Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Beteiligten wird der Beschluss des Amtsgerichts Schweinfurt vom 23.10.2024, ergangen in der Handelsregistersache HRB …, aufgehoben.
Gründe
I.
Die A-GmbH (im Folgenden: A-GmbH) ist unter der Nummer HRB … im Handelsregister des Amtsgerichts Schweinfurt eingetragen. Mit Anmeldung vom 15.10.2024 nahm die von der Gesellschafterversammlung zur Geschäftsführerin bestellte Beteiligte eine zuvor eingereichte, bislang nicht vollzogene Anmeldung vom 28.12.2023 zurück und meldete zur Eintragung in das HandelsregisterBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Eintragung
Eintragung in das Handelsregister
Handelsregister
an, die Gesellschafterversammlung der A-GmbH habe am 10.10.2024 die Abberufung von Frau als Geschäftsführerin beschlossen und sie zur neuen Geschäftsführerin der A-GmbH bestellt. Das Amtsgericht setzte das Eintragungsverfahren mit dem angegriffenen Beschluss vom 23.10.2024 aus, da es Zweifel an der Wirksamkeit von der Gesellschafterversammlung vorausgegangenen Anteilsübertragungen habe, hinsichtlich derer ein Rechtsstreit am Landgericht Schweinfurt anhängig sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den vorgenannten Beschluss Bezug genommen (Bl. 198 ff.). Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Beteiligten vom 29.10.2024, mit der sie die Aufhebung des Aussetzungsbeschlusses anstrebt (Bl. 203 ff.). Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Bl. 212).
II.
1. Die sofortige Beschwerde der Beteiligten ist nach § 21 Abs. 2 FamFG, § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Beteiligte ist als anmeldende Geschäftsführerin als Antragstellerin im Sinne des § 59 Abs. 2 FamFG anzusehen, ihre Rechtsbeeinträchtigung folgt aus der Anmeldeverpflichtung nach § 39 GmbHG, die das Registergericht durch Zwangsgeld durchsetzen könnte (vgl. BayObLG, Beschluss vom 10. November 1999 – 3Z BR 253/99, juris Rn. 15). Die Beschwerde erzielt auch in der Sache – vorläufigen – Erfolg. Denn aus dem angefochtenen Beschluss des Registergerichts sind die zwingenden Voraussetzungen des § 21 Abs. 1 Satz 1 FamFG nicht ersichtlich.
a) Nach der vorgenannten Vorschrift „kann“ das Registergericht das Verfahren „aus wichtigem Grund aussetzen“, insbesondere wenn die Entscheidung ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen an- hängigen Verfahrens bildet. Die Entscheidung über die Aussetzung des Verfahrens steht somit im pflichtgemäßen Ermessen des Registergerichts („kann“).
Bei dieser Ermessensentscheidung ist insbesondere zu berücksichtigen, ob den Beteiligten die aussetzungsbedingte Verfahrensverzögerung zugemutet werden kann (BGH, Beschluss vom 10. Oktober 2012 – XII ZB 444/11, NJW 2012, 3784 Rn. 19). Ferner hat das Registergericht im Rahmen seines pflichtgemäßen Ermessens die sachlichen Gründe abzuwägen, die für oder gegen die Zurückstellung der Verfügung bis zu einer Entscheidung des Prozessgerichts sprechen. Dass das Registergericht sein Ermessen überhaupt ausgeübt hat und welche Ermessenserwägungen das Registergericht zur Aussetzung des Verfahrens bewogen haben, muss aus der Begründung des Beschlusses ersichtlich sein, denn nur so ist es dem Beschwerdegericht möglich, die Entscheidung des Registergerichts auf Ermessensfehler hin zu überprüfen (OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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, Beschluss vom 10. April 2018 – 31 Wx 72/18, 31 Wx 73/18, 31 Wx 74/18, NZG 2018, 588).
b) Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze hält der angegriffene Beschluss einer rechtlichen Prüfung nicht stand.
aa) Dem angegriffenen Beschluss vom 23.10.2024 lässt sich nicht entnehmen, dass das Registergericht sich der Möglichkeit einer Ermessensentscheidung überhaupt bewusst gewesen ist und Ermessensabwägungen angestellt hat. Die Beschlussgründe befassen sich ausschließlich mit der Prüfungskompetenz des Registergerichts trotz formal ordnungsgemäß eingereichter Gesellschafterliste. Im Übrigen deutet die Formulierung „das Verfahren war … auszusetzen“ darauf hin, dass das Registergericht sich zur Aussetzung verpflichtet erachtet hat.
Erwägungen zur durch die Aussetzung eintretenden Verfahrensverzögerung hat das Registergericht nicht angestellt. Auch zu den von der Beteiligten geltend gemachten Risiken aus § 15 Abs. 1 HGB (vgl. Hübner, NZG 2016, 933, 935) findet sich in dem Beschluss schlichtweg nichts. Ebenso fehlen Ausführungen dazu, ob eigene Ermittlungen des Registergerichts zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts, zu denen das Registergericht grundsätzlich gehalten wäre (vgl. § 26 FamFG), ohne Weiteres oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich wären. In diesem Zusammenhang wäre zu bedenken, dass die zur Anteilsveräußerung genutzte Vollmachtsurkunde aktenkundig und daher möglicherweise lediglich eine Rechtsfrage zu entscheiden ist. Es ist offenkundig, dass das Registergericht – es ist ja ebenfalls „Gericht“ – die Sach- und Rechtslage vorrangig in eigener Zuständigkeit zu prüfen hat. Die in dem angegriffenen Beschluss niedergelegte Auffassung, es obliege der „zuständigen Sachbearbeiterin“ nicht, die „Lage abschließend zu beurteilen“, erscheint daher bedenklich. Jedenfalls aber hätte das Registergericht die bereits erfolgte Prüfung der Sach- und Rechtslage durch die – ebenfalls aktenkundigen – Beschlüsse des Landgerichts Erfurt berücksichtigen müssen. Unbehelflich ist schließlich, dass das Registergericht auf den Beschluss vom 12.03.2024 in der gleichen Registersache Bezug nimmt. Auf dort fehlen jegliche Ermessenserwägunge und lassen die gewählten Formulierungen („ist … auszusetzen“) besorgen, dass das Registergericht sich gebunden gefühlt hat.
2. Das Beschwerdegericht hat keine eigene Ermessensentscheidung zu treffen, sondern allein zu prüfen, ob ein Aussetzungsgrund vorliegt und die Aussetzungsentscheidung auf Verfahrens- und Ermessensfehlern beruht (KG, Beschluss vom 2. September 2010 – 19 WF 132/10, NJW-RR 2011, 220). Daher ist der angefochtene Beschluss aufzuheben. Dies jedenfalls auch deshalb, weil eine Prüfung von Ermessensfehlern anhand der Beschlussgründe nicht möglich ist (OLG MünchenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG München
, a.a.O.).
Sollte das Registergericht nach Nachholung der Ermessensausübung neuerlich die Aussetzung des Vollzugs der Anmeldung vom 15.10.2024 erwägen, wird es insbesondere in rechtlicher Hinsicht auch die Rechtswirkungen des § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbH in den Blick zu nehmen haben (vgl. KG, Beschluss vom 18. März 2019 – 22 W 5/19, GmbHR 2020, 842 Rn. 7 ff.).
III.
Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen. Eine Kostenerstattungsanordnung scheidet aus. Entsprechendes gilt für die Zulassung der Rechtsbeschwerde.
Schlagworte: Verfahrensverzögerung