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Thüringer OLG, Beschluss vom 17.12.2014 – 3 W 198/14

BGB §§ 32, 40

1. § 32 Abs. 1 S. 2 BGB setzt für einen gültigen Beschluss voraus, dass der Gegenstand des Beschlusses bei der Berufung bezeichnet, also bereits in der Einladung die Tagesordnung mitgeteilt wird. Zweck des § 32 Abs. 1 S. 2 BGB ist es, die Mitglieder weitestgehend vor Überraschungen bei der Beratung und der Beschlussfassung zu schützen und ihnen die Möglichkeit zu geben, in Kenntnis aller Umstände über die Notwendigkeit einer Teilnahme an der Mitgliederversammlung zu entscheiden und sich sachgerecht auf diese vorzubereiten (vgl. Sauter/Schreier/Weidner, Der eingetragene Verein, 19. Aufl., Rdnr. 178). Diesen Anforderungen genügt die Einberufung zur Beschlussfassung, d.h. zur Mitgliederversammlung nur dann, wenn die Beschlussgegenstände so bestimmt genannt sind, dass eine Vorbereitung auf die Versammlung möglich ist und die Folgen des Nichterscheinens erkennbar sind (vgl. BGH, in NJW 2008, 69,(72)).

2. Da es sich bei der Satzung um die Verfassung des Vereins handelt, welche Grundlage sämtlichen Handelns ist, ist ihre Änderung von erheblicher Bedeutung für alle Mitglieder. Daraus folgt zugleich, dass an die Mitteilung der Tagesordnung hohe Anforderungen zu stellen sind, um dem Zweck des § 32 Abs. 1 S. 2 BGB gerecht zu werden. Dabei ist der Tagesordnungspunkt Satzungsänderung grundsätzlich ungenügend, erst recht gilt dies für Bezeichnungen wie Anträge oder Verschiedenes.

3. Für die Unwirksamkeit des Beschlusses ist nicht erforderlich, dass der Verstoß gegen § 32 Abs.1 S. 2 BGB tatsächliche Auswirkungen auf das Abstimmungsergebnis hat (vgl. z.B. OLG Stuttgart, in OLGZ, 74, 404). Der Schutzzweck des § 32 Abs. 1 S. 2 BGB betrifft nämlich nicht nur die Beschlussfassung selbst, sondern bereits die vorangehende Beratung. Bei dieser ist nicht auszuschließen, dass sich ferngebliebene Mitglieder möglicherweise aktiv eingebracht und die Meinungsbildung der Versammlung so beeinflusst hätten.

4. Zwar kann nach § 40 BGB an sich eine von § 32 BGB abweichende Regelung in der Satzung aufgenommen werden. Dies setzt jedoch eine eindeutige und ausdrückliche Bestimmung voraus (vgl. BayObLGZ 32, 331). Diese muss dem Zweck des § 32 Abs. 2 BGB entsprechen, da dessen Grundgedanke – die sachgerechte Vorbereitung der Mitglieder – entgegen § 40 nicht abdingbar ist (vgl. BGH, in NJW 1987, 1811, 1812). Fehlt eine ausdrückliche Anordnung, sind ergänzte Tagesordnungspunkte den Mitgliedern so rechtzeitig vor der Versammlung mitzuteilen, dass ihnen genügend Zeit für eine sachgerechte Vorbereitung bleibt (vgl. BGH, in BGHZ 99, 119), wenn dies nicht möglich ist, ist notfalls eine gesonderte Mitgliederversammlung einzuberufen (vgl. Münchener Kommentar zum BGB, § 32 Rdnr. 18).

Schlagworte: Bestimmtheitsgrundsatz, Einberufung, Relevanz der Stimme, Relevanzlehre, Satzungsänderung, Tagesordnung, Verein, Zwingendes Recht