016, § 307 BGB, Rn. 1B2b), diese vorliegend aber überhaupt nicht gewährleistet ist. Weder ist es der Klägerin möglich, den Umfang der auf sie möglicherweise zukommenden Gebührenerhöhungen abzuschätzen, noch kann sie die Berechtigung der vorgenommenen Erhöhung überprüfen.
Anders als das Landgericht meint, steht einer unangemessenen Benachteiligung der Klägerin auch nicht das in § 26.1 LV eingeräumte Sonderkündigungsrecht des Lizenznehmers entgegen. Denn wenn man dem Ansatz des Landgerichts folgt, wonach kein Verstoß gegen § 307 BGB vorliegt, kann eine Preiserhöhung, die sich auf § 16.2 in Verbindung mit § 14.4 LV und § 7.4 LV sowie in Verbindung mit Anlage 14 stützt, keinen wichtigen Grund im Sinne des § 314 BGB darstellen. So sieht § 26.1 LV auch keine Möglichkeit für den Lizenznehmer vor, sich im Falle von Preiserhöhungen durch außerordentliche Kündigung von dem Franchisegeber zu trennen. Ein AGB-Verwender,
dem es unmöglich ist, die Preisanpassungsklausel konkreter zu fassen, muss aber zumindest durch ein Sonderkündigungsrecht sicherstellen, dass sich der Vertragspartner bei einer Preiserhöhung, die auf das Anpassungsrecht gestützt wird, von dem Vertrag lösen kann (vgl. Fuchs in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 12. Aufl. 2016, § 307 BGB Rn. 182c, m.w.N.).

Schließlich rechtfertigt auch das dem Lizenznehmer nach § 7.4 Abs. 2 Halbsafz 1 LV eingeräumte Recht, ,,seine Zustimmung zu den einzelnen Änderungen [der Systemhandbücher] rückgängig [zu] machen“, die – so Absatz 1 Satz 3 – ,,entsprechend Ziffer 4.4 als Ergänzung zu den Systemhandbüchern im Intranetportal des Lizenzgebers dokumentiert und dargestellt“ werden, keine andere Beurteilung. lnsbesondere liegt hierin entgegen der Ansicht der Beklagten kein hinreichendes Korrektiv für die von Erhöhungen der Lizenzgebühren betroffenen Lizenznehmer. Denn nach § 7.4 Abs. 2 Halbsatz 2 besteht das ,,Widerspruchsrecht“ nicht, wenn ,,diese Änderung […] im übergeordneten lnteresse des Funktionierens des gesamten Town & Country-Franchise-Systems“ liegt. Zudem ist auch hier unbestimmt, welche Anderungen in den Systemhandbüchern Änderungen der Lizenzgebühren zur Folge haben können und welche nicht. lnsgesamt führt daher auch die Einbeziehung des § 7.4 Abs. 2 Halbsatz 1 LV in die Betrachtung nicht dazu, von einer hinreichenden Transparenz und damit auch Bestimmtheit der Preisanpassungsklausel ausgehen zu können.

Die nach dem oben Gesagten anzunehmende unangemessene Benachteiligung der Klägerin durch die unbestimmte Klausel des § 16.2 Satz 4 und 5 LV führt vorliegend zur Unwirksamkeit dieser Klausel.

Nach § 306 Abs. 2 BGB richtet sich der Vertrag dann nach den gesetzlichen Vorschriften. Zu diesen gesetzlichen Vorschriften gehören auch die §§ 157, 133 BGB, die grundsätzlich die Möglichkeit einer ergänzenden Vertragsauslegung eröffnen. Diese ist von der nicht zulässigen geltungserhaltenden Reduktion einer nichtigen Allgemeinen Geschäftsbedingung zu trennen.

lm Gegensatz zu dieser zielt die ergänzende Vertragsauslegung nicht darauf, einer unangemessenen
Klausel im Wege der Auslegung einen anderen, noch angemessenen lnhalt beizulegen, sondern sie bezweckt die Ausfüllung einer Lücke im Vertragsgefiige, die durch den Wegfall der unwirksamen Klausel entsteht. Dabei ist darauf abzustellen, was die Parteien bei einer angemessenen,
objektiv-generalisierenden Abwägung ihrer lnteressen nach Treu und Glauben redlicherweise vereinbart hätten, wenn sie bedacht hätten, dass die Wirksamkeit der verwendeten
Preisänderungsklausel jedenfalls unsicher war (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 23. Januar 2013 – VIII ZR 52/12-, Rn. 23 ff .,juris, m.w.N.).

Entgegen der Ansicht der Beklagten kommt jedoch im konkret vorliegenden Fall eine ergänzende Vertragsauslegung nicht in Betracht und lässt sich auch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu Preisanpassungsregeln in Energielieferungsverträgen nicht auf den vorliegenden Sachverhalt übertragen. Für den Bereich der Energielieferungsverträge nimmt der Bundesgerichtshof regelmäßig eine ergänzende Vertragsauslegung nach §§ 157, 133 BGB vor. Danach weise ein auf unbestimmte Zeit geschlossener Energielieferungsvertrag ohne die Möglichkeit einer Preisanpassung eine planwidrige Regelungslücke auf, sofern nicht ausnahmsweise eine Festpreisabrede vorliege. Bei langrfristigen Vertragsverhältnissen bestehe ein anerkennenswertes Bedürfnis der Parteien, das bei Vertragsschluss bestehende Verhältnis von Leistung und Gegenleistung über die gesamte Vertragsdauer im Gleichgewicht zu halten. Wenn der Verwender wegen einer unwirksamen Preisanpassungsklausel nur den anfänglich vereinbarten Preis beanspruchen könnte und der Kunde – unter Umständen erst viele Jahre später – sich für den gesamten Zeitraum auf die Unwirksamkeit aller inzwischen erfolgten Preisanpassungen berufe, entstünde ein schwerwiegendes Ungleichgewicht von Leistung und Gegenleistung. Zwar könne der Energieversorger den Vertrag kündigen. Da die Kündigung nur für die Zukunft wirke, verbliebe es aber bei dem Ungleichgewicht.

Dementsprechend sei die planwidrige Regelungslücke in der Weise zu schließen, dass der Kunde die Unwirksamkeit derjenigen Preiserhöhungen, die zu einem den vereinbarten Anfangspreis übersteigenden Preis führen, dann nicht mehr geltend machen könne, wenn er sie nicht innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren nach Zugang der jeweiligen Jahresabrechnung, in der die Preiserhöhung erstmals berücksichtig worden ist, beanstandet habe (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 03. Dezember 2014 – VIII ZR 370/13 -, juris Rn. 2B f.; siehe auch OLG FrankfurtBitte wählen Sie ein Schlagwort:
OLG
OLG Frankfurt
, Beschluss vom 08.03.2017 – 11 U 103/15 -, juris Rn. 19 ff.; Fuchs in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 12. Auflage 2016, § 307 BGB Rn. 182f .).

Zunächst ist festzuhalten, dass, selbst wenn man diese Rechtsprechung auf den vorliegenden Fall übertragen wollte, dies nicht über die Unwirksamkeit der hier streitgegenständlichen Preisanpassung hinweg helfen könnte, da die insoweit nach der Rechtsprechung einzuhaltende 3-Jahresfrist zur Rüge der Unwirksamkeit der Preisanpassung durch die Klägerin gewahrt war. Nach dem eigenen Vortrag der Beklagten sollte die Preisanpassung erst zum Oktober 2012 wirksam werden, so dass sie auch erstmals für Rechnungen über Lizenzgebühren, die nach diesem Zeitpunkt gestellt wurden, zugrunde gelegt werde durfte. Die Klägerin wandte sich jedoch unstreitig bereits mit Schreiben vom 30.09.2015 (Anlage K6) gegen die Höhe der abgerechneten Lizenzgebühren nach der aktualisierten Haustypenliste und widersprach damit innerhalb der 3-Jahresfrist der einseitigen Preisanpassung. Entgegen der Ansicht der Beklagten vermag der Senat dem Schreiben der Klägerin vom 30.09.2015 auch nicht zu entnehmen, dass sich deren Widerspruch allein gegen den beabsichtigen Wechsel von einer festen Lizenzgebühr auf ein prozentuales Lizenzgebührensystem richtete, nicht aber generell gegen die Erhöhung der Lizenzgebühren, soweit dies eine feste Gebühr betrifft. Hiergegen spricht die Formulierung des genannten Schreibens, mit dem die Klägerin ,,gegen die Umstellungsmaßnahme und die damit verbundene Erhöhung
der Lizenzgebühren Widerspruch“ einlegt. Dies kann nur so verstanden werden, dass sich der Widerspruch gegen die Erhöhungsmaßnahme insgesamt richtete.

Letztendlich kann dies aber dahin gestellt bleiben, da vorliegend eine ergänzende Vertragsauslegung aus anderen Gründen nicht in Betracht kommt. Die ergänzende Vertragsauslegung kann nach ständiger Rechtsprechung zur Ausfüllung einer planwidrigen Regelungslücke nämlich nur dann herangezogen werden, wenn ermittelt werden kann, was die Parteien bei einer angemessenen Abwägung ihrer lnteressen nach Treu und Glauben als redliche Vertragspartner vereinbart hätten, wenn sie den nicht geregelten Fall bedacht hätten, wobei auf den hypothetischen Willen der Parteien abzustellen ist. Sie findet ihre Grenze
an dem tatsächlichen Parteiwillen und darf nicht zu einer Abänderung oder Erweiterung des Vertragsgegenstands
führen. Daher hat eine ergänzende Vertragsauslegung zu unterbleiben, wenn nicht erkennbar ist, was die Parteien bei einer angemessenen Abwägung ihrer lnteressen nach
Treu und Glauben als redliche Vertragspartner vereinbart hätten, wenn sie den von ihnen nicht geregelten Fall bedacht hätten. Dies gilt insbesondere dann, wenn mehrere gleichwertige Auslegungsmöglichkeiten in Betracht kommen und kein Anhaltspunkt dafür besteht, welche Regelung die Parteien getroffen hätten (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 17. Oktober 2019 – I ZR 34/18 -, Rn. 37, juris).
Zwar ist bereits aufgrund der langen Vertragsdauer davon auszugehen, dass die Parteien die Möglichkeit der einseitigen Preisanpassung durch die Klägerin und gerade keine festen Lizenzgebühren für die gesamte Vertragslaufzeit beabsichtigen; allerdings vermag der Senat im konkret
vorliegenden Fall nicht zu erkennen, was die Parteien bei einer Kenntnis von der Unwirksamkeit
der Klausel in Bezug auf die grundsätzlichen Abrechnungsstrukturen vereinbart hätten. Wie bereits
oben hinsichtlich der Schwierigkeiten der Formulierung konkreter Preiserhöhungskriterien ausgeführt, sind vorliegend eine Vielzahl von Gestaltungsmöglichkeiten denkbar, wie man die Preisanpassung hätte transparent und ausreichend bestimmt hätte regeln können, während gleichzeitig – dies gerade als Ausdruck der fehlenden Bestimmbarkeit der Klausel – jegliche Kriterien
dafür fehlen, welche Gestaltungsmöglichkeit die Parteien in Kenntnis der Unwirksamkeit der Klausel gewählt hätten. Gerade weil vorliegend die vorgenommene Preiserhöhung nicht nachvollziehbar ist bzw. ein System für die Festlegung der Höhe der jeweiligen Lizenzgebühren sich nicht erschließt, gibt es auch keine Anhaltspunkte für den hypothetischerr Parteiwillen, an dem sich die ergänzende Vertragsauslegung orientieren müsste. Dies gilt erst recht angesichts des Vortrags der Beklagten, wonach die Gründe für die Anderung der Struktur der Lizenzgebühren komplexer gewesen seien und es sich eben nicht um eine Gebührenerhöhung aufgrund gestiegener Kosten gehandelt habe. Vielmehr seien die Änderungen der Lizenzgebühren Teil der Umstellung ihres gesamten Preis- und Leistungsgefüges gewesen mit dem Ziel der Stärkung der Gleichbehandlung ihrer Lizenznehmer, der Berichtigung von Fehlentwicklungen und der Anpassung an Marktbedürfnisse.
Unter anderem hätten die Änderungen auch dazu gedient, bestimmte Haustypen für Bauherren mit niedrigerem Einkommen attraktiver zu machen, was für diesen Bereich zu niedrigeren Lizenzgebühren geführt habe. Die Änderung des Gebührensystems hat dann aber auch unmittelbar Einfluss auf die unternehmerische Ausrichtung der Klägerin selbst, wenn diese sich auf einen bestimmten Haussektor – höherpreisig oder niedrigpreisig – spezialisiert hat. Wenn aber die Lizenzgebühren eben nicht für sich alleine, sondern als Teil eines Gesamtkonzepts zu sehen sein sollen, ist es ohne weitere Anhaltspunkte seitens des Gerichts nicht möglich, die sich aus der Unwirksamkeit der Preisanpassungsklausel des § 16.2 Satz 4 und 5 LV ergebende Regelungslücke zu schließen.

Es bleibt mithin bei der Regelungslücke, so dass sich der Vergütungsanspruch der Beklagten in Form der Lizenzgebühren nach seiner Höhe auf die bei Vertragsabschluss geltenden Lizenzgebühren beschränkt.

b)

Die Klägerin hat gegen die Beklagte auch einen Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB auf Rückzahlung der von ihr auf die streitgegenständlichen Rechnungen geleisteten Zahlungen, dies jedoch nur in der tenorierten Höhe. Der darüber hinausgehende Anspruch ist verjährt.

aa)

Hinsichtlich des Bauvorhabens …, Rechnung Nr. 147208 vom 16.07.2012 über EUR 5.510,01, ergibt sich die rechtsgrundlose Leistung der Klägerin – nämlich die Zahlung der Differenz in Höhe von EUR 520,60 zwischen den Lizenzgebühren nach der Haustypenliste Stand 01.07.2011 und den Lizenzgebühren nach der aktualisierten Haustypenliste – bereits aufgrund des Umstands, dass auch nach dem Vortrag der Beklagten die aktualisierte Haustypenliste erst ab dem 01.10.2012 zur Anwendung kommen sollte. Sie betrifft mithin das Bauvorhaben … nicht, dessen Abrechnung in jedem Fall nach der Haustypenliste Stand 01.07.2011 hätte erfolgen müssen.
lm Hinblick auf die übrigen streitgegenständlichen Rechnungen folgt der Bereicherungsanspruch
aus der Unwirksamkeit von § 16.2 Salz 4 und 5 LV nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 BGB wegen mangelnder Bestimmtheit und damit Verstoßes gegen das Transparenzgebot. Es fehlte damit an einer Grundlage für die durch die Beklagte vorgenommene Änderung der Lizenzgebühren, so
dass die auf die hier streitgegenständlichen Rechnungen infolge der geänderten Lizenzgebühren zu viel gezahlten EUR 55.955,85 rechtsgrundlos gezahlt waren. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Ausführungen oben unter Ziffer II.2.a) verwiesen.

Soweit die Beklagte in der Berufungserwiderung meint, Anspruchsgrundlage für die Anpassung des Preisgefüges sei § 7 Abs. 4 LV gewesen, kann dem nicht gefolgt werden. Unabhängig davon, dass, wenn man § 7 Abs. 4 LV als Grundlage für einseitige Preisanpassungen durch die Klägerin ansehen wollte, diesem ebenfalls Wirksamkeitsbedenken im Hinblick auf dessen ausreichende Bestimmtheit entgegen stünden, da er keine konkreten Kriterien für die Art und Weise der Änderungen
enthält, betrifft § 7 Abs. 4 LV nur die Anpassung von ,,Systemhandbüchern“; dass es sich bei der Haustypenliste der Anlage 14 um ein solches ,,Systemhandbuch“ handeln würde, ist nicht ersichtlich. Zudem spricht auch die Systematik der vertraglichen Regelungen gegen diese Annahme der Beklagten. Die Lizenzgebühren sind in § 16.2 und damit im ,,Teil Vl – Zahlungsverpflichtungen des Lizenzpartners“ geregelt, während § 7 LV zu ,,Teil II – weitere Pflichten der Parteien“ gehört.

Auch verweist § 16 LV an keiner Stelle auf § 7.4 LV; erst recht fehlt jede Bezugnahme in 16.2 LV.

bb)

Allerdings kann die Beklagte dem Zahlungsanspruch der Klägerin in Höhe von EUR 520,60 betreffend das Bauvorhaben … erfolgreich die Einrede der Verjährung entgegen halten.

(1)

Nach § 32.8 LV verjähren „alle Ansprüche aus diesem Lizenzvertrag“ in 36 Monaten gerechnet ab Fälligkeit. Ob der vorliegend streitgegenständliche Bereicherungsanspruch der Klägerin als vertraglicher Anspruch i.S.d. § 32.8 LV anzusehen ist, kann dahin gestellt bleiben, da § 32.8 LV wegen Verletzung des § 202 Abs.1 BGB unwirksam ist. Denn diese Klausel bezieht nach ihrem insoweit keine Einschränkung vornehmenden Wortlaut auch Ansprüche in ihren Geltungsbereich ein, die auf einem vorsätzlichen Handeln beruhen. Auch ist diese Klausel als Allgemeine Geschäftsbedingung wegen der darin enthaltenen unangemessenen Benachteiligung der Klägerin nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, da durch die Verjährungsfristverkürzung mittelbar die Haftung für vorsätzlich oder grob fahrlässig begangene Pflichtverletzungen begrenzt wird. Die diesbezügliche in § 309 Nr. 7 b) BGB zum Ausdruck kommende Wertung ist grundsätzlich auch im unternehmerischen Geschäftsverkehr im Rahmen von § 307 Abs. 1, § 310 Abs. 1 BGB zu beachten (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 02. Juli 2019 – 10 U 22/19 -, Rn. 62 f., juris, m.w.N.).

Mangels wirksamer abweichender vertraglicher Regelung findet daher die Regelverjährung Anwendung. Der Bereicherungsanspruch der Klägerin verjährt somit nach § 195 BGB binnen 3 Jahren.

(2)

Der Beginn der Verjährungsfrist richtet sich nach § 199 Abs. 1 BGB. Danach beginnt die Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und, als subjektives Element, der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen. Hinsichtlich der Verjährung eines Bereicherungsanspruchs erfordert dies, dass der Bereicherungsgläubiger weiß oder ohne grobe Fahrlässigkeit erkennen kann, dass seiner Leistung der rechtliche Grund gefehlt hat (vgl. Staudinger/Peters/Jacoby, 2019, § 199 BGB, Rn. 1a).

Der Bereicherungsanspruch entsteht erst mit der Vornahme der rechtsgrundlosen Leistung (vgl. z.B. Lakkis in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 8. Auflage, Stand: 13.03.2020, § 199 BGB, Rn. 13; Staudinger/Peters/Jacoby, 2019, § 199 BGB, Rn.26). Dies war hier jeweils die Bezahlung der streitgegenständlichen Rechnungen, in denen die Lizenzgebühren auf der Grundlage der aktualisierten Haustypenliste berechnet worden waren. Deren Bezahlung führte damit gleichzeitig zur Überzahlung in Höhe der Differenz zwischen den Lizenzgebühren nach der Haustypenliste Stand 01.07.2011 und denjenigen nach der aktualisierten Haustypenliste.

lm Zeitpunkt der Zahlungen lag jeweils auch das subjektive Element vor. Auf die zwischen den Parteien streitige Frage, in welcher Form und wann die Beklagte die aktualisierte Haustypenliste Stand 2012 ihren Lizenznehmern zugänglich gemacht hat, kommt es insoweit nicht an, so dass auch die hierzu wechselseitig angebotenen Beweise nicht zu erheben waren. Denn selbst wenn man den Vortrag der Klägerin zugrunde legt, dass sie erst im September 2015 von den geänderten Lizenzgebühren erfahren habe, würde ihre vorherige Unkenntnis zumindest auf grober Fahrlässigkeit beruhen.

Grob fahrlässige Unkenntnis im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB liegt vor, wenn dem Gläubiger die Kenntnis deshalb fehlt, weil er ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt oder das nicht beachtet hat, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen, wie etwa dann, wenn sich dem Gläubiger die den Anspruch begründenden Umstände förmlich aufgedrängt haben und er leicht zugängliche Informationsquellen nicht genutzt hat. Dem Gläubiger muss dabei persönlich ein schwerer Obliegenheitsverstoß in seiner eigenen Angelegenheit der Anspruchsverfolgung, eine schwere Form von „Verschulden gegen sich selbst“, vorgeworfen werden können (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 08. Juli 2010 – lll ZR 249/09 -, Rn. 28, juris, m.w.N.). Zwar trifft ihn generell keine Obliegenheit, im Interesse des Schuldners an einem möglichst frühzeitigen Beginn der Verjährungsfrist Nachforschungen zu betreiben; jedoch hat jeder Gläubiger jedenfalls diejenigen Ermittlungen anzustellen, die auf der Hand liegen und deren Notwendigkeit jedem einleuchten, wobei durchaus nach den Verkehrskreisen zu differenzieren ist, denen der Gläubiger angehört. Hierzu gehört, dass Rechnungen grundsätzlich schon vor ihrer Begleichung auf ihre Richtigkeit zu überprüfen sind (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 08. Mai 2008 – Vll ZR 106/07 -, Rn. 13 ff., juris).

Nach diesen Maßstäben ist eine grob fahrlässige Unkenntnis der Klägerin zu bejahen, da sie die sich aufdrängenden Ermittlungen Unterlassen hat.

Unstreitig lag der Klägerin die Haustypenliste mit Stand 01.07.2011 vor. Es wäre der Klägerin daher durch Vergleich der Haustypenliste mit der tatsächlich erfolgten Abrechnung ohne weiteres möglich gewesen, die Überzahlung zu erkennen. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass die Klägerin erst im Jahr 2011 den Lizenzvertrag mit der Beklagten geschlossen hatte. Die Prüfung der Abrechnungen gehört zum Basiswissen eines Kaufmanns. Zudem handelte es sich vorliegend um den schlichten Vergleich fester Preise. Eine eigene Berechnung der Klägerin war hierfür nicht erforderlich, da die Lizenzgebühren sich als fester Betrag allein nach dem jeweiligen Haustyp richteten, der der Klägerin bekannt war. Auch aus dem Abrechnungssystem der Parteien und die Zwischenschaltung eines Treuhänders ergibt sich nichts anderes. Gerade weil der Treuhänder durch die Beklagte vorgegeben war, durfte die Klägerin nicht auf dessen Abrechnung quasi blind vertrauen. Schließlich ist es auch unbeachtlich, dass die rechtliche Bewertung der (Un-)Wirksamkeit der Klausel § 16.2 Satz 4 und 5 LV schwierig zu treffen ist, da es auf die zutreffende rechtliche Würdigung für den Beginn der Verjährungsfrist regelmäßig nicht ankommt. Zudem behauptet die Klägerin selbst, dass sie von der aktualisierten Haustypenliste zum Zeitpunkt der hier streitgegenständlichen Zahlungen keine Kenntnis gehabt habe; dies unterstellt, hätte sich ihr bei Prüfung der Rechnungen und Feststellung, dass die dort abgerechneten Lizenzgebühren nicht der Haustypenliste Stand 01.07.2011 entsprachen, die Frage nach der Wirksamkeit der Preisanpassungsklausel nicht gestellt.

Die Verjährung begann mithin mit Abschluss des Jahres der jeweiligen Zahlungen zu laufen. Sie endete somit regulär für die in 2012 vorgenommene Zahlung auf das Bauvorhaben Atieh am 31.12.2015 und für die in 2013 vorgenommenen Zahlungen am 31.12.2016.

(3)

Allerdings war die Verjährung hinsichtlich der Zahlungen in 2013 zunächst durch Verhandlungen nach § 203 Satz 1 BGB gehemmt.

Der Begriff des Verhandelns im Sinne des § 203 BGB ist grundsätzlich weit auszulegen. Hierfür genügt jeder Meinungsaustausch über den Anspruch oder seine tatsächlichen Grundlagen zwischen dem Berechtigten und dem Verpflichteten, sofern nicht sofort und eindeutig jeder Ersatz abgelehnt wird. Verhandlungen schweben also schon dann, wenn der Verpflichtete Erklärungen abgibt, die den Geschädigten zu der Annahme berechtigen, der Verpflichtete lasse sich jedenfalls auf Erörterungen über die Berechtigung des Anspruchs ein, ohne dass gleichzeitig eine Vergleichsbereitschaft oder eine Bereitschaft zum Entgegenkommen signalisiert werden müsste (vgl. Ellenberger, in: Palandt, 76. Auflage 2017, § 203 BGB Rn. 2, m.w.N.).

Nach dem Vortrag der Klägerin traten die Parteien nach ihren vorangegangenen Zahlungsaufforderungen vom 18.12.2015 (Anlage BK1) und vom 03.02.2016 (Anlage BK2) mit der E-Mail der Beklagten vom 03.05.2016 (Anlage BK 4) in Vergleichsverhandlungen über eine Aufhebung des Vertragsverhältnisses ein. Dies umfasste entgegen der Ansicht der Beklagten auch die hier streitgegenständlichen Rückforderungsansprüche. Soweit die Beklagte im Schriftsatz vom 11.02.2020 meint, dass sie sich erstmals am 22.11.2016 zu den Rückforderungen der Klägerin geäußert habe, kann dem nach den vorliegenden Unterlagen nicht gefolgt werden. Denn ausweislich § 1 Ziffer 5 f. des Vorschlags für einen Aufhebungsvertrag (Anlage BK 6)waren gerade auch die seitens der Klägerin geltend gemachten Ansprüche auf Rückzahlung der Lizenzgebühren Gegenstand der Verhandlungen über eine Vertragsaufhebung.

Zu diesem Zeitpunkt war hinsichtlich des Bauvorhabens Atieh die Verjährungsfrist allerdings bereits abgelaufen, so dass der Beginn der Verhandlungen diese nicht mehr hemmen konnte.

Hinsichtlich derjenigen Bauvorhaben, für die die Lizenzgebühren im Jahr 2013 bezahlt worden waren, betrug die restliche Zeit bis zum Ablauf der Verjährungsfrist noch 7 Monaten und 29 Tage, d.h. 243 Tage. Der Tag, an dem der Hemmungstatbestand entsteht oder wegfällt, ist zur Hemmungszeit hinzuzurechnen (vgl. Ellenberger, in: Palandt, 76. Auflage 2017, § 209 BGB Rn. 1).

Aufgrund der Verhandlungen ab dem 03.05.2016 trat zunächst eine Hemmung der VerjährungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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ein, die nach dem Vortrag der Klägerin bis zur Übersendung des für sie nicht akzeptablen Gegenvorschlags der Beklagten am 06.06.2016 andauerte. Danach trat zunächst ein Stillstand ein. Schlafen die Verhandlungen ein, z.B. durch Schweigen auf ein Schreiben des anderen Teils, sind die Verhandlungen in dem Zeitpunkt beendet, in dem nach Treu und Glauben mit einer Antwort zu rechnen war (vgl. Ellenberger, in: Palandt, 76. Auflage 2017, § 203 BGB Rn. 4, m.w.N.). Dies war jedenfalls nach Ablauf von 2 Wochen der Fall, so dass das Ende der Verhandlungen zum 20.06.2016 anzunehmen ist.

Die Verjährungsfrist lief anschließend unmittelbar ab dem 21.06.2016 weiter. § 203 Satz 2 BGB kommt zu diesem Zeitpunkt nicht zur Anwendung. Dieser hat nur dann Bedeutung, wenn bei Ende der Verhandlungen eine restliche Verjährungsfrist von weniger als 3 Monaten verbleibt. Dann führt er dazu, dass sich diese restliche Verjährungsfrist auf 3 Monate verlängert. Verbleiben aber, wie hier, zum Ende der Verhandlungen noch mehr als 3 Monate, dann läuft § 203 Satz 2 BGB ins Leere, die Verjährungsfrist wird hierdurch nicht etwa verlängert (vgl. Ellenberger, in: Palandt, 76. Auflage 2017, § 203 BGB Rn. 5).

Zwar behauptet die Klägerin eine vorherige erneute Aufnahme der Verhandlungen am 06.09.2019. Dazu fehlt indes jeglicher Tatsachenvortrag. Auch aus den zur Akte gereichten Anlagen ergibt sich eine Wiederaufnahme der Verhandlungen zu diesem Zeitpunkt nicht. Die erste weitere Handlung der Parteien, die die Klägerin substantiiert behauptet und die als verjährungshemmende Verhandlung angesehen werden kann, liegt vielmehr in der Übersendung eines neuerlichen Vergleichsangebots durch Schreiben der Klägerin vom 26.10.2016 (Anlage BK 7), welches sich auch auf die streitgegenständliche Forderung bezieht. Zu diesem Zeitpunkt verblieb noch eine restliche Verjährungsfrist von 116 Tagen.

Entgegen der Ansicht der Beklagten endeten diese Verhandlungen nicht bereits mit ihren Schreiben vom 14.12.2016 oder vom 17.01.2017, sondern erst mit dem endgültigen Abbruch der Verhandlungen über eine Aufhebungsvereinbarung durch E-Mail der Klägerin vom 14.03.2017 (Anlage BK 11).

Dem Schreiben der Beklagten vom 14.12.2016 (Anlage B 35, Bl. 682 ff., 686 d.A.) lässt sich die von ihr mit Schriftsatz vom 11.02.2020 behauptete Aussage, dass sie nicht bereit sei, auf die in Rechnung gestellten Lizenzgebühren nach der jeweils aktuellen Haustypenliste zu verzichten, bereits nicht entnehmen. Dies ergibt sich auch nicht aus der von ihr zitierten Passage, dass sie sich „zur Beschleunigung einer einvernehmlichen Vertragsbeendigung … vorstellen [könne], auf die auf Grund der vorzeitigen Vertragsbeendigung entgehenden Lizenzgebühren zu verzichten“, und die Klägerin damit „lediglich in der Verpflichtung, die bereits entstandenen sowie die noch entstehenden Systemgebühren vollständig zu begleichen“, stünde. Hiergegen spricht bereits, dass die hier geltend gemachten Rückforderungsansprüche der Klägerin wegen ungerechtfertigter Bereicherung gerade deshalb bestehen, weil die streitgegenständlichen Rechnungen vollständig bezahlt wurden, so dass die im zitierten Schreiben formulierte weiterhin bestehende Verpflichtung der Klägerin, die bereits entstandenen Gebühren vollständig zu begleichen, sich nach ihrem Wortlaut nicht auf diese beziehen kann. Auch im Gesamtkontext des Schreibens kann diese Formulierung nicht als ein endgültiges „Nein“ im Hinblick auf die hier streitgegenständlichen Rückzahlungsansprüche verstanden werden. Vielmehr wird hiermit lediglich die Vorstellung der Beklagten von einer vergleichsweisen Einigung dargelegt, ohne dass bestimmte Lösungswege zu einzelnen Streitpunkten, wie eben die von der Klägerin begehrte Abrechnung der bereits entstandenen Lizenzgebühren allein auf der Grundlage der Haustypenliste Stand 01.07.2011 bzw. die Rückzahlung von entrichteten Lizenzgebühren, endgültig abgelehnt würden.

Anders könnte es hinsichtlich des Schreibens der Beklagten vom 17.01.2017 (Anlage B 36, Bl. 688 d.A.) aussehen, in dem es heißt: „Wegen der übrigen Lizenzgebühren wurde Ihrer Mandantschaft bereits mehrfach mitgeteilt, dass unsere Mandantschaft nicht bereit ist, diese auf Basis der gar nicht mehr gültigen Haustypenliste, Stand 01.07.2011 zu berechnen.“

Es geht allerdings auch hieraus nicht eindeutig hervor, ob sich diese Ablehnung tatsächlich auf die Rückzahlungsansprüche wegen der hier streitgegenständlichen Rechnungen bezieht. Dieses Schreiben der Beklagten nimmt nämlich Bezug auf das Schreiben der Klägerin vom 23.12.2016 (Anlage BK 10), dort Ziffer 2., in dem es zum einen um einige konkret benannte Bauvorhaben geht, von denen keines zu den hier streitgegenständlichen, bereits in 2012 bis 2015 abgerechneten und bezahlen gehört, und zum anderen um noch offene Lizenzgebühren bzw. die noch offene Differenz zwischen den – nach den Ausführungen in dem Schreiben wohl bereits gezahlten – Lizenzgebühren berechnet auf Grundlage der Haustypenliste Stand 01.07.2011 und den durch die Beklagte in Rechnung gestellten Lizenzgebühren aufgrund der aktualisierten Haustypenliste. Die bereits vollständig gezahlten Rechnungsbeträge werden hier erneut nicht thematisiert.

Selbst wenn man aber hierin eine Aussage der Beklagten im Hinblick auf gerade die hier streitgegenständlichen Rückforderungsansprüche sehen wollte, würde dies nicht das Ende der verjährungshemmenden Verhandlungen i.S.d. § 203 Satz 1 BGB über diese Ansprüche bedeuten. Denn Gegenstand der Verhandlungen gemäß § 203 Satz 1 BGB sind der „Anspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände“. Dies meint im Sinne eines Lebenssachverhalts die Gesamtheit der tatsächlichen Umstände, die nach dem Verständnis der Verhandlungsparteien einen Anspruch erzeugen, wobei das Begehren nicht besonders beziffert oder konkretisiert sein muss. Dieser Lebenssachverhalt wird grundsätzlich in seiner Gesamtheit verhandelt. Damit werden sämtliche Ansprüche, die der Gläubiger aus diesem Sachverhalt herleiten kann, von der Hemmung der VerjährungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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Hemmung der Verjährung
Verjährung
erfasst. Zwar soll die Hemmung ausnahmsweise nicht für einen abtrennbaren Teil eines Anspruchs wirken, wenn die Parteien nur über den anderen Teil verhandelt haben; eine solche Beschränkung der Hemmungswirkung muss sich jedoch aus dem Willen der Verhandlungsparteien eindeutig ergeben (vgl. BGH, Urteil vom 05. Juni 2014 – Vll ZR 285/12 -, Rn. 12, juris), woran strenge Anforderungen zu stellen sind. Entsprechendes vermag der Senat vorliegend jedoch nicht festzustellen. Selbst wenn dem Schreiben der Beklagten vom 17.01.2017 zu entnehmen wäre, dass diese hinsichtlich der Lizenzgebühren aus bereits verwirklichten Bauvorhaben zu einem Verzicht nicht bereit war, ändert dies nichts daran, dass es den Parteien im Rahmen der Verhandlungen gerade um eine umfassende Lösung zur Vertragsbeendigung unter Berücksichtigung sämtlicher wechselseitig behaupteter Forderungen ging. Hierzu gehören aber auch die von der Klägerin geltend gemachten Rückzahlungsansprüche wegen überzahlter Lizenzgebühren. Auch die Beklagte selbst hat diese in ihren Vergleichsvorschlägen stets als „Verhandlungsmasse“ begriffen, etwa indem sie selbst mit Schreiben vom 22.11.2016 (Anlage BK 8) – und damit im Rahmen der ab dem 26.10.2016 wieder aufgenommenen Verhandlungen – diese Rückzahlungsansprüche mit ihrem Kompensationsanspruch für die angestrebte frühzeitige Vertragsbeendigung abgegolten wissen wollte, den sie dort als Entgegenkommen unterhalb des ihr nach ihrer Ansicht eigentlich zustehenden Betrags bezifferte. Somit waren jedenfalls anfangs die Rückforderungsansprüche der Klägerin aus Sicht beider Parteien Teil der Verhandlungen.

Selbst wenn man trotz der oben genannten Bedenken in dem Schreiben vom 17.01.2017 einen Abbruch der Verhandlungen durch die Beklagte im Sinne eines „doppelten Nein“ allein in Bezug auf die Rückforderungsansprüche der Klägerin sehen wollte, würde dies auch einen entsprechenden Willen zur Beschränkung der Hemmungswirkung auf Seiten der Klägerin erfordern. Dass aber die Klägerin selbst nach dem Schreiben der Beklagten vom 17.01.2017 nur noch über alle anderen wechselseitigen Ansprüche mit Ausnahme der hier streitgegenständlichen Rückzahlungsansprüche verhandeln und letztere damit von der Hemmungswirkung der Verhandlungen ausnehmen wollte, wird auch von der insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten nicht behauptet und im übrigen von der Klägerin bestritten.

Da nach dem oben gesagten das Ende der verjährungshemmenden Verhandlungen erst mit der Ablehnung des Vergleichsvorschlags durch die Beklagte am 14.03.2017 anzunehmen ist, lief die Verjährungsfrist erst wieder ab dem 15.03.2017 weiter. Die Ablaufhemmung des § 203 Satz 2 BGB findet keine Anwendung, da die zu diesem Zeitpunkt noch offene Verjährungsfrist immer noch 116 Tage und damit mehr als 3 Monate betrug. Die Verjährungsfrist wäre mithin erst am Montag, den 10.07.2017 geendet, § 193 BGB; jedoch trat erneut eine Verjährungshemmung durch Klageerhebung zum Landgericht Erfurt mit Schriftsatz vom 02.06.2017 ein, § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB. Zwar wurde die Klageschrift der Beklagten erst am 03.07.2017 zugestellt; jedoch erfolgte diese Zustellung „demnächst“ im Sinne des § 167 ZPO, so dass die Verjährungshemmung bereits mit Eingang der Klageschrift eingetreten war. Denn der Kostenvorschuss wurde bei der Klägerin am 06.06.2017 (Bl. 54 Rs, Bl. I d.A.) angefordert und am 22.06.2017 (Bl. ll d.A.) durch diese eingezahlt. Eine der Klägerin von vorwerfbare Zustellungsverzögerung ist hierin nicht zu sehen. Nach der Rechtsprechung durfte die Klägerin die Anforderung des Gerichtskostenvorschusses durch das Gericht abwarten. Nach der Anforderung ist der Gerichtskostenvorschuss allerdings so zeitig einzuzahlen, dass sich der für die Zustellung ohnehin erforderliche Zeitraum nicht um mehr als ca. 14 Tage verlängert, wobei auch Zeiten für die Weiterleitung durch den Rechtsanwalt sowie arbeitsfreie Tage zu berücksichtigen sind (vgl. Greger, in: Zöller, 31. Auflage 2016, § 167 ZPO Rn. 15 m.w.N.). Wenn seitens des Gerichts am Dienstag, den 06.06.2017, eine Aufforderung zur Einzahlung

des Kostenvorschusses versandt wurde, war bei Annahme der regulären Postlaufzeiten von 3 Tagen mit einem Zugang beim Klägervertreter am 09.06.2017 zu rechnen, so dass die Einzahlung am 22.06.2017 selbst dann innerhalb der vierzehntägigen Frist erfolgte, wenn man die Wochenenden unberücksichtigt lässt.

cc)

Von einer Verwirkung der Zahlungsansprüche der Klägerin ist entgegen der Ansicht der Beklagten nicht auszugehen.

Ein Recht ist verwirkt, wenn der Berechtigte es längere Zeit nicht geltend gemacht hat und der Verpflichtete sich auf Rücksicht auf das gesamte Verhalten des Berechtigten darauf eingerichtet hat und sich auch darauf einrichten durfte, dass dieser das Recht auch in Zukunft nicht mehr geltend machen werde.

(1)

Um den Tatbestand der Verwirkung auszufüllen, muss demnach neben das „Zeitmoment“ das „Umstandsmoment“ treten. Zum Zeitablauf müssen besondere Umstände – im Verhalten sowohl des Berechtigten als auch des Verpflichteten – hinzukommen, die es rechtfertigen, die späte Geltendmachung des Rechts als mit Treu und Glauben unvereinbar und für den Verpflichteten als unzumutbar anzusehen (vgl. z.B. BAG, Urteil vom 25. April 2001 – 5 AZR 497/99 -, Rn. 19, juris, m.w.N.). Der Berechtigte muss unter solchen Umständen untätig gewesen sein, dass der Eindruck entstehen konnte, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 18. Februar 2020 – Xl ZR 25/19 -, Rn. 12, juris, m.w.N.). Eine Verwirkung setzt weiter voraus, dass der Gläubiger des Anspruchs sich auf das Unterlassen seiner Geltendmachung eingerichtet hat und in seinem Vertrauen hierauf schutzwürdig ist. Bei einem bereicherungsrechtlichen Rückforderungsanspruch kann es daran fehlen, weil der Schuldner über den Wegfall der Bereicherung gem. § 818 Abs. 3 BGB hinreichend geschützt ist (vgl. BGH, Urteil vom 24. März 1976 – lV ZR 222/74 -, Rn. 35 f., juris). Eine Kenntnis des Verpflichteten von dem Bestehen des Rechts oder ein Verschulden des Berechtigten an der unterlassenen Geltendmachung des Rechts ist zwar nicht erforderlich; eine Verwirkung jedoch dann ausgeschlossen, wenn die fehlende Kenntnis auf einem Verhalten des Berechtigten beruht (Grüneberg, in: Palandt, 76. Auflage 2017, § 242 BGB Rn. 95, m.w.N.). Der Bundesgerichtshof hat dazu für den Fall einer unterlassenen Geltendmachung eines Mietminderungsrechts entschieden, dass eine Verwirkung dann nicht in Betracht komme, wenn dies auf einer von dem Gläubiger später als unwirksam festgestellten AGB beruht (BGH, Urteil vom 12. März 2008 – Xll ZR 147105 -, juris Rn. 23).

(2)

Das Zeitmoment erfordert, dass seit der Möglichkeit, das Recht geltend zu machen, längere Zeit verstrichen ist, wobei sich die erforderliche Zeitspanne nach den Umständen des Einzelfalls richtet. Dabei ist die Verwirkung eines Anspruchs während einer noch nicht abgelaufenen Verjährungsfrist nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Vielmehr handelt es sich bei Verwirkung und Verjährung um unterschiedliche, voneinander unabhängige Rechtsinstitute (Böttcher, in: Erman, BGB, 15. Aufl. 2017, § 242 BGB Rn. 125). Allerdings wird für eine Verwirkung des Anspruchs desto weniger Raum sein, je kürzer die Verjährungsfrist ist (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 11. Februar 1992 – Vl ZR 133/91 -, Rn. 16, juris, m.w.N.). Beiden kürzer verjährenden Forderungen des täglichen Lebens und den wiederkehrenden Leistungen kann eine Verwirkung vor Ablauf der Verjährungsfrist nur aus ganz besonderen Gründen angenommen werden (vgl. BGH, Urteil vom 06. Dezember 1988 – Xl ZR 19/88 -, Rn. 16, juris, m.w.N.). Auch kann dem Berechtigten grundsätzlich nicht zur Last gelegt werden, wenn er ihm zustehende Fristen voll ausnutzt (Grüneberg, in: Palandt, 76. Auflage 2017, § 242 BGB Rn. 87, m.w.N.).

(3)

Bei Anwendung dieser Maßstäbe kann eine Verwirkung im Hinblick auf diejenigen Zahlungen der Klägerin, hinsichtlich derer eine Verjährung zu verneinen ist, vorliegend nicht angenommen werden.

Hiergegen spricht bereits die relativ kurze Verjährungsfrist von 3 Jahren. Zudem ist, wie oben ausgeführt, die Beklagte als Schuldnerin des Bereicherungsanspruchs grundsätzlich über § 818 Abs. 3 BGB hinreichend geschützt. Der Rückzahlungsanspruch der Klägerin resultiert aus der Unwirksamkeit des § 16.2 Satz 4 und 5 LV. Selbst bei Kenntnis der Klägerin von der Umstellung des Gebührensystems kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass sie sich durch die AGB zumindest vorläufig von der Geltendmachung des Rückforderungsanspruchs hätte abhalten lassen, wobei sie dann aber die Fristen zur Geltendmachung dieses Anspruchs voll hätte ausschöpfen dürfen. Dies gilt gerade auch vor dem Hintergrund, dass es sich bei der Frage der Wirksamkeit des § 16.2 LV um eine schwierige Rechtsfrage handelt, so dass der Klägerin auch insoweit eine Überlegungsfrist eingeräumt werden musste.

c)

Die Klägerin hat gegen die Beklagte auch einen Anspruch auf die begehrte Zinszahlung.

Der Zinsanspruch ergibt sich hinsichtlich der bereits vorgerichtlich mit Schreiben vom 18.12.2015 (Anlage KO) geltend gemachten Rückzahlungsbeträge aus § 280 Abs. 1, Abs. 2, § 286 Abs. 1, § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB. Die Beklagte befand sich nach Ablauf der ihr von der Klägerin mit Schreiben vom 18.12.2015 bis zum 29.12.2015 gesetzten Frist ab dem 30.12.2015 mit der Zahlung dieser Beträge in Verzug.

Hinsichtlich der erstmals mit der Klageschrift geltend gemachten Forderung in Höhe von EUR 2.310,97 folgt der Zinsanspruch aus § 291, § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB.

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

Zwar war die Berufung der Klägerin hinsichtlich der mit dem Klageantrag zu 1. begehrten Zahlung teilweise nicht erfolgreich; jedoch war ihre Zuvielforderung in Höhe von lediglich EUR 520,60 verhältnismäßig geringfügig und hat auch keine höheren Kosten verursacht.

4.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit rechtfertigt sich aus § 708 Nr. 10 Satz 1, § 711 Satz 1, Satz 2, § 709 Satz 2 ZPO.

5.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da es sich um die Entscheidung eines Einzelfalles ohne grundsätzliche Bedeutung handelt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichtes erforderlich macht, § 543 Abs. 2 ZPO.

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