Treuepflichtverletzung I Geschäftschancenlehre
§ 165 HGB
Ein Kommanditist, der im Einverständnis mit seinem einzigen (persönlich haftenden) Mitgesellschafter im Namen der Gesellschaft Verhandlungen über den Kauf eines Grundstücks geführt hat, verletzt seine Treuepflicht, wenn er ohne Zustimmung des anderen Gesellschafters das Grundstück für seine eigenen Zwecke erwirbt.
Ein Kommanditist darf auch dann, wenn er, wie im Regelfall nach § 165 HGB, keinem Wettbewerbsverbot unterliegt, wegen der ihm als Gesellschafter obliegenden Treuepflicht keine Geschäfte an sich ziehen, die in den Geschäftsbereich der Gesellschaft fallen und dieser aufgrund bestimmter konkreter Umstände bereits zugeordnet sind. Wann diese Voraussetzung im einzelnen erfüllt ist, läßt sich nicht allgemein sagen. Es ist grundsätzlich dann der Fall, wenn die Gesellschaft als erste mit dem Geschäft in Berührung gekommen ist und der Kommanditist in seiner Gesellschaftereigenschaft die näheren Umstände erfahren hat, sei es, daß er mit den betreffenden Vorgängen befaßt war, sei es, daß er aufgrund seines Informationsrechts davon Kenntnis erlangt hat (Ulmer, MünchKomm. 2. Aufl. § 705 Rdnr. 195; Schlegelberger/Martens, HGB 5. Aufl. § 165 Rdnrn. 18, 20; Staub/Schilling, HGB 4. Aufl. § 165 Rdnr. 4). In besonderem Maße gilt das, wenn der Kommanditist auf Seiten der Gesellschaft in Vertragsverhandlungen über ein bestimmtes Geschäft eingeschaltet wird; er darf dann nicht ohne Zustimmung der anderen Gesellschafter das Geschäft für sich persönlich abschließen (vgl. zu der Ausnutzung einer Geschäftschance der Gesellschaft durch den geschäftsführenden Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft Sen.Urt. v. 23. September 1985 – II ZR 257/84, WM 1985, 1444, 1445 und durch den Geschäftsführer einer GmbH die Senatsurteile v. 8. Mai 1967 – II ZR 126/65, WM 1967, 679, v. 10. Februar 1977 – II ZR 79/75, WM 1977, 361, 362 und v. 23. September 1985 – II ZR 246/86, WM 1985, 1443, 1444). Mit der vom Berufungsgericht angenommenen Pflicht, die Gesellschaft über das beabsichtigte Eigengeschäft lediglich zu informieren, sind deren Interessen nicht hinreichend gewahrt.
Urteil
Leitsatz
Ein Kommanditist, der im Einverständnis mit seinem einzigen (persönlich haftenden) Mitgesellschafter im Namen der Gesellschaft Verhandlungen über den Kauf eines Grundstücks geführt hat, verletzt seine Treuepflicht, wenn er ohne Zustimmung des anderen Gesellschafters das Grundstück für seine eigenen Zwecke erwirbt.
Tatbestand
Die klagende Kommanditgesellschaft wurde durch Gesellschaftsvertrag vom 22. Dezember 1952 vom Vater des Beklagten, K. D., als persönlich haftendem Gesellschafter und dem Beklagten als Kommanditisten gegründet. K. D. brachte dabei das bis dahin von ihm allein betriebene Unternehmen ein, das sich mit dem Holzhandel und dem Betrieb eines Sägewerks befaßte. Der Beklagte war anfangs zu 25% und später zur Hälfte am Gewinn beteiligt. Anfang der siebziger Jahre gründeten die Gesellschafter zusätzlich die H.-Schalungsplatten GmbH, deren Stammkapital sie je zur Hälfte übernahmen. Im Jahre 1979 übertrug K. D. seinen Geschäftsanteil auf den Beklagten, der seitdem Alleingesellschafter der GmbH ist.
Der Beklagte nahm in der Kommanditgesellschaft im Laufe der Zeit zunehmend Geschäftsführungsaufgaben wahr und trat auch nach außen als Vertreter der Gesellschaft auf, ohne daß ihm jedenfalls ausdrücklich Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis erteilt wurde. In den Jahren ab 1977 verhandelte er mit der Gemeinde M. über den Kauf eines Grundstücks, das an das in seinem Eigentum stehende Geschäftsgrundstück der GmbH und zu einem geringen Teil auch an das eine (kleinere) der beiden Geschäftsgrundstücke der Klägerin angrenzt. Bei diesen Verhandlungen trat der Beklagte nach außen hin als deren Vertreter auf; für den Schriftwechsel verwandte er Briefpapier mit dem Briefkopf der Klägerin. Am 22. August 1979 erteilte das Wasserwirtschaftsamt T. der Klägerin die Erlaubnis, auf dem noch der Gemeinde gehörenden Grundstück entsprechend den eingereichten Plänen neue Betriebsanlagen zu errichten. Am 8. Oktober 1979 teilte die Gemeinde der Klägerin mit, die zuständigen Beschlußgremien hätten dem von ihr beantragten Grunderwerb grundsätzlich zugestimmt. Am 28. Juli 1982 kaufte der Beklagte das Grundstück im eigenen Namen. Die Nutzung des Grundstücks, als dessen Eigentümer er in das Grundbuch eingetragen wurde, überließ er der GmbH.
Im Jahre 1983 kündigte K. D. gegenüber dem Beklagten das Kommanditgesellschaftsverhältnis. Er erklärte gleichzeitig, daß er das Unternehmen mit allen Aktiven und Passiven übernehme. Er berief sich dabei auf § 10 Nr. 3 des Gesellschaftsvertrages, der ihm dieses Recht für den Fall der von ihm ausgesprochenen Kündigung abweichend von § 10 Nr. 1 einräumt, wonach der kündigende Gesellschafter aus der Gesellschaft ausscheidet. Im Fall des § 10 Nr. 3 sind die ausscheidenden Gesellschafter zum Buchwert abzufinden. Über Berechtigung und Wirkung jener Kündigung streiten die Parteien in einem weiteren Prozeß. Am 22. Februar 1986 – während des hier anhängigen Rechtsstreits – starb K. D.. Er wurde von seiner Tochter E. D. beerbt, auf die aufgrund einer entsprechenden Bestimmung in § 9 des Gesellschaftsvertrages der Gesellschaftsanteil des Verstorbenen übergegangen ist.
Die Klägerin hat vom Beklagten Übereignung des von der Gemeinde M. an ihn veräußerten Grundstücks nebst Besitzeinräumung verlangt und hilfsweise die Feststellung beantragt, daß der Beklagte ihr den Schaden zu ersetzen habe, der ihr dadurch entstanden sei, daß er das Grundstück für sich erworben habe. Sie hat behauptet, der Beklagte habe den Auftrag gehabt, das Grundstück, auf das sie für ihren Betrieb angewiesen sei, für sie zu erwerben. Der Beklagte hat dies bestritten und vorgetragen, er habe die Kaufverhandlungen von sich aus eingeleitet, wobei er zunächst nicht zwischen den Interessen der Klägerin und denen der GmbH unterschieden habe. Als für ihn deutlich geworden sei, daß sein Vater die erwartete, ihn, den Beklagten, begünstigende Nachfolgeregelung in absehbarer Zeit nicht treffen werde, habe er sich entschlossen, das Grundstück für sich persönlich zu erwerben. Davon habe er K. D. im Jahre 1981 unterrichtet. Vorsorglich hat der Beklagte ein Zurückbehaltungsrecht wegen der nach seiner Darstellung nach dem Erwerb des Grundstücks darauf errichteten betrieblichen Anlagen geltend gemacht.
Das Landgericht hat die Klage durch „Grundurteil“ dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Auf die Berufung des Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen; die AnschlußBerufung der Klägerin hat es zurückgewiesen. Mit der Revision, deren Zurückweisung der Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche weiter.
Die Revision ist begründet.
1. Das Berufungsgericht, das trotz der Unzulässigkeit des vom Landgericht erlassenen Grundurteils nicht gehindert war, selbst in der Sache zu entscheiden, hat einen Anspruch der Klägerin nach den §§ 112, 113 HGB verneint, weil es dem Beklagten erlaubt gewesen sei, die wirtschaftlichen Interessen der GmbH zu verfolgen, deren Alleingesellschafter er nach Übernahme des ursprünglich K. D. gehörenden Gesellschaftsanteils war. Das wird von der Revision nicht angegriffen und läßt keinen Rechtsfehler erkennen. Der Beklagte soll allerdings nach der Darstellung der Klägerin durch langjährige Übung stillschweigend zum – mit Vertretungsmacht ausgestatteten – Geschäftsführer bestellt gewesen sein. Das wäre rechtlich möglich (vgl. BGHZ 17, 392, 394; BGHZ 51, 198, 201; zur stillschweigenden Änderung des Gesellschaftsvertrages durch langjährige Übung Sen.Urt. v. 17. Januar 1966 – II ZR 8/64, NJW 1966, 826, 827) und läßt sich in tatsächlicher Hinsicht hier nicht ausschließen; Feststellungen hat das Berufungsgericht dazu nicht getroffen. In einem solchen Fall kann entgegen § 165 HGB auch einen Kommanditisten das grundsätzlich nur dem persönlich haftenden Gesellschafter auferlegte Wettbewerbsverbot des § 112 HGB treffen (BGHZ 89, 162, 165f). Das gilt aber wiederum nicht, wenn und soweit im konkreten Fall dem Gesellschafter eine bestimmte Konkurrenztätigkeit erlaubt ist.
2. Nach Ansicht des Berufungsgerichts war es dem Beklagten auch unter dem Gesichtspunkt der gesellschafterlichen Treuepflicht nicht verboten, das Grundstück anstatt für die Klägerin für Zwecke der GmbH und damit in seinem eigenen Interesse zu erwerben. Er sei nicht gehalten gewesen, im Widerstreit der gleichgewichtigen Interessen denen der Klägerin den Vorrang einzuräumen. Diese Beurteilung greift die Revision mit Erfolg an.
a) Ein Kommanditist darf auch dann, wenn er, wie im Regelfall nach § 165 HGB, keinem Wettbewerbsverbot unterliegt, wegen der ihm als Gesellschafter obliegenden Treuepflicht keine Geschäfte an sich ziehen, die in den Geschäftsbereich der Gesellschaft fallen und dieser aufgrund bestimmter konkreter Umstände bereits zugeordnet sind. Wann diese Voraussetzung im einzelnen erfüllt ist, läßt sich nicht allgemein sagen. Es ist grundsätzlich dann der Fall, wenn die Gesellschaft als erste mit dem Geschäft in Berührung gekommen ist und der Kommanditist in seiner Gesellschaftereigenschaft die näheren Umstände erfahren hat, sei es, daß er mit den betreffenden Vorgängen befaßt war, sei es, daß er aufgrund seines Informationsrechts davon Kenntnis erlangt hat (Ulmer, MünchKomm. 2. Aufl. § 705 Rdnr. 195; Schlegelberger/Martens, HGB 5. Aufl. § 165 Rdnrn. 18, 20; Staub/Schilling, HGB 4. Aufl. § 165 Rdnr. 4). In besonderem Maße gilt das, wenn der Kommanditist auf Seiten der Gesellschaft in Vertragsverhandlungen über ein bestimmtes Geschäft eingeschaltet wird; er darf dann nicht ohne Zustimmung der anderen Gesellschafter das Geschäft für sich persönlich abschließen (vgl. zu der Ausnutzung einer Geschäftschance der Gesellschaft durch den geschäftsführenden Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft Sen.Urt. v. 23. September 1985 – II ZR 257/84, WM 1985, 1444, 1445 und durch den Geschäftsführer einer GmbH die Senatsurteile v. 8. Mai 1967 – II ZR 126/65, WM 1967, 679, v. 10. Februar 1977 – II ZR 79/75, WM 1977, 361, 362 und v. 23. September 1985 – II ZR 246/86, WM 1985, 1443, 1444). Mit der vom Berufungsgericht angenommenen Pflicht, die Gesellschaft über das beabsichtigte Eigengeschäft lediglich zu informieren, sind deren Interessen nicht hinreichend gewahrt.
Der Beklagte hat die Kaufverhandlungen mit der Gemeinde M. seit 1977 nach außen hin für die Klägerin geführt. Das kam nicht nur in der Verwendung des Briefpapiers der Klägerin, sondern auch darin zum Ausdruck, daß sie es war, der die Genehmigung des Wasserwirtschaftsamts erteilt und die Zustimmung der Gemeindegremien zur Veräußerung des Grundstücks in Aussicht gestellt wurde. In dieser Außenwirkung erschöpfte sich das Handeln des Beklagten aber nicht. Er hat durch dieses vielmehr, wie das Berufungsgericht festgestellt hat, auch bei seinem Vater den Eindruck entstehen lassen, er werde das Grundstück für die Klägerin erwerben. K. D. hat das sich für ihn in dieser Weise darstellende Vorhaben des Beklagten zumindest stillschweigend gebilligt. Der Beklagte hat behauptet, er sei sich zunächst nicht darüber im klaren gewesen, wer letztlich bei Zustandekommen des Geschäfts (rechtlich) Eigentümer des Grundstücks habe werden sollen, weil er damals keine Veranlassung gehabt habe, zwischen den Interessen der Klägerin, denen der GmbH und seinen eigenen zu unterscheiden. Wenn das bedeuten soll, daß er sich offenhalten wollte, ob er das Grundstück tatsächlich für die Klägerin, in deren Namen er die Kaufverhandlungen führte, erwerben werde, dann hätte es sich dabei um einen inneren Vorbehalt gehandelt, den der Beklagte seinem Mitgesellschafter gegenüber nicht zum Ausdruck gebracht hat und der deshalb unbeachtlich ist. Durch das äußere Verhalten des Beklagten und die stillschweigende Zustimmung seines Vaters war zwischen den Gesellschaftern Einigkeit darüber herbeigeführt, daß das Grundstück für die Klägerin erworben werden sollte. Damit hatten die Gesellschafter, die unstreitig auch sonst in der Regel keine förmlichen Gesellschafterbeschlüsse zu fassen pflegten, den Erwerb des Grundstücks für die Klägerin stillschweigend beschlossen. Davon konnte sich der Beklagte allenfalls aus wichtigem Grund lösen; ein solcher hätte überdies nur vorgelegen, wenn sich später herausgestellt hätte, daß die Maßnahme nicht im Interesse der GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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im Interesse der Gesellschaft
lag (vgl. Fischer, Großkomm. z. HGB, 3. Aufl. § 115 Rdnr. 21 und § 119 Rdnr. 29; A. Hueck, Das Recht der OHG, 4. Aufl. S. 139, 164f.). Abgesehen davon, daß der Beklagte, wie die Revision zutreffend hervorhebt, seinem Mitgesellschafter gegenüber einen Widerruf nicht erklärt hat, ergibt sein tatsächliches Vorbringen nicht, daß er dazu einen ausreichend wichtigen Grund gehabt hätte. Die Tatsache, daß der Beklagte im Jahre 1979 Alleininhaber der GmbH-Anteile geworden war, berechtigte ihn nicht, das 1977 in Gang gesetzte gemeinsame Vorhaben einseitig aufzugeben und das Grundstück für seine eigenen Zwecke zu erwerben. Erst recht war die Weigerung seines Vaters, die „Nachfolgefrage“ rechtlich verbindlich zu regeln, kein Grund, sich diesem und der Gesellschaft gegenüber illoyal zu verhalten. Auf eine derartige Regelung hatte der Beklagte keinen Anspruch. War ihm die Stellung, die ihm der Gesellschaftsvertrag nach Wortlaut und Sinn gab, nicht sicher genug, konnte er sich notfalls von der Gesellschaft lösen. Er durfte aber seine vermeintlichen Interessen nicht auf die Weise durchsetzen, daß er zur Stärkung seiner Stellung außerhalb der Gesellschaft an seinem Mitgesellschafter vorbei das für die Zwecke der Gesellschaft bestimmte Grundstück für sich allein erwarb.
Durch den Beschluß der Gesellschafter, das Grundstück für die Klägerin zu erwerben, war dieses Geschäft der Gesellschaft zugeordnet. Der Beklagte durfte es danach nicht mehr ohne Zustimmung seines Mitgesellschafters für sich selbst abschließen. Für die Revisionsinstanz ist davon auszugehen, daß K. D. eine solche Zustimmung nicht erteilt hat. Das Berufungsgericht hat sich beiläufig mit dem Ergebnis der Beweisaufnahme befaßt, die das Landgericht zu der Behauptung des Beklagten durchgeführt hat, er habe seinen Vater 1981 über seinen Beschluß, das Grundstück für sich allein zu erwerben, in Kenntnis gesetzt. Es hat angedeutet, daß der Beweis dafür nicht erbracht sein dürfte; endgültige Feststellungen hat es dazu nicht getroffen.
Damit hat der Beklagte, indem er das Grundstück für seine eigenen Zwecke erwarb, nach dem jetzigen Prozeßstand schuldhaft seine Gesellschafterpflichten verletzt.
b) Der Beklagte hat danach das Grundstück im Schadensersatzwege herauszugeben, wenn die Klägerin es bei gesellschaftstreuem Verhalten des Beklagten erhalten hätte. Ob das der Fall gewesen wäre, hat das Berufungsgericht – von seinem Standpunkt aus folgerichtig – nicht festgestellt. Es hat sich nur in anderem Zusammenhang mit der Frage befaßt, wie es gewesen wäre, wenn die Klägerin und der Beklagte offen als konkurrierende Interessenten für das Grundstück aufgetreten wären; das ist etwas anderes, als wenn die Klägerin, vertreten durch den Beklagten, einziger Bewerber war.
Die insoweit erforderliche Tatsachenfeststellung muß ebenfalls nachgeholt werden. Dabei ist auf folgendes hinzuweisen: Die Beweislast für die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung des Beklagten für den eingetretenen Schaden trägt nach allgemeinen Grundsätzen die Klägerin. Eine Umkehr der Beweislast unter dem von der Revision in anderem Zusammenhang hervorgehobenen Gesichtspunkt, daß der Klägerin die Chance genommen worden sei, neben dem Beklagten als Interessent aufzutreten, steht hier nicht zur Diskussion. Es geht nur darum, ob die Klägerin das Grundstück bekommen hätte, wenn der Beklagte bis zuletzt die Vertragsverhandlungen in ihrem Interesse geführt hätte. Das zu beweisen ist Sache der Klägerin. Allerdings kommt ihr dabei die Beweiserleichterung des § 287 ZPO zu Hilfe. Nach § 286 ZPO braucht nur der Haftungsgrund voll bewiesen zu werden. Zu ihm gehört nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei Vertragsverletzungen, daß durch die schuldhaft begangene Pflichtwidrigkeit der Vertragspartner in seinen Interessen „betroffen“ worden ist (BGH, Urt. v. 28. April 1982 – IVa ZR 8/81, ZIP 1982, 742, 743; Urt. v. 11. November 1987 – IVa ZR 143/86, BGHR ZPO § 287 Abs. 1 Kausalität 1). Die Schadensentstehung selbst gehört nicht zum Haftungsgrund und ist der richterlichen Ermessensentscheidung nach § 287 ZPO zugänglich (vgl. auch Sen.Urt. v. 14. April 1969 – II ZR 44/68, WM 1969, 832, 834; BGH, Urt. v. 20. Februar 1975 – VI ZR 129/73, VersR 1975, 540, 541). Der Begriff des „Betroffenseins“ mag unscharf sein; die damit gemeinte Voraussetzung ist aber jedenfalls erfüllt, wenn dem anderen pflichtwidrig eine vermögenswerte Chance nicht verschafft oder erhalten wird (Stoll, AcP 176 (1976) 145, 185ff, 189). So ist es hier. Der Beklagte hat dadurch, daß er unter Verletzung seiner Pflicht, die Vertragsverhandlungen für die Klägerin zu führen, im eigenen Interesse weiterverhandelt und das Grundstück für seine Zwecke gekauft hat, deren Chance, das Grundstück zu erwerben, vereitelt. Die Klägerin hat zwar zu beweisen, daß diese Chance sich verwirklicht hätte; dies ist ihr jedoch durch § 287 ZPO erleichtert.
c) Die Revisionserwiderung weist zutreffend darauf hin, daß die Klägerin keinen Anspruch hat, das Grundstück ohne Erstattung des vom Beklagten gezahlten Kaufpreises zu erhalten. Das macht aber den in erster Linie gestellten Klageantrag auf Übereignung des Grundstücks nicht insgesamt unbegründet. Die Klägerin selbst hat ihren ursprünglich in der Klageschrift angekündigten Antrag dahin eingeschränkt, daß der Beklagte „Zug um Zug gegen Zahlung des Kaufpreises in Höhe von …“ verurteilt werden solle; daß die Höhe des Kaufpreises dabei offengelassen war, beruhte darauf, daß die Klägerin ihn damals nicht kannte. Später hat sie den Klageantrag zu 1 im Hinblick darauf neu gefaßt, daß der Beklagte zwischenzeitlich als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen worden war. Hierbei ist offenbar die frühere Einschränkung aus Versehen nicht mit übernommen worden. Die Klägerin wird Gelegenheit haben, den Antrag in dieser Hinsicht zu überprüfen. Das Berufungsgericht wird sodann nicht nur über die Erstattung des Kaufpreises, sondern auch über das Zurückbehaltungsrecht zu entscheiden haben, das der Beklagte wegen der Verwendungen geltend gemacht hat, die er zwischenzeitlich auf das Grundstück vorgenommen haben will.
3. Damit die noch erforderlichen tatsächlichen Feststellungen getroffen werden können, ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
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