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Thüringer OLG, Urteil vom 04.12.2001 – 8 U 751/01

Untersagung Gesellschafterversammlung

§ 38 Abs 1 GmbHG, § 38 Abs 2 GmbHG, § 46 Nr 4 GmbHG, § 46 Nr 5 GmbHG, § 47 GmbHG, § 48 GmbHG

Ein Gesellschafter-Geschäftsführer kann es grundsätzlich nicht im Wege der einstweiligen Verfügung durchsetzen, dass die übrigen Gesellschafter es unterlassen, eine Gesellschafterversammlung einzuberufen, auf der er (der Gesellschafter-Geschäftsführer) abberufen werden soll. Es fehlt an einem Verfügungsanspruch. Denn der Weg der Einberufung einer Gesellschafterversammlung ist der rechtmäßige Weg, um eine solche Abberufung vorzubereiten und herbeizuführen. Das Gleiche gilt für eine ebenfalls beabsichtigte Beschlußfassung über die Einziehung des GeschäftsanteilsBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Einziehung
Einziehung des Geschäftsanteils
Geschäftsanteils
des Verfügungsklägers und über die Bestellung eines neuen Geschäftsführers.

Ein Gesellschafter-Geschäftsführer kann grundsätzlich nicht verlangen, dass die übrigen Gesellschafter die Einberufung einer Gesellschafterversammlung unterlassen, um ihn auf dieser Versammlung abzuberufen. Es fehlt an einem Verfügungsanspruch. Denn der Weg der Einberufung einer Gesellschafterversammlung ist der rechtmäßige Weg, um eine solche Abberufung vorzubereiten und herbeizuführen. Das Gleiche gilt für die beabsichtigte Einziehung des GeschäftsanteilsBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Einziehung
Einziehung des Geschäftsanteils
Geschäftsanteils
des Verfügungsklägers (§ 46 Nr. 4 GmbHG) und die Bestellung eines neuen Geschäftsführers (§ 46 Nr. 5 GmbHG).

Gemäß § 38 Abs. 1 GmbHG kann ein Geschäftsführer sogar jeder Zeit abberufen werden. Der einschränkende Fall des § 38 Abs. 2 GmbHG ist weder dargetan, noch ersichtlich. Eine Einschränkung der freien Widerruflichkeit kann sich zwar im Ausnahmefall auch aus der gesellschafterlichen Treuepflicht ergeben (BGH DStR 1994, 214 f.). Ein solcher Fall kann – wie der Bundesgerichtshof entschieden hat – beispielsweise dann gegeben sein, wenn die Abberufung dem Ziel dient, die berufliche Existenz des Gesellschafter-Geschäftsführers zu zerstören und ihn an den Rand der Gesellschaft zu drängen (BGH a.a.O.). Daran wird deutlich, dass ein krasser Fall vorliegen muss, um die Abberufung zu verhindern. Denn das Gesetz geht in § 38 Abs. 1 GmbHG von der jederzeitigen Abberufungsmöglichkeit aus, ohne daran besondere Voraussetzungen zu stellen. Ein solcher krasser oder ähnlicher Fall liegt hier aber nicht vor. Vielmehr hatten die Gesellschafter einen sachlichen Grund, um den Verfügungskläger abzuberufen. Aus dem Bericht des Insolvenzverwalters vom 19.03.2001 geht nämlich hervor, dass der Umsatzrückgang der Fa. B.GmbH auf der mangelnden technischen Weiterentwicklung ihrer Produkte beruhte, wobei der Verfügungskläger für diese Weiterentwicklung gesellschaftsintern zuständig war. Wegen des Umsatzrückganges sei es zu Spannungen zwischen den Gesellschaftern gekommen, insbesondere deshalb, weil der Verfügungskläger seine Ingenieurentwicklungsarbeit nicht intensiv genug betrieben habe.

Tenor

I. Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten wird das Urteil des Landgerichts Gera vom 17.05.2001 – AktZ. 1 HKO 47/01 – wie folgt abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Verfügungskläger hat die Kosten beider Rechtszüge zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Eine Festsetzung der Beschwer entfällt (§ 545 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

I.

Die Berufung hat Erfolg.

Sie ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 511, 511 a, 516, 518, 519 ZPO).

Sie ist auch in der Sache begründet.

Denn das Landgericht hätte die einstweilige Verfügung nach Ansicht des Senats nicht erlassen dürfen. Der hierauf gerichtete Antrag war unbegründet. Infolgedessen hätte auch nicht die Erledigung der Hauptsache festgestellt werden dürfen.

Ein Gesellschafter-Geschäftsführer kann grundsätzlich nicht verlangen, dass die übrigen Gesellschafter die Einberufung einer Gesellschafterversammlung unterlassen, um ihn auf dieser Versammlung abzuberufen. Es fehlt an einem Verfügungsanspruch. Denn der Weg der Einberufung einer Gesellschafterversammlung ist der rechtmäßige Weg, um eine solche Abberufung vorzubereiten und herbeizuführen. Das Gleiche gilt für die beabsichtigte Einziehung des GeschäftsanteilsBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Einziehung
Einziehung des Geschäftsanteils
Geschäftsanteils
des Verfügungsklägers (§ 46 Nr. 4 GmbHG) und die Bestellung eines neuen Geschäftsführers (§ 46 Nr. 5 GmbHG).

Gemäß § 38 Abs. 1 GmbHG kann ein Geschäftsführer sogar jeder Zeit abberufen werden. Der einschränkende Fall des § 38 Abs. 2 GmbHG ist weder dargetan, noch ersichtlich. Eine Einschränkung der freien Widerruflichkeit kann sich zwar im Ausnahmefall auch aus der gesellschafterlichen Treuepflicht ergeben (BGH DStR 1994, 214 f.). Ein solcher Fall kann – wie der Bundesgerichtshof entschieden hat – beispielsweise dann gegeben sein, wenn die Abberufung dem Ziel dient, die berufliche Existenz des Gesellschafter-Geschäftsführers zu zerstören und ihn an den Rand der Gesellschaft zu drängen (BGH a.a.O.). Daran wird deutlich, dass ein krasser Fall vorliegen muss, um die Abberufung zu verhindern. Denn das Gesetz geht in § 38 Abs. 1 GmbHG von der jederzeitigen Abberufungsmöglichkeit aus, ohne daran besondere Voraussetzungen zu stellen. Ein solcher krasser oder ähnlicher Fall liegt hier aber nicht vor. Vielmehr hatten die Gesellschafter einen sachlichen Grund, um den Verfügungskläger abzuberufen. Aus dem Bericht des Insolvenzverwalters vom 19.03.2001 geht nämlich hervor, dass der Umsatzrückgang der Fa. B.GmbH auf der mangelnden technischen Weiterentwicklung ihrer Produkte beruhte, wobei der Verfügungskläger für diese Weiterentwicklung gesellschaftsintern zuständig war. Wegen des Umsatzrückganges sei es zu Spannungen zwischen den Gesellschaftern gekommen, insbesondere deshalb, weil der Verfügungskläger seine Ingenieurentwicklungsarbeit nicht intensiv genug betrieben habe.

Hieraus wird ersichtlich, dass die Vorwürfe gegen den Verfügungskläger nicht völlig aus der Luft gegriffen waren. Sie rechtfertigten die Einberufung einer Gesellschafterversammlung mit dem Ziel der Abberufung des Verfügungsklägers selbst dann, wenn sich die Vorwürfe am Ende als unbegründet herausgestellt hätten. Denn eine Gesellschafterversammlung ist für die Besprechung solcher Themen und die hieraus zu ziehenden Konsequenzen gerade gesetzlich vorgesehen (§ 46 Nr. 5, 47, 48 GmbHG).

Das Parallelverfahren vor dem Landgericht Gera auf Abberufung des Verfügungsklägers durch einstweilige Verfügung konnte keinen Grund abgeben, um die Gesellschafterversammlung mit dem Tagesordnungspunkt der Abberufung zu untersagen. Denn die Gesellschafter waren nicht gehindert, die im Wege der einstweiligen Verfügung betriebene Abberufung so schnell wie möglich auf eine ordnungsgemäße gesellschaftsrechtliche Grundlage zu stellen. Genau diesen Weg sieht das Gesetz vor (§ 46 Nr. 5, 47, 48 GmbHG). Dadurch werden keine vollendeten Tatsachen geschaffen, weil eine etwaige rechtswidrige Abberufung ihrerseits mit einer Anfechtungsklage oder einstweiligen Verfügung angegriffen werden kann. Der Abberufene steht also nicht schutzlos.

Es bestand vorliegend kein Grund, bereits die Willensbildung für die Abberufung zu verhindern. Weder die durch Beschluss erlassene einstweilige Verfügung selbst, noch das Urteil des Landgerichts enthalten hierzu ausreichende Feststellungen. Es fehlt ein entsprechender Tatsachenvortrag des Verfügungsklägers. Er hat auch nicht dargelegt, dass er den Versammlungstermin wegen der Terminskollision nicht hätte wahrnehmen können. Solches wäre für den Senat auch nicht nachvollziehbar. Denn setzt man für die Gesellschafterversammlung am 15.02.2001, beginnend um 11.30 Uhr, eine Versammlungsdauer von 1 Stunde an, was mangels anderer Anhaltspunkte als ausreichend erscheint, so hätte für die Anreise von S. nach G. zum Gerichtstermin um 13.30 Uhr noch immer 1 Stunde Anfahrtszeit zur Verfügung gestanden. Diese Anfahrtszeit hätte ausgereicht. Etwas anderes ist weder dargelegt, noch ersichtlich.

Nach alledem hätte die einstweilige Verfügung bereits aus den vorgenannten Gründen nicht ergehen dürfen.

Auf die Frage ihrer wirksamen Zustellung und Vollziehung kommt es nicht mehr an.

Der nachgereichte, nicht nachgelassene Schriftsatz des Verfügungsklägers ist erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangen und darf nicht mehr berücksichtigt werden (§ 296 a Satz 1 ZPO). Er gibt im Übrigen keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung (§§ 296 a Satz 2, 156 ZPO).

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Die Entscheidung über die Vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Eine Festsetzung der Beschwer entfällt wegen § 545 Abs. 2 Satz 1 ZPO (vgl. BGH NJW 1994, 2363 f.).

Schlagworte: Abberufung, Abberufung aus wichtigem Grund, Abberufung des Geschäftsführers aus wichtigem Grund, Einflussnahme auf Gesellschafterversammlung, Einflussnahme auf Willensbildung, einstweilige Verfügung, Einziehung, Evidente Verletzung von Einberufungsvorschriften, Geschäftsanteil, Geschäftsführer, Gesellschafterversammlung, Irreparable Schäden, Nichtiger Beschluss, Untersagung einer Gesellschafterversammlung, Verfügungsanspruch, Verhinderung der Stimmrechtsausübung, Vorläufige Verhinderung der Beschlussfassung