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Thüringer OLG, Beschluss vom 09.04.2013 – 2 U 905/12

GmbHG §§ 16, 19; HGB § 257; BGB §§ 195 ff.

1. Der Gründungsgesellschafter einer GmbH ist für die Zahlung der Stammeinlage grundsätzlich darlegungs- und beweisbelastet; dies gilt auch bei einem längeren Zeitablauf seit der behaupteten Einzahlung der Stammeinlage (BGH, Beschluss vom 09.07.2007, II ZR 222/06, NJW 2007, 3067; OLG FrankfurtBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Frankfurt
/Main, Beschluss vom 18.07.2005, 1 U 109/05, zitiert nach juris, Rn. 8).

2. Die Anforderungen an die Überzeugungsbildung richten sich nach § 286 Abs. 1 ZPO. Neben der Beweisführung für unmittelbare Tatsachen sind auch unstreitige oder bewiesene Indizien – also Tatsachen, die geeignet sind, logische Rückschlüsse auf den unmittelbaren Beweistatbestand zu ermöglichen, in die Gesamtbeurteilung einzustellen (BGH, a. a. O.).

3. Bestreitet der Insolvenzverwalter im Rechtsstreit mit dem Gründungsgesellschafter die von diesem behauptete Einzahlung der Stammeinlage, treffen ihn hinsichtlich seines Tatsachenvortrags keine weitergehenden Anforderungen nach den Regeln zur sekundären Darlegungslast. Der Gründungsgesellschafter steht nicht außerhalb des von ihm darzulegenden Geschehensablaufs; die Einzahlung der Stammeinlage durch ihn war Gegenstand seiner eigenen Wahrnehmung. Es ist ihm ohne weiteres zumutbar, für den Nachweis der Erfüllung seiner Zahlungspflicht Vorsorge zu treffen. Von dieser Vorsorge im eigenen Interesse ist er auch dann nicht entbunden, wenn die handelsrechtliche Pflicht zur Belegaufbewahrung nach § 257 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 4 HGB zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits abgelaufen ist. Denn bis zur Einführung des § 19 Abs. 6 GmbH-Gesetz in der Fassung vom 9. Dezember 2004 unterlag der Einlageanspruch der Gesellschaft gegen den Gründungsgesellschafter der regelmäßigen dreißigjährigen Verjährung des § 195 BGB a.F. (vgl. Thüringer Oberlandesgericht, Urteil vom 14. August 2009, 6 U 833/08, zitiert nach juris, Rn. 50, m. w. N.). Es entspricht daher dem offensichtlichen privaten Interesse des Gründungsgesellschafters, entsprechende Belege über die handelsrechtliche Aufbewahrungspflicht hinaus aufzubewahren; insofern befand er sich in derselben Lage wie sonstige Schuldner auch, und es wird ihm damit nichts Unmögliches abverlangt (vgl. auch Brandenburgisches OLG, Urteil vom 5. April 2006, 4 U 156/05, zitiert nach juris, Rn. 62).

3. Die Vorlage eines Jahresabschlusses, der die Stammeinlage als vollständig erbracht ausweist, ist nicht hinreichend überzeugungskräftig, solange er nicht erkennen lässt, dass der mit seiner Herstellung befasste Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer die Erfüllung der Einlagepflicht geprüft hat bzw. welche Unterlagen er gegebenenfalls für ausreichend erachtet hat (vgl. auch Thüringer Oberlandesgericht, Urteil vom 14. August 2009,6 U 833/08, zitiert nach juris, Rn. 42; Brandenburgisches OLG, Urteil vom 5. April 2006, 4 U 156/05, zitiert nach juris, Rn. 54). Aus dem Urteil des BGH vom 13.09.2004 (II ZR 137/02, DStr 2004, 2112) ergibt sich, dass auch der BGH den vom Einlageschuldner zu führenden Beweis nicht schlechthin bereits dadurch für erbracht hält, dass in der oder den nach Begründung der Einzahlungsverpflichtungen erstellten Bilanzen keine Einlageforderung mehr ausgewiesen ist.

4. Haben die Gesellschafter beim Abschluss eines Geschäftsanteilsabtretungsvertrags in der vertraglichen Vorbemerkung erklärt, die Geschäftsanteile seien (voll) eingezahlt, kann zwar die Unrichtigkeit einer solchen Angabe nicht als Regel unterstellt werden (BGH, Beschluss vom 09.07.2007, II ZR 222/06, zitiert nach juris, Rn. 4); sie bietet allerdings keinerlei Anhaltspunkte, die dem Gericht eine Bewertung ermöglichen würden, ob und auf welche Weise die Einlagenforderungen tatsächlich erfüllt wurden (so auch: Thüringer Oberlandesgericht, Urteil vom 14.08.2009, 6 U 833/08, zitiert nach juris, Rn. 32).

5. Der Erwerber haftet gemäß § 16 Abs. 2 GmbHG (§ 16 Abs. 3 GmbHG a. F.) auf Entrichtung des noch nicht eingezahlten Restes der von diesem übernommenen Stammeinlage.

Schlagworte: Darlegungs- und Beweislast, Erwerberhaftung, Haftung Erwerber Geschäftsanteil, Jahresabschluss, sekundäre Beweislast, sekundäre Darlegungslast, Stammeinlage