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OLG Naumburg, Urteil vom 23.09.1998 – 12 U 2/98

Umdeutung formunwirksame Kündigung

§ 305 BGB, § 706 Abs 3 BGB, § 723 Abs 1 BGB, § 738 Abs 1 S 2 BGB

1. In einem Partnerschaftsvertrag einer Sozietät von Wirtschaftsprüfern, Rechtsanwälten und Steuerberatern kann über Abfindungsansprüche eines ausscheidenden Partners eine von der gesetzlichen Regelung aus BGB § 738 Abs 1 S 2 abweichende Regelung wirksam dahin getroffen werden, daß einem ausscheidenden Partner Abfindungsansprüche nur bei dem Vorliegen eines von ihm nicht zu vertretenden Ausscheidensgrundes zustehen sollen.

2. Eine formunwirksam erklärte (mündliche) Kündigung des Gesellschaftsvertrages kann als Angebot auf Abschluß eines formlos zulässigen Aufhebungsvertrages angesehen werden, das von den Mitgesellschaftern konkludent angenommen werden kann. Als konkludente Annahme ist es zu werten, wenn die Mitgesellschafter die Erklärung des Ausscheidenden widerspruchslos hinnehmen, sich insbesondere nicht auf die formwidrige Kündigung berufen und die diesem überlassenen Schlüssel zu den Praxisräumen entgegennehmen, ohne auf einer weiteren Mitarbeit des Kündigenden in der Sozietät zu bestehen.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 06.06.1997 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Halle (5 O 534/94) abgeändert:

Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Abschriften der steuerlichen Jahresabschlüsse der Partnerschaft jeweils per 31.12. für die Jahre 1991, 1992, 1993, 1994 und 1995, bestehend aus den testierten Gewinnermittlungen gem. § 4 Abs. 3 EStG für diese Jahre, zu übergeben.

Der Rechtsstreit über die weiteren Ansprüche des Klägers wird zur weiteren Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten des Rechtsstreits einschließlich des Berufungsverfahrens an das Landgericht Halle zurückverwiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 3.000.- DM abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Beschwer beider Parteien übersteigt 60.000 DM.

Tatbestand

Die Parteien streiten über Ansprüche des Klägers anläßlich des Ausscheidens aus einer Sozietät. Das Verfahren richtete sich zunächst gegen die Beklagten zu 1) – 4). Randnummer2

Mit Wirkung zum 01.08.1990 schloß der Kläger, ein Wirtschaftsprüfer, mit den Beklagten zu 1) und 2), beide Rechtsanwälte, und dem Beklagten zu 4), einem Steuerberater, einen undatierten „Partnerschaftsvertrag“ (im weiteren : PV) und gründete mit ihnen in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen RechtsBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Gesellschaft
Gesellschaft bürgerlichen Rechts
eine Rechtsanwalts-, Steuerberater und Wirtschaftsprüfersozietät mit Sitz in W. . Der Beklagte zu 1) brachte seine bisherige als Einzelanwalt betriebene Kanzlei ein; die bestehenden Einzelkanzleien der übrigen Beteiligten  blieben wirtschaftlich und organisatorisch selbständig. Der Beklagte zu 4), dem die Buchführung der Gesellschaft oblag, verließ die Sozietät im November 1993. Auch der Beklagte zu 3), der 1992 mit rückwirkender Kraft zum 01.08.1990 in die Sozietät eingetreten war, ist zwischenzeitlich wieder aus ihr ausgeschieden. Randnummer3

Wegen des Inhaltes des Partnerschaftsvertrages wird auf Bl. 8 bis 18 Bd. I d. A. Bezug genommen. Randnummer4

Bereits zum 28.02.1991 endete die Mitgliedschaft des Klägers nach einer Zusammenkunft aller  Gesellschafter. Es war bereits zuvor zu Streitigkeiten der Parteien, vor allem zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 4), gekommen, insbesondere zu der Frage, ob der Kläger Ansprüche gegen die Sozietät aus der Tätigkeit der Mitarbeiter in seiner B.  Kanzlei geltend machen könne. Der Kläger hatte in Ermangelung qualifizierter Mitarbeiter in der W.  Sozietät die Angestellten seiner Einzelkanzlei auch für Mandate der Sozietät herangezogen  und war der Auffassung, daß er insoweit eine Abschlagszahlung beanspruchen könne. Dieses Begehren wurde von den übrigen Gesellschaftern als ungerechtfertigt zurückgewiesen. Vor die Alternative gestellt, sofort auszuscheiden oder unter Verzicht auf die erhobenen Ansprüche weiterzuarbeiten, erklärte der Kläger seinen Austritt aus der Gesellschaft und gab die Schlüssel zu den gemeinsamen Räumlichkeiten zurück. Randnummer5

Versuche der Parteien, sich über Ansprüche des Klägers nach seinem Ausscheiden gütlich zu einigen, schlugen ebenso fehl, wie ein nicht zum Abschluß geführtes Schiedsverfahren. Randnummer6

Der Kläger war zuletzt der Auffassung, ihm stehe entsprechend § 12 Abs. 8 PV ein Abfindungsanspruch von 1/16 des Gewinns für die Jahre von 1991 bis 1995 anläßlich seines Ausscheidens aus der Sozietät zu. Dabei komme die vertragliche Abfindungsregelung zum Tragen, da ihm jedenfalls nicht aus einem von ihm zu vertretenden wichtigen Grund gekündigt worden sei. Diese gewähre ihm unabhängig von dem zwischenzeitlichen Ausscheiden der Beklagten zu 3) und 4) einen Anspruch auf die Gewinnbeteiligung für 5 Jahre, da die Sozietät jedenfalls mit den vormaligen Beklagten zu 1) und 2) entsprechend § 12 Abs. 6 PV noch fortbestehe. Um den Abfindungsanspruch berechnen zu können, habe er einen Anspruch auf  die Übergabe der testierten Gewinnermittlungen. Randnummer7

Zusätzlich könne er einen bereits feststehenden, aus vier Einzelpositionen bestehenden Zahlungsanspruch in Höhe von 58. 476, 01 DM geltend machen. Randnummer8

Der Kläger hat zuletzt beantragt, die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, Randnummer9

1) ihm Abschriften der steuerlichen Jahresabschlüsse der Partnerschaft jeweils per 31.12. für die Jahre 1991, 1992, 1993, 1994 und 1995, bestehend aus den testierten Gewinnermittlungen gem. § 4 Abs. 3 EStG für diese Jahre, zu übergeben. Randnummer10

2) ihm ein Viertel seiner Gewinnquote von einem Viertel, also ein Sechszehntel der für die Jahre 1991, 1992, 1993, 1994 und 1995 nach den Gewinnermittlungen erzielten Gewinne zu zahlen, nebst 10 % Zinsen auf den Gewinnanteil 1991 ab dem 01.10.1993, auf den für 1992 seit dem 01.10.1994, auf den für 1993 seit dem 01.10.1996 und auf den für 1994 seit dem 01.10.1996. Randnummer11

3) an ihn weitere 58.476, 01 DM nebst 10% Zinsen seit dem 01.04.1991 zu zahlen. Randnummer12

Die Beklagten haben beantragt, Randnummer13

die Klage abzuweisen. Randnummer14

Die Beklagten haben die Auffassung vertreten, daß ein vertraglicher Anspruch auf Abfindung unter Berücksichtigung eines Praxiswerts nicht bestehe. Zunächst sei zum Zeitpunkt des Ausscheidens des Klägers nach lediglich 7-monatigem Bestehen der Sozietät ein eigenständiger Praxiswert noch nicht vorhanden gewesen. Aus diesem Grund sei die Sozietät nach den Regelungen des PV auch erst zum 31.12.1992 kündbar gewesen, wodurch sich ein Abfindungsanspruch grundsätzlich ausschließe. Schließlich greife die Regelung des § 12 PV nicht ein, da der Kläger durch sein unberechtigtes Verlangen auf Erstattung der Mitarbeiterkosten sein Ausscheiden selbst zu vertreten gehabt habe. Auch ein gesetzlicher Anspruch bestehe nicht; zudem sei auch insoweit das Fehlen eines Praxiswerts zu berücksichtigen. Randnummer15

Die 5. Zivilkammer des Landgerichts Halle hat durch das am 06. Juni 1997 verkündete Urteil (5 O 534/94) die noch gegen alle vier Beklagten gerichtete Klage abgewiesen. Das Landgericht führt zur Begründung seiner Entscheidung hinsichtlich des Auskunftsanspruchs aus, daß die begehrte Übergabe der Jahresabschlüsse vom Kläger nicht verlangt werden könne, denn § 12 Abs. 8 PV gebe ihm nur einen Anspruch auf Einsichtnahme in die Geschäftsbücher der Sozietät durch einen Buchsachverständigen. Zudem stünde ihm ein Gewinnanspruch für die Dauer von 5 Jahren nicht zu, denn hierfür wäre nach der vertraglichen Regelung ein Ausscheiden des Klägers aus einem nicht von ihm zu vertretenden Grund Voraussetzung. Der Kläger sei jedoch aus einem von ihm selbst zu vertretenden Grund aus der Gesellschaft ausgeschieden, nachdem die anderen Gesellschafter sein vertragswidriges Ansinnen zur Übernahme seiner Mitarbeiterkosten abgelehnt hätten. Die Kosten für den Personaleinsatz der Mitarbeiter in der B.  Kanzlei seien als Dienstleistungen des Klägers anzusehen, für die er gem. § 733 Abs. 2 BGB keinen Ersatz verlangen könne. Nach § 7 PV sei er nicht verpflichtet gewesen, die geschuldeten Dienste in eigener Person zu leisten. Die Dienste seiner Mitarbeiter seien somit lediglich als Einlage des Klägers anzusehen. Randnummer16

Hinsichtlich der Rückzahlung aus der Rücklage ergebe sich grundsätzlich ein Anspruch aus § 12 Abs. 7 PV, doch sei der Kläger für seine Behauptung, eine Einlage i.H.v. insgesamt 17.000.- DM erbracht zu haben, beweisfällig geblieben. Gleiches gelte für seine Behauptung, es seien 14, 5 Fahrten von Köln nach W. erfolgt; somit könne er auch die geltend gemachten Fahrtkosten nicht verlangen. Hinsichtlich des Schreibtisches könne er gem. § 738 Abs. 1 BGB i.V.m. § 4 PV allenfalls dessen Herausgabe, nicht jedoch Wertersatz verlangen. Randnummer17

Gegen dieses seinem Prozeßbevollmächtigten am 13.08.1997 zugestellte Urteil richtet sich die hier am 01.09.1997 eingegangene und am 29.09.1997 begründete Berufung des Klägers. Randnummer18

Der Kläger wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen. Er meint, ein in seiner Person liegender wichtiger Grund gem. § 12 Abs. 8 PV habe nicht vorgelegen, da die Geltendmachung seiner Ansprüche auf Ersatz der Mitarbeiterkosten gerechtfertigt gewesen sei. Ein Ausschluß gem. § 733 Abs. 2 BGB sei insoweit nicht gegeben, da es sich bei den Kosten weder um eine Einlage noch um Dienste des Klägers in seiner Eigenschaft als Mitarbeiter gehandelt habe. Aufgrund fehlenden qualifizierten Personals sei er gezwungen gewesen, seine Mitarbeiter heranzuziehen, was gem. § 7 Abs. 2 PV zu einer entsprechenden ergänzenden Vereinbarung der Sozietät hätte führen müssen. Da eine solche unterblieben sei, käme nur ein Ausgleichsanspruch in Betracht. Aufgrund des Abfindungsanspruchs bestehe auch ein Auskunftsanspruch aus § 12 Abs. 8 Satz 2 PV. Schließlich seien auch die geltend gemachten Zahlungsansprüche berechtigt. Randnummer19

Durch einen in der mündlichen Verhandlung vom 26.08.1998 vor dem Oberlandesgericht  Naumburg geschlossenen Vergleich verpflichteten sich die ursprünglich vier Beklagten zur Zahlung jeweils bestimmter Beträge. Der Beklagte zu 4) behielt sich den Widerruf des Vergleiches vor und widerrief den Vergleich innerhalb der hierfür gesetzten Frist. Randnummer20

Der Kläger beantragt, Randnummer21

1.) unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Halle (5 O 534/94), zugestellt am 13.08.1997, den Beklagten zu verurteilen, ihm die steuerlichen Jahresergebnisse der Partnerschaft F. , W. , jeweils per 31.12. für die Jahre 1991, 1992, 1993, 1994 und 1995, gemäß den testierten Gewinnermittlungen gemäß § 4 Abs. 3 EStG für diese Jahre, bekanntzugeben und an ihn ¼ seiner Gewinnquote von 1/4, mithin 1/16 der für die Jahre 1991, 1992, 1993, 1994, und 1995 nach den Gewinnermittlungen erzielten Gewinne zu zahlen, nebst 10% Zinsen auf den Gewinnanteil 1991 ab dem 01.190.1993, auf den für 1992 ab dem 01.10.1994, auf den für 1993 ab dem 01.10.1995 und auf den für 1994 ab dem 01.10.1996. Randnummer22

2.) den Beklagten zu verurteilen, an ihn weitere 58.476, 01 DM nebst 10% Zinsen seit dem 01.04.1991 zu zahlen. Randnummer23

Der Beklagte beantragt, Randnummer24

die Berufung zurückzuweisen. Randnummer25

Der Beklagte zu 4) wiederholt und vertieft das erstinstanzliches Vorbringen. Randnummer26

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, insbesondere auf dem Partnerschaftsvertrag, sowie auf ihre Erklärungen zu Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

1.)

Die zulässige, insbesondere form – und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des Klägers hat, in der Sache insoweit Erfolg, als der Stufenklage bzgl. des in der ersten Stufe geltend gemachten Auskunftsanspruchs stattzugeben ist. Hinsichtlich des in der zweiten Stufe geltend gemachten Leistungsanspruchs ist eine weitere Verhandlung vor der Kammer erforderlich und gem. § 538 Abs. 1 Nr. 3 ZPO analog der Rechtsstreit zurückzuverweisen. Randnummer28

Dem Kläger steht im Rahmen der geltend gemachten Stufenklage gem. § 254 ZPO ein Auskunftsanspruch gem. § 12 Abs. 8 PV über den in den Jahren 1991 bis 1995 erzielten Gewinn der Sozietät als notwendige Vorstufe zur Geltendmachung seines bestehenden Abfindungsanspruchs zu. Randnummer29

In dem Partnerschaftsvertrag haben die Parteien über die Ansprüche des Ausscheidenden eine von der gesetzlichen Regelung aus § 738 BGB abweichende Vereinbarung über die Ansprüche eines ausscheidenden Gesellschafters getroffen. Diese Regelung begegnet keinen Wirksamkeitsbedenken, da sie nicht zu einer unzulässigen Einengung der Rechte des Ausscheidenden führt (vgl. Münchner Kommentar / Ulmer, BGB, 3. Aufl., § 738, Rn. 35). Randnummer30

Voraussetzung des vertraglichen Abfindungsanspruchs ist gem. § 12 Abs. 8 Satz 1 PV, daß der Kläger nicht aus einem von ihm zu vertretenden wichtigen Grund aus der Sozietät ausgeschieden ist. Anders als das Landgericht geht der Senat vom Vorliegen der Voraussetzungen dieses vertraglichen Anspruchs aus. Der Kläger hat die Gesellschaft am 28.02.1991 aus eigenem Antrieb verlassen, nachdem die anderen Gesellschafter sein Ansinnen auf besondere Vergütung seiner Mitarbeiter zurückgewiesen hatten. Nach deren Weigerung legte er die Schlüssel für die gemeinsamen Räumlichkeiten auf den Tisch und erklärte unwidersprochen, daß er aus der Gesellschaft ausscheide. Randnummer31

Das Ausscheiden zum 28.02.1991 ist zwischen den Parteien unstreitig. Insoweit ist es auch unbeachtlich, ob wegen des Fehlens der vereinbarten Schriftform von einer wirksamen Kündigung gem. § 12 Abs. 1 Satz 2 PV auszugehen ist.  Am 28.02.1991 wurde zwischen den Gesellschaftern jedenfalls ein Aufhebungsvertrag zumindest stillschweigend geschlossen, der dieser Form nicht bedurfte (Palandt / Heinrichs, BGB, 57. Aufl. § 305, Rn. 7). Denn die Erklärung des Klägers, aus der Sozietät auszuscheiden haben die weiteren Gesellschafter ohne Widerspruch hingenommen und auch die Schlüssel vom Kläger an sich genommen ohne während des Gespräches den Kläger auf sein nach dem Partnerschafts-Vertrag fehlendes Kündigungsrecht aufmerksam zu machen oder auf eine weitere Mitarbeit des Klägers in der Sozietät zu bestehen. Randnummer32

Ein solches Verhalten der Gesellschafter, denn der Inhalt ihres Vertrages bekannt war, kann bei objektiver Betrachtungsweise nur dahingehend ausgelegt werden, daß sie mit der Beendigung der Tätigkeit des Klägers in der Gesellschaft einverstanden waren. Zudem setzt die vertragliche Regelung in § 12 Abs. 7 und Abs. 8 PV gerade keine wirksame Kündigung, sondern lediglich ein Ausscheiden voraus. Randnummer33

Dieses Ausscheiden erfolgte nicht aus einem allein vom Kläger zu vertretenden wichtigen Grund. Für die Frage, wann ein wichtiger Grund i.S.d. § 12 Nr. 8 PV vorliegt, kann in Ermangelung weiterer vertraglicher Vereinbarungen die gesetzliche Regelung in § 723 BGB herangezogen werden, nach der eine Kündigung einer zeitlich befristeten Gesellschaft möglich ist, wenn dem Ausscheidenden unter Berücksichtigung von Treu und Glauben das Verbleiben in der Gesellschaft bis zum nächsten ordentlichen Kündigungstermin nicht mehr zumutbar ist. Bei der Frage der Zumutbarkeit sind neben den in § 723 Abs. 1 Satz 2 Hs. 2 BGB genannten Umständen Zweck und Struktur der GesellschaftBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Gesellschaft
Struktur der Gesellschaft
, ihre Dauer und die Intensität der Zusammenarbeit heranzuziehen (BGH NJW 96, 2573). Randnummer34

Entscheidend ist demnach, ob ein Verhalten des Klägers vorgelegen hat, das sein Verbleiben für die übrigen Gesellschafter unzumutbar gemacht hat.  Hiervon kann nicht ausgegangen werden. Der Kläger begehrte, – wenn auch unberechtigt (s.u.) – den Ersatz ihm entstandener Kosten durch die Gesellschaft, wobei sein Verlangen durchaus nachvollziehbar war und sich das Fehlen eines Anspruchs jedenfalls nicht für jeden klar ersichtlich aus der vertraglichen Regelung ergibt. Ursache seines Ausscheidens war ein durchaus üblicher Streit zwischen Gesellschaftern über ihre vertraglichen Ansprüche. Dem Kläger kann nicht vorgeworfen werden, daß er nach der Ablehnung seines Begehrens für sich die Konsequenzen zog und die Gesellschaft verließ. Randnummer35

Die von dem Beklagten erhobenen Einwände gegen die Anwendbarkeit des § 12 Nr. 8 PV greifen nicht durch. Der Einwand des Beklagten, daß sich aus der Vereinbarung eines ersten möglichen Kündigungstermins 1992 in § 12 Abs. 1 PV ergebe, daß die Gesellschaft für eine gewisse Zeit in ihrem Bestand unverändert bleiben und aufgebaut werden sollte, ist grundsätzlich zutreffend. Hieraus läßt sich jedoch nicht der Schluß herleiten, daß ein Abfindungsanspruch vor dem Ablauf der Bindungsfrist ausgeschlossen sein sollte. § 12 Abs. 8 PV enthält eine derartige Einschränkung gerade nicht. Im Gegenteil ergibt sich aus der Regelung in § 12 Abs. 10 PV, nach der die Parteien innerhalb von 2 Jahren nach Vertragsbeginn, d.h. vor Ablauf der grundsätzlichen Bindungsfrist entsprechend § 12 Abs. 1 PV,  zu einer „anderen angemessenen Regelung“ der Abfindung unter „Berücksichtigung eines etwaigen Praxiswerts“ verpflichteten, zwingend, daß gerade für die Bindungszeit ein – wenn auch später zu modifizierender – Abfindungsanspruch bereits bestehen sollte. Randnummer36

Durch die Regelung in § 12 Abs. 10 PV wird auch der Einwand widerlegt, daß ein Abfindungsanspruch nach so kurzer Zugehörigkeit in der Kanzlei aufgrund des mit ihm verbundenen Eingriffs in das erst im Aufbau begriffene Gesellschaftsvermögen ausgeschlossen sein sollte. Durch die Verpflichtung zu einer künftig anderweitigen Regelung „unter Berücksichtigung eines etwaigen Praxiswerts“ und die Ausgestaltung der in § 12 Abs. 8 PV somit für eine Übergangszeit getroffenen Regelung haben die Vertragsparteien deutlich gemacht, daß sie dabei nicht vom Bestehen eines ausgleichspflichtigen Praxiswerts ausgingen, und deshalb den Abfindungsanspruch allein am Gewinn orientierten. Gerade durch die Koppelung des Abfindungsanspruchs an den Gewinn wurde somit dem Umstand Rechnung getragen, daß das Kapital der Gesellschaft gegen überhöhte, d.h. nicht erwirtschaftete, Ansprüche gesichert werden sollte. Daß sich vorliegend aus der Vereinbarung in § 12 Abs. 8 PV ein höherer Anspruch ergeben könnte als er aus § 738 BGB herzuleiten wäre, steht dem nicht entgegen. Zum einen ist dies auf die Laufzeit in § 12 Abs. 8 PV zurückzuführen, die der Parteidisposition unterlag, zum anderen führt die Koppelung an den Gewinn gerade nicht zu einer die Gesellschaft gefährdenden Einengung ihres Vermögens. Es ist auch weder ersichtlich noch behauptet, daß die Regelung gegen Treu und Glauben verstößt oder einer Anpassung bedarf. Schließlich ist aus dem Gesamtzusammenhang der Regelungen in § 12 PV auch nicht erkennbar, daß die Laufzeit der 5-Jahres-Regelung in § 12 Abs. 8 PV im Falle eines früheren Ausscheiden erst mit dem Ende der Bindungsfrist beginnen sollte. Randnummer37

Damit ist von einem Abfindungsanspruch des Klägers gem. § 12 Abs. 8 PV auszugehen. Dieser kann nicht ohne vorherige Kenntnis des testierten Gewinns für die Jahre 1991 bis 1995 beziffert werden. Entsprechend der gesetzlichen Regelung in § 738 BGB, bei der die Klage auf Aufstellung der Bilanz mit der Leistungsklage in Form einer Stufenklage verbunden werden kann  (BGH FamRZ 75, 35, 38; Münchner Handbuch des Gesellschaftsrecht / Piehler, § 13, Rn. 39), ist auch hier die erhobene Stufenklage gem. § 254 ZPO zulässig. Randnummer38

Der Auskunftsanspruch ist auch begründet. Randnummer39

Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist der Kläger nicht gehindert, einen eigenständigen Auskunftsanspruch geltend zu machen. Gem. § 12 Abs. 8 Satz 2 PV ist die Partnerschaft bei einem Ausscheiden zur Rechnungslegung verpflichtet. Diese Rechnungslegung macht der Kläger in der ersten Stufe seiner Klage geltend. Auf die Frage, ob darüber hinaus entsprechend § 12 Abs. 8 Satz 3 PV ein Recht zur Einsichtnahme in die Bücher auch für den Kläger besteht, kommt es daher nicht an. Randnummer40

Der Beklagte zu 4) ist auch passiv legitimiert. Ein ausgeschiedener GesellschafterBitte wählen Sie ein Schlagwort:
ausgeschiedener Gesellschafter
Gesellschafter
haftet für die bis zum Wirksamwerden seines Ausscheidens begründeten Gesellschaftsverbindlichkeiten weiter (BGHZ 36, 225). Als entstanden sind dabei alle Schuldverpflichtungen anzusehen, deren Rechtsgrundlage bereits gelegt worden ist, mögen auch die einzelnen Verpflichtungen erst später fällig werden (BGHZ 55, 269, 270). Die hier fraglichen  Verpflichtungen der Gesellschaft entstanden mit dem Ausscheiden des Klägers und somit vor dem Ausscheiden des Beklagten zu 4). Randnummer41Randnummer42

Ergänzend sei bemerkt, daß sich der Abfindungsanspruch des ausgeschiedenen Gesellschafters zwar grundsätzlich gegen die Gesamthand richtet. Er kann jedoch nach herrschender Ansicht (Palandt / Thomas, BGB, 57. Aufl., § 738, Rn. 2; Staudinger /Keßler, BGB, 12. Aufl, § 738, Rn. 4; RGRK / von Gamm, BGB, 12.Aufl., § 738, Rn. 3; a.A. Münchner Kommentar / Ulmer, BGB 3. Aufl, § 738 Rn. 12), der sich der Senat anschließt, auch gegen die Gesellschafter persönlich geltend gemacht werden. Der Kläger hatte somit die Wahl zwischen der Gesamtschuld- und der Gesamthandsschuldklage. Da er sich für erstere entschieden hat, kann der Streit, ob Gesellschafter einer BGB-Gesellschaft in Passivprozessen als notwendige Streitgenossen gem. § 62 ZPO in keinem Fall (so RGZ 68, 221, 223; Zöller / Vollkommer, ZPO, 20. Aufl. § 62, Rn. 18) oder nur bei einer echten Gesamthandsschuld, d.h. im Falle, daß eine streitbefangene Verbindlichkeit nur von allen Gesellschaftern gemeinsam erfüllt werden kann, (so Rosenberg / Schwab, Zivilprozeßrecht, 13. Aufl., § 50 II 1 b ; Münchner Kommentar / Schilken, ZPO, § 62, Rn. 32; bejahend für die Bilanzfeststellung in BGH WM 83, 1280) offengelassen in BGH NJW-RR 90, 867) anzusehen sind, dahingestellt bleiben. Bei einer Gesamtschuldklage sind die Gesellschafter in Passivprozessen nach allgemeiner Ansicht stets nur einfache StreitgenossenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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. Dies ergibt sich aus § 425 Abs. 2 BGB, der unterschiedliche Titel gegen Gesamtschuldner zuläßt, und aus § 736 ZPO, wonach für die Vollstreckung gegen Gesamtschuldner kein gleichzeitig erlangter einheitlicher Titel notwendig ist. Randnummer43

Insgesamt betrachtet besteht demnach grundsätzlich ein Abfindungsanspruch und somit ein Auskunftsanspruch des Klägers. Hinsichtlich der Höhe der Abfindung kann erst nach Beendigung des Auskunftsverfahrens eine Entscheidung ergehen. Die Sache ist insoweit nicht entscheidungsreif. Wie bei einem Grundurteil sind insoweit noch weitere Feststellungen unumgänglich. Trotz des Umstandes, daß die Verurteilung zur Auskunft im Rahmen einer Stufenklage anders als ein Grundurteil keine Rechtskraft für den Grund des Zahlungsanspruchs schafft (BGH NJW 69, 880) ist insoweit anerkannt, daß in Fällen der vorliegenden Art ein praktisches Bedürfnis für eine Aufhebung und Zurückverweisung in entsprechender Anwendung des § 538 Abs. 1 Nr. 3 ZPO vorliegt (BGH FamRZ 75, 35, 38; NJW 82, 235, 236; 85, 862; Zöller / Gummer, ZPO, 20. Aufl., § 538, Rn. 21). Randnummer44

Das Verfahren war daher zur weiteren Verhandlung und Entscheidung über die weiteren Klageanträge an das Landgericht zurückzuverweisen. Randnummer45

Dabei hat der Senat auch von einer eigenen Entscheidung über den weiteren, bezifferten Klageantrag abgesehen, da die Sache insoweit dem Kläger bislang keine Möglichkeit zur eventuellen Ergänzung seines Vortrages hierzu gegeben wurde und daher die Sache nicht entscheidungsreif ist. Randnummer46

Ergänzend sei darauf hingewiesen, daß auch nach Auffassung des Senats ein Anspruch auf Erstattung der Kosten der Mitarbeiter des Klägers nicht besteht. Die von ihm und seinen Mitarbeitern geleisteten Dienste stellten sich, worauf bereits das Landgericht verwiesen hat, als sein Beitrag gem. § 706 Abs. 3 BGB dar. Die Auffassung des Klägers, § 7 PV regele den Einsatz externer Ressourcen, ergibt sich aus der Vereinbarung gerade nicht. Wenn die Mitarbeit der B.  Kanzlei als externe Mitarbeit angesehen worden wäre, so hätte es einerseits des Zusatzes „und ihrer Mitarbeiter“ nicht bedurft, und andererseits müßte eine Beauftragung der B.  Kanzlei durch die Gesellschaft zur Erledigung anfallender Arbeiten entsprechend § 8 PV erfolgt sein, um einen Anspruch gem. §§ 611 Abs. 1, 612 Abs. 1 BGB zu begründen. Hierzu ist nichts vorgetragen oder ersichtlich. Zudem ergibt sich aus § 7 PV, daß die Möglichkeit eines Ungleichgewichts den Vertragsparteien bewußt war. Nur für den Fall, daß dieses „auffällig“, d.h. erheblich sein sollte, wurde eine Verpflichtung zur Nachverhandlung statuiert. Der Kläger hatte somit, unterstellt zum Zeitpunkt seines Ausscheidens war bereits ein solches auffälliges Mißverhältnis eingetreten, einen Anspruch auf neuerliche Verhandlung unter Berücksichtigung seines Mehraufwandes, d.h. seines eigenen und dessen seiner Mitarbeiter. Er hatte jedoch keinen Anspruch auf separate Vergütung. Randnummer47Randnummer48

Hinsichtlich des Anspruchs auf Ersatz für das Büromaterial in Höhe von 752, 49 DM ist entscheidend, ob die einzelnen Gegenstände vom Kläger als Inventar in die Sozietät eingebracht worden sind oder erst nach deren Gründung als Betriebsausgabe veranlaßt wurden. Im ersten Fall hätte der Kläger gem. § 4 PV lediglich einen Herausgabe- jedoch keinen Zahlungsanspruch. Im zweiten Fall würden die Kosten sich  gem. § 6 Abs. 1 PV als Betriebsausgabe darstellen und wären somit als unselbständiger Rechnungsposten im Rahmen der Gewinnermittlung zu berücksichtigen. Gleiches kann für die geltend gemachten Fahrtkosten des Klägers gelten. Randnummer49

Die Auffassung des Landgericht hinsichtlich der Rücklage teilt der Senat nicht. Dieser Anspruch ergibt sich grundsätzlich unabhängig vom Abfindungsanspruch  aus § 12 Abs. 7 PV. Das Bestreiten des Beklagten zu 4) dürfte gem. § 138 Abs. 4 ZPO unzulässig sein. Randnummer50

Einer Kostenentscheidung bedurfte es nicht (Zöller / Gummer, ZPO, 20. Aufl., § 538, Rn. 5). Randnummer51

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1 ZPO. Der Auskunftsanspruch stellt als Vorstufe des Leistungsanspruchs eine vermögensrechtliche Streitigkeit i.S.d. § 708 Nr. 10 ZPO dar. Die Abwendungsbefugnis bemißt sich nach dem voraussichtlichen Aufwand an Zeit und Kosten für die Auskunftserteilung (Zöller / Herget, a.a.O, § 709, Rn. 6). Unter Berücksichtigung der für den fraglichen Zeitraum abgeschlossenen Buchführung der Sozietät und des überschaubaren Inhalts der Auskunft ist insoweit nur ein relativ geringer zeitlicher und organisatorischer Aufwand der Beklagten erforderlich, der gem. § 3 ZPO mit 3.000.- DM zu schätzen ist. Randnummer52

Der gem. § 546 Abs. 2 ZPO festzusetzende Wert der Beschwer bemißt sich aufgrund der Zurückverweisung nach dem Hauptsachestreitwert und übersteigt somit 60.000.- DM.

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