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OLG Hamburg, Urteil vom 30.04.1993 – 11 W 13/93

BGB § 259, § 260, GmbHG § 47 Abs. 4

1. Einem Gesellschafter kann gegenüber einem Mitgesellschafter, der eine Beteiligung nur in verdeckter Treuhandschaft hält, ein Anspruch auf Benennung des Hintermannes zustehen. Das kommt namentlich in Betracht, wenn es um die Begründung eines Treuhandverhältnisses geht, sofern die Gesellschaftsbeteiligung nicht frei übertragbar ist; hier ist dann jeweils auch für die Zulassung einer Treuhandschaft die Zustimmung der übrigen Gesellschafter erforderlich.

2. Ein schutzwürdiges Interesse an einer Offenlegung einer Treuhandschaft haben die Mitglieder aber nicht nur in den Fällen einer nachträglichen Schaffung einer Treugeberposition oder bei Auswechslung eines Treugebers. Es entsteht für sie vielmehr bereits bei der Gründung der Gesellschaft, sofern dabei einer der Gesellschafter in verdeckter Treuhandschaft für einen Dritten auftritt. Bei allen diesen Fallkonstellationen ist gleichermaßen ein Informations- und Kontrollinteresse der Gesellschafter im Hinblick darauf anzuerkennen, wer neben ihnen materiell an der Gesellschaft beteiligt sein soll, nicht zuletzt im Hinblick darauf, daß insbesondere ein Stimmrechtsausschluß gem. GmbHG § 47 Abs. 4 für eine treuhänderisch gehaltenen Geschäftsanteil auch bei Umständen eingreift, die allein in der Person des Treugebers vorliegen.

3. Ein Anspruch des Gesellschafters gegen den Mitgesellschafter auf Auskunft über eine etwa mit dem Treugeber vereinbarte Stimmbindung besteht nicht.

4. Ein Anspruch des Gesellschafters auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung über die Richtigkeit und Vollständigkeit erteilter Auskunft besteht allenfalls dann, wenn es sich um Auskünfte handelt, die inhaltlich mit denen vergleichbar sind, die Gegenstand der BGB §§ 259, 260 sind.

Zum Sachverhalt

Die Parteien sind Gesellschafter einer GmbH. Seit der Gründung der Gesellschaft hält die Bekl. ihre Beteiligung in verdeckter Treuhandschaft für einen Dritten. Der Kl. hat die Bekl. auf Auskunft über die Person des Treugebers und über das Bestehen einer Stimmbindung verklagt und zusätzlich verlangt, daß die Bekl. die Richtigkeit und Vollständigkeit ihrer Angaben erforderlichenfalls an Eides Statt zu versichern habe. Nachdem dem Kl. im Laufe des Rechtsstreits die gewünschten Auskünfte erteilt worden waren und die Parteien darauf die Hauptsache für erledigt erklärt haben, streiten sie nunmehr über die Kosten des Rechtsstreits. Das LG hat die Kosten des Rechtsstreits dem Kl. auferlegt. Die sofortige Beschwerde des Kl. hatte teilweise Erfolg.

Aus den Gründen

1. Mit dem Auskunftsanspruch dazu, ob die Bekl. ihren Geschäftsanteil treuhänderischBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Geschäftsanteil
Geschäftsanteil treuhänderisch
hält, hätte der Kl. voraussichtlich Erfolg gehabt, hätte sich der Rechtsstreit nicht erledigt. Einem Gesellschafter kann gegenüber einem Mitgesellschafter, der eine Beteiligung nur in verdeckter Treuhandschaft hält, ein Anspruch auf Benennung des Hintermannes zustehen. Das kommt namentlich in Betracht, wenn es um die Begründung eines Treuhandverhältnisses geht, sofern die Gesellschaftsbeteiligung nicht frei übertragbar ist; hier ist denn jeweils auch für die Zulassung einer Treuhandschaft die Zustimmung der übrigen Gesellschafter erforderlich (vgl. Hachenburg-Zutt, GmbHG, 8. Aufl. (1991), Anh. § 15 Rdnr. 53; Scholz-Winter, GmbHG, 8. Aufl. (1992), § 15 Rdnr. 16; Baumbach-Hueck, GmbHG, 15. Aufl. (1988), § 15 Rdnr. 57; vgl. auch Lutter-Hommelhoff, GmbHG, 13. Aufl. (1991), § 15 Rdnr. 34; Schlegelberger-K. Schmidt, HGB, 5. Aufl. (1986), Vorb. § 335 Rdnrn. 46 f.; Erman-H. P. Westermann, BGB, 8. Aufl. (1989), § 705 Rdnr. 24; Beuthin, ZGR 1974, S. ZGR 1974 Seite 26 (ZGR Jahr 1974 Seite 41, ZGR Jahr 1974 Seite 46 f., 80)). Ein schutzwürdiges Interesse an einer Offenlegung einer Treuhandschaft haben die Mitglieder aber nicht nur in den Fällen einer nachträglichen Schaffung einer Treugeberposition oder bei Auswechslung eines Treugebers. Es entsteht für sie vielmehr bereits bei der Gründung der Gesellschaft, sofern dabei einer der Gesellschafter in verdeckter Treuhandschaft für einen Dritten auftritt. Bei allen diesen Fallkonstellationen ist gleichermaßen ein Informations- und Kontrollinteresse der Gesellschafter im Hinblick darauf anzuerkennen, wer neben ihnen materiell an der Gesellschaft beteiligt sein soll, nicht zuletzt im Hinblick darauf, daß insbesondere ein Stimmrechtsausschluß gem. § GMBHG § 47 GMBHG § 47 Absatz IV GmbHG für einen treuhänderisch gehaltenen Geschäftsanteil auch bei Umständen eingreift, die allein in der Person des Treugebers vorliegen (Nachw. bei Roth-Thöni, in: Festschr. 100 Jahre GmbHG, 1992, S. 245 (272 f.)).

Da hier – wie der Vortrag der Parteien ergibt – die Geschäftsanteile der Gesellschaft nicht frei veräußerlich gestellt sind, kann sich daher auch der Kl. hierauf berufen. Es sprechen hiernach überwiegende Gesichtspunkte dafür, daß sein Auskunftsbegehren sich als begründet herausgestellt hätte, wäre die verlangte Auskunft nicht während des Rechtsstreits erteilt worden.

2. Hingegen kann nicht davon ausgegangen werden, daß der Kl. voraussichtlich auch mit seinem Antrag auf Auskunft über eine etwa zwischen der Bekl. und ihrer Treugeberin vereinbarte Stimmbindung Erfolg gehabt hätte. Dabei handelt es sich um eine interne Angelegenheit, auf deren Offenlegung ein Mitgesellschafter regelmäßig keinen Anspruch hat. Ob das unter besonderen Umständen gleichwohl ausnahmsweise einmal in Betracht kommen mag, bedarf hier keiner Entscheidung. Denn der Klagevortrag rechtfertigt es nicht, dem Kl. unter den hier gegebenen Verhältnissen einen solchen Anspruch zuzuerkennen.

3. Ohne Erfolg wäre die Klage im übrigen voraussichtlich auch insoweit geblieben, als der Kl. weiter die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung über die Richtigkeit und Vollständigkeit der Auskünfte verlangt hat. Nicht für jede Information, die im Rahmen eines Rechtsverhältnisses beansprucht werden kann, kommt entsprechend den §§ BGB § 259 ff. ein Anspruch auf Abgabe einer bestätigenden Versicherung in Betracht. Dies kann im Regelfall auch nicht bei Unterrichtungspflichten angenommen werden, die im gesellschaftsrechtlichen Innenverhältnis bestehen können. Anders kann es nur sein, wenn es sich um Auskünfte handelt, die inhaltlich denen vergleichbar sind, die Gegenstand der §§ BGB § 259,  260 sind, wie z. B. Zusammenstellungen zur Berechnung eines Abfindungsguthabens. Um einen solchen Fall hat es sich bei dem Auskunftsbegehren des Kl. aber nicht gehandelt.

4. Unter den gegebenen Umständen hält der Senat gem. § ZPO § 91a eine Kostenaufhebung für angemessen. In diesem Zusammenhang kann die Bekl. sich nicht mit der Begründung, sie habe die verlangten Auskünfte sogleich nach Klageerhebung erteilt, auf den Rechtsgedanken des § ZPO § 93 ZPO (vgl. dazu Zöller-Vollkommer, ZPO, 17. Aufl. (1991), § 91a Rdnrn. 24 f.) berufen, da sie dem Kl. Anlaß zur Klage gegeben hatte; dies ergibt sich aus dem vorprozessualen Schriftwechsel vom 14., 18. und 30. 9. 1992.

5. Im gleichen Verhältnis wie die erstinstanzlichen Kosten sind auch gem. §§ ZPO § 92 Ab2. 1, 97 Abs. 1 die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu verteilen. Hierbei bestimmt sich der Gegenstandswert der sofortigen Beschwerde nach dem Gesamtbetrag der in erster Instanz entstandenen Kosten.

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Schlagworte: Auskunfts-/Einsichts-/Informations-/Kontrollrechte, Stimmbindung, Treuhand, Treuhandverhältnis