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Thüringer OLG, Beschluss vom 23.05.2012 – 9 W 107/12

UmwG § 20; ZPO § 727

1. Der Gesamtrechtsnachfolger eines durch Verschmelzung erloschenen Vollstreckungsgläubigers hat auch bei vollständiger Namensgleichheit beider Rechtsträger Anspruch auf Erteilung der Rechtsnachfolgeklausel, wenn die sonstigen Voraussetzungen des § 727 Abs. 1 ZPO vorliegen. Nach einer Verschmelzung sind die auf die übertragende Gesellschaft lautenden Titel grundsätzlich umzuschreiben (z.B. Vossius in Widmann/Mayer, UmwG, Stand 6/2002; Scheel, NotBZ 2000, 289). Daran ändert auch die vorliegende Namensgleichheit nichts, da hierbei nach außen allenfalls scheinbar eine Personenidentität besteht, wie es auch in anderen Fällen der Rechtsnachfolge vorkommen kann, wie z.B. bei Namensgleichheit zwischen Erblasser und Erben. Jeder kritische Vollstreckungsschuldner wird schon aufgrund der auf den Briefbögen abgedruckten unterschiedlichen Handelsregisternummern an der Identität zweifeln. Von der Antragstellerin kann nicht erwartet werden, dass sie „auf gut Glück“ die Vollstreckung versucht und mögliche Einwendungen gegen ihre Berechtigung erst im Zuge der Vollstreckung ausräumt, zumal sich die Rechtsnachfolge für den durchschnittlichen Vollstreckungsschuldner aus den Handelsregisterauszügen nicht ohne weiteres erschließen dürfte.

2. Gerichtskundig sind auch Tatsachen, die dem entscheidenden Richter oder Rechtspfleger aus seiner jetzigen oder früheren Tätigkeit in dienstlicher Eigenschaft bekannt geworden sind; ausreichend ist aber nicht, dass die Tatsachen nur aktenkundig sind. Wollte man die nur aktenkundigen Tatsachen, die das zur Entscheidung berufene Gericht durch Nachschau erstmals feststellen muss, als offenkundig behandeln, wäre die Grenze zum Urkundsbeweis überschritten, der einen Beweisantritt der Partei voraussetzt (z.B. PG/Laumen, 3. Aufl., § 291 ZPO Rn 3; OLG Jena, Beschluss v. 13.09.2001, Az.: 6 W 519/01).

3. Nach § 727 Abs. 1 ZPO kann der Rechtspfleger zum Nachweis der Rechtsnachfolge die Vorlage einer öffentlich beglaubigten Urkunde verlangen. Kopien der beglaubigten Handelsregisterauszüge hat die Rechtspflegerin bereits beigezogen. Befinden sich Originale in den Akten des Landgerichts, ist es der Rechtspflegerin ohne weiteres möglich, diese einzusehen.

Schlagworte: Gesamtrechtsnachfolge, Umwandlung, Verschmelzung