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Thüringer OLG, Urteil vom 08.12.2015 – 5 U 1042/12

CISG

1. Das Gebot von Treu und Glauben zählt zu den allgemeinen Grundsätzen im Sinne des Art. 7 Abs. 2 CISG. Diese Frage war lange Zeit umstritten und wird heute aber sowohl von der herrschenden Lehre als auch von der Rechtsprechung nicht mehr in Frage gestellt. Da sich ein Hinweis auf das Gebot von Treu und Glauben lediglich in der die Auslegung des Übereinkommens betreffenden Vorschrift befindet, darf das Gebot nicht zu einer dem § 242 BGB ähnlichen Generalklauseln werden (Schlechtriem/Schwenzer, Kommentar zum CISG, 6. Auflage Art. 7 Rn.49 m. w. N.).

2. Grundsätzlich kann das Verbot des venire contra factum proprium (widersprüchliches Verhalten) in der Ausgestaltung von Art. 16 Abs. 2 und Art. 29 Abs. 2 CISG zum Tragen kommen und daher auch im Rahmen des CISG eine Pflichtverletzung gemäß Art. 25 und eine Schadensersatzpflicht gemäß Art. 74 CISG begründen.

3. Eine umfassende Haftung des Schuldners für Dritte, die er in die Vertragsabwicklung eingeschaltet hat, ergibt sich aus Art. 79 Abs.1 und Art. 79 Abs.2 CISG. Diese Vorschrift ist Ausdruck eines allgemeinen Prinzips, dass sich der Schuldner das Verhalten von Dritten zurechnen lassen muss, derer er sich zur Durchführung des Vertrages bedient. Der Schuldner muss sich daher nach Art. 79 Abs.1, Abs.2 CISG auch das Wissen von eigenen Leuten, sonstigen Erfüllungsgehilfen, Erfüllungsübernehmen und Zulieferanten zurechnen lassen. Nach Maßgabe des Art. 79 Abs. 2 CISG haftet der Schuldner auch für sogenannte Erfüllungsübernehmer, d. h. für Dritte, denen er die Erfüllung des Vertrages oder eines Teil des Vertrages übertragen hat. (Schlechtriem/Schwenzer, Kommentar zum CISG, 6. Auflage 2013, Art. 79, Rn.34, 40).

4. Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse sind Tatsachen, die im Zusammenhang mit einem Geschäftsbetrieb stehen, nur einem eng begrenzten Personenkreis bekannt sind und nach dem bekundeten Willen des Betriebsinhabers geheim zu halten sind. Dabei beziehen sich Betriebsgeheimnisse auf den technischen Betriebsablauf, insbesondere Herstellung und Herstellungsverfahren; Geschäftsgeheimnisse betreffen den allgemeinen Geschäftsverkehr des Unternehmens (BAG, Urteil vom 15.12.1987 – 3 AZR 474/86, NZA 1988, 502; BGH, Urteil vom 26.02.2009 – I ZR 28/06, NJW 2009, 1420). Offenkundig ist ein Betriebsgeheimnis demgegenüber schon dann, wenn es in einer Weise an die Öffentlichkeit gelangt ist, die es jedermann zugänglich macht, d.h ohne Schwierigkeiten in Erfahrung gebracht werden kann, weil es etwa dem Stand der Technik entspricht. Das Offenkundigkeitsmerkmal bezieht sich dabei auf die Möglichkeit der Kenntniserlangung und nicht auf die tatsächliche Kenntnis (ErfK zum Arbeitsrecht/Preis 13.Auf., 2012, § 611 BGB, Rdn. 712).

5. Die Regelung der Verjährung ist dem Regelungsbereich des CISG entzogen. Da Deutschland noch kein separates UN-Verjährungsübereinkommen ratifiziert hat, kommt nach dem IPR deutsches Recht als Recht des Verkäufers für die Frage der Verjährung zur Anwendung. Dies ergibt sich aus Art. 32 Abs.1 S.4 a. F. EGBGB in Verbindung mit Art. 27 ff a. F. EGBGB (vgl. BGH, Urteil vom 23.10.2013 – VIII ZR 423/12, zitiert nach juris).

6. Schadensersatzansprüche, auch vertraglicher Art, entstehen mit dem Schadenseintritt (Palandt-Ellenberger, 74. Auflage 2015 § 199 Rn. 14).

Schlagworte: CISG, Erfüllungsgehilfen, Haftung, Internationales Kaufrecht, Treu und Glauben, Verjährung