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KG Berlin, Beschluss vom 20. Juli 2023 – 22 W 30/23

Verkündung Beschlussergebnisse

§ 21 FamFG, § 381 FamFG, § 39 GmbHG 

Die Aussetzung eines Anmeldeverfahrens wegen eines Geschäftsführerwechsels ist nicht allein deshalb gerechtfertigt, weil ein Rechtsstreit wegen des der Anmeldung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis anhängig ist. An dem notwendigen wichtigen Grund zur Aussetzung fehlt es insbesondere dann, wenn das Klageverfahren keine ernsthaften Erfolgsaussichten hat.

Tenor

1.1. Auf die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) vom 21. April 2023 und 26. Mai 2023 wird der Beschluss des Amtsgerichts Charlottenburg vom 14. April 2023 aufgehoben.

Gründe

I.

Die Beteiligte zu 1) – nachfolgend auch: „Gesellschaft“ – ist seit dem Februar 2018 in das Handelsregister des Amtsgerichts Charlottenburg eingetragen. Gesellschafter sind Herr R… A…, der Beteiligte zu 2) – nachfolgend auch: Herr A – mit 80 % der Geschäftsanteile und Herr O… N…, der Beteiligte zu 3) – nachfolgend auch: Herr N – mit 20 % der Geschäftsanteile. Unternehmensgegenstand ist Gastronomie. Seit dem April 2022 ist Herr N als alleiniger Geschäftsführer der Gesellschaft im Handelsregister eingetragen.Randnummer2

Zwischen den Herren A und N, die auch Mitgesellschafter der … GmbH mit Sitz in Berlin sind, bestehen seit ca. August 2022 zunehmende Spannungen.Randnummer3

Auf Verlangen des Herrn A vom 18. Oktober 2022 lud Herr N als Geschäftsführer mit E-Mail vom 7. November 2022 zur einer Gesellschafterversammlung auf den 17. November 2022 ein. Diese Gesellschafterversammlung ließ Herr N mit Schreiben vom 16. November 2022 mit der Begründung absagen, dass er erkrankt sei. Ausweislich des beigefügten ärztlichen Attests litt er an akuten Bauchschmerzen, Durchfall und Erbrechen. Mit Einladungsschreiben vom 21. November 2022 lud Herr N zu einer Gesellschafterversammlung am 7. Dezember 2022 mit identischer Tagesordnung ein, die er mit Schreiben vom 7. Dezember 2022 unter Bezugnahme auf ein ärztliches Attest vom selben Tag absagen ließ. Gemäß diesem Attest war er an diesem Tag aufgrund einer akuten Erkrankung Durchfall und Erbrechen verhandlungsunfähig. MitRandnummer4

Schreiben vom 15. Dezember 2022 lud Herr N zu einer außerordentlichenRandnummer5

Gesellschafterversammlung auf den 23. Dezember 2022 ein, die er mit E-Mail vom 23. Dezember 2022 unter Vorlage eines ärztlichen Attests vom Vortag erneut absagen ließ. Die Diagnosen entsprachen denen der vorherigen Atteste.Randnummer6

Mit dem u. a. an den jetzigen Prozessbevollmächtigten des Herrn N gerichteten Schreiben vom 13. Januar 2023 forderten die Prozessbevollmächtigten des Herrn A den Geschäftsführer N erneut auf, eine außerordentliche Gesellschafterversammlung einzuberufen. Dabei wurde angeboten, die Versammlung und die entsprechenden Beschlussfassungen auch im Wege eines Umlaufverfahrens oder im Wege einer Ton-Bild-Konferenz durchzuführen. Mit Schreiben vom 17.Randnummer7

Januar 2023 wurde Herr N aufgefordert, Einsicht in die Bücher und Schriften der Gesellschaft zu gewähren. Eine Reaktion des Herrn N erfolgte nicht.Randnummer8

Mit Schreiben vom 18. Januar 2023 lud Herr N zur außerordentlichenRandnummer9

Gesellschafterversammlung auf den 27. Januar 2023. Mit E-Mail Schreiben vom 26. Januar 2023 erklärte er, dass er diese Versammlung absetze, weil er aufgrund Erkrankung verhandlungsunfähig sei.Randnummer10

Mit Schreiben vom 1. Februar 2023 lud Herr A unter Bezugnahme auf ein Selbsthilferecht als Gesellschafter zu einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung zum 15. Februar 2023 ein. Mit E-Mail vom 14. Februar 2023 nebst ärztlichem Attest vom gleichen Tag, wonach er u. a. wegen Durchfalls und Bauchschmerzen verhandlungsunfähig erkrankt sei, sagte Herr N seine Teilnahme an dieser Gesellschafterversammlung ab. Zugleich forderte er Herrn A auf, den Termin aufzuheben bzw. auszusetzen und auf einen späteren Termin zu verlegen, um ihm die persönliche Teilnahme zu ermöglichen.Randnummer11

Gemäß dem Protokoll zur Gesellschafterversammlung am 15. Februar 2023 erschien allein Frau Rechtsanwältin S. S…mit Vollmacht für Herrn A und stimmte in dessen Namen dafür, die Versammlungsleitung zu übernehmen. Gemäß dem genannten Protokoll wurde durch die folgenden Beschlussfassungen u. a. Herr N als Geschäftsführer abberufen und Herr A mit sofortiger Wirkung zum alleinvertretungsberechtigten und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiten Geschäftsführer der Gesellschaft bestellt. Frau S…stellte demnach fest, dass sämtliche Beschlüsse mit den Stimmen von Herrn A gefasst wurden.Randnummer12

Gegen die Beschlüsse vom 15. Februar 2023 hat Herr N unter dem 13. März 2023 im Wege der Klageerweiterung des bei dem Landgericht Berlin unter dem GZ. 103 O 9/23 geführten Verfahrens eine Klage anhängig gemacht (im Folgenden: “die Klage“), über die noch nicht entschieden ist. Darin wird unter anderem beantragt, die Beschlüsse vom 15. Februar 2023 für nichtig zu erklären, hilfsweise deren Nichtigkeit festzustellen. Das Landgericht Berlin hat ferner mit Urteil vom 6. April 2023 zum GZ. 95 O 19/23 einen Antrag des Herrn N auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen, mit der dieser begehrt hatte, ihm sämtliche Geschäftsführer- und Vertretungsbefugnisse als alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer zu belassen, bis in der Hauptsache rechtskräftig über die Wirksamkeit der Beschlüsse vom 15. Februar 2023 entschieden sei, sowie es der Gesellschaft zu untersagen, den in der Gesellschafterversammlung vom 15. Februar 2023 gefassten Beschluss, wonach er als Geschäftsführer mit sofortiger Wirkung aus wichtigem Grund abberufen werde, zur Eintragung in das HandelsregisterBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Eintragung
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Handelsregister
anzumelden bez. den Gesellschafterbeschluss registerrechtlich zu vollziehen, bis die Wirksamkeit des betreffenden Beschlusses in der Hauptsache rechtskräftig festgestellt sei. Das Urteil hat dem Senat als Anlage BS1 zur Beschwerdeschrift des Herrn A vom 21. April 2023 vorgelegen.Randnummer13

Mit notariell beglaubigter Anmeldung vom 14. März 2023 meldete Herr A die Abberufung des Herrn N und seine Bestellung als Geschäftsführer der Gesellschaft zum Handelsregister an. Der Anmeldung beigefügt waren eine elektronisch beglaubigte Abschrift des Gesellschafterbeschlusses vom 15. Februar 2023 nebst Abschrift der Einladung vom 1. Februar 2023 und Zustellnachweis.Randnummer14

Mit Beschluss vom 14. April 2023 hat das Amtsgericht das Verfahren hinsichtlich der Anmeldung vom 14. März 2023 „von Amts wegen gemäß § 21 FamFG ausgesetzt“. Zur Begründung hat das Registergericht ausgeführt, die Wirksamkeit der Beschlüsse vom 15. Februar 2023 sei streitig. Auch eine Beschlussfeststellung von Frau Rechtsanwältin S……als Versammlungsleiterin am 15. Februar 2023 dürfte unzulässig sein. Die Wirksamkeit der genannten Beschlüsse könne nicht abschließend und zweifelsfrei durch das Registergericht geklärt werden. Es sei der Ausgang des Klageverfahrens (LG Berlin zum GZ. 103 O 9/23) abzuwarten.Randnummer15

Hiergegen richteten sich die sofortigen Beschwerden des Herrn A vom 21. April 2023 sowie der Gesellschaft vom 26. Mai 2023, datiert ebenfalls auf den 21. April 2023, der der angefochtene Beschluss nicht zugestellt worden ist. Den sofortigen Beschwerden hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 23. Mai 2023 nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die sofortigen Beschwerden, über die gem. § 21 Abs. 2 FamFG i. V. m. § 568 Abs. 1 ZPO der Einzelrichter zu entscheiden hat, sind zulässig und begründet.Randnummer17

1. Die sofortigen Beschwerden sind zulässig.Randnummer18

a) Sie sind statthaft gem. § 21 Abs. 2 FamFG in Verbindung mit § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Die für die Registerverfahren geltende Sonderregel des § 381 FamFG schließt die Rechtsmittelfähigkeit des Aussetzungsbeschlusses nicht aus (vgl. Senat, Beschluss vom 13. Dezember 2016 – 22 W 99/16 –, Rn. 1, juris).Randnummer19

b) Sowohl die Gesellschaft als auch Herr A sind beschwerdebefugt. Die Beschwerdebefugnis der Gesellschaft folgt unmittelbar aus § 59 Abs. 1 FamFG, weil die nach ihrer Ansicht notwendige Eintragung, die ihre gesetzliche VertretungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
gesetzliche Vertretung
Vertretung
betrifft, derzeit nicht vollzogen wird (Senat, Beschluss vom 05. September 2018 – 22 W 53/18 –, Rn. 4, juris; vgl. auch Senat, Beschluss vom 18. März 2019 – 22 W 5/19 –, Rn. 4, juris). Herr A ist jedenfalls in seiner Eigenschaft als Mitgesellschafter der Beteiligten zu 1) hinsichtlich der Löschung des Herrn N als Geschäftsführer sowie seiner Eintragung als (neuer) GmbH-Geschäftsführer beschwerdebefugt i. S. d. § 59 Abs. 1 FamFG (Senat, Beschluss vom 7. Juli 2015 – 22 W 15/15 –, Rn. 31, juris).Randnummer20

c) Auch im Übrigen bestehen keine Bedenken gegen die Zulässigkeit der sofortigen Beschwerden. Sie sind formgerecht eingelegt (vgl. § 569 Abs. 2 Satz 1 ZPO) und wahren die Beschwerdefrist des § 569 Abs.1 Satz 1 ZPO. Für die Gesellschaft hat diese ohnehin noch nicht zu laufen begonnen, da der angefochtene Beschluss der Gesellschaft bislang noch nicht förmlich zugestellt worden ist.Randnummer21

2. Die sofortigen Beschwerden haben auch in der Sache Erfolg, da zwar ein die Aussetzung rechtfertigender wichtiger Grund gem. § 21 Abs. 1 Satz 1 FamFG vorliegt, das Amtsgericht aber im Ergebnis ermessensfehlerhaft das Verfahren ausgesetzt hat.Randnummer22

a) Ein Gericht der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist im Allgemeinen nicht befugt, die Erledigung einer ihm übertragenen Aufgabe überhaupt oder einstweilen zurückzustellen, weil die von ihm zu erlassende Verfügung von der Beurteilung eines Rechtsverhältnisses abhängig ist, über das auch ein anderer Entscheidungsträger entscheiden kann bzw. muss; dies gilt auch für das Registergericht. Das Registergericht hat vielmehr alle auftretenden Rechts- und Tatsachenfragen selbstständig zu klären und zu entscheiden (vgl. nur Müther in: Dutta/Jacoby/Schwab, FamFG, 4. Aufl., § 381 Rn. 3). Ein Verfahren kann aber nach § 21 Abs. 1 FamFG dann ausgesetzt werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Ein solcher wichtiger Grund ist etwa dann gegeben, wenn die Entscheidung von einem streitigen Rechtsverhältnis abhängig ist.Randnummer23

Ein solches streitiges Rechtsverhältnis liegt im Hinblick auf die Frage der Wirksamkeit der Abberufung des Herrn N als Geschäftsführer der Gesellschaft und der Bestellung des Herrn A zum neuen Geschäftsführer durch die Beschlüsse vom 15. Februar 2023 zwar vor, wobei dieses Rechtsverhältnis auch Gegenstand der rechtshängigen Klage vor dem Landgericht Berlin geworden ist.Randnummer24

b) Ob das Verfahren aber auszusetzen ist, ist von Amts wegen zu entscheiden. Die Entscheidung ist nicht zwingend, sondern steht im Ermessen des Gerichts. Eine Aussetzung des Verfahrens kommt indes nur dann in Betracht, wenn besonders triftige, sachliche und im Einzelnen vom Registergericht darzulegende Gründe eine Aussetzung nahelegen.Randnummer25

aa) Dabei sind folgende Gesichtspunkte gegeneinander abzuwägen:Randnummer26

(1) Das Registergericht hat die Pflicht, darüber zu wachen, dass Eintragungen im Handelsregister den gesetzlichen Erfordernissen und der tatsächlichen Rechtslage entsprechen. Falsche Registereintragungen sind zu vermeiden (vgl. Kammergericht, Beschluss vom 03. März 2014 – 12 W 73/13 –, Rn. 18, juris; OLG München, Beschluss vom 18. August 2011 – 31 Wx 300/11 –, Rn. 10, juris). Dabei ist das Registergericht aber nicht verpflichtet, verwickelte Rechtsverhältnisse oder zweifelhafte Rechtsfragen zu klären (BGH, Beschluss vom 21. Juni 2011 – II ZB 15/10 –, Rn. 10).Randnummer27

(2) Bei Verfügungen, die keinen Aufschub dulden, soll das Registergericht das Verfahren nur aussetzen dürfen, wenn eine Entscheidung entweder nicht ohne schwierige, zeitraubende und umfangreiche Ermittlungen getroffen werden kann oder sie von zweifelhaften, in Rechtsprechung und Rechtslehre unterschiedlich beantworteten Rechtsfragen abhängt (Heinemann in: Keidel, FamFG, 20. Aufl., § 381 Rn. 10; Krafka, Registerrecht, 11. Aufl., Rn. 170a). Ein generelles Aussetzungsverbot bei Eilbedürftigkeit ist aber nicht anzuerkennen (Heinemann aaO.; sowie Krafka, aaO.). Dies gilt insbesondere auch dann, wenn Gegenstand der Anmeldung der Wechsel der alleinigen gesetzlichen Vertreter einer Handelsgesellschaft ist (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 28. April 2016 – 11 W 31/16 –, Rn. 7, juris; OLG München, Beschluss vom 18. August 2011 – 31 Wx 300/11 –, Rn. 8, juris).Randnummer28

(3) Ist eine Klage gegen einen Beschluss der Gesellschafterversammlung erhoben, der Grundlage der beantragten Eintragung ist, ist die Entscheidung über die Aussetzung des Verfahrens unter anderem davon abhängig, mit welcher Wahrscheinlichkeit der Ausgang des Prozesses prognostiziert werden kann. So soll eine Aussetzung regelmäßig ausscheiden, wenn die Erfolgsaussichten der Klage „denkbar gering“ seien (vgl. etwa Müther in: Dutta/Jacoby/Schwab, FamFG, 4. Aufl., § 381 Rn. 6) oder die Klage „keine ernsthaften Erfolgsaussichten“ habe (Heinemann in: Keidel, FamFG, 20. Aufl., § 381 Rn. 10) oder die Klage „zweifelsfrei aussichtslos“ sei (so BGH, Beschluss vom 02. Juli 1990 – II ZB 1/90 –, Rn. 23, juris).Randnummer29

bb) Gemessen an diesen Maßstäben ist die angefochtene Aussetzung des Anmeldeverfahrens nach derzeitigem Sachstand im Ergebnis nicht zu rechtfertigen.Randnummer30

(1) Zum einen trägt die Begründung der angefochtenen Entscheidung vom 14. April 2023 sowie des Nichtabhilfebeschlusses vom 23. Mai 2023 die Aussetzungsentscheidung nicht.Randnummer31

Das Amtsgericht ist ausweislich der gewählten Formulierungen „Es kann insgesamt weder der Vollzug der Anmeldung noch die Zurückweisung derselben erfolgen. Das Registergericht kann in diesem Falle ausschließlich nach §§ 21, 381 FamFG verfahren“ (Beschluss vom 14. April 2023) und „Für eine solche materiell-rechtliche Prüfung hat das Registergericht nicht die Kompetenz, da es einem streitigen Verfahren in seiner Entscheidung nicht vorgreifen soll“ (Nichtabhilfebeschluss vom 23. Mai 2023) wohl von einem gebundenen Ermessen ausgegangen. Obwohl das Registergericht zunächst in seinem ausführlichen Aussetzungsbeschluss alle tatsächlich und rechtlich maßgeblichen Aspekte der in die Ermessensentscheidung einzustellenden Erwägungen aufführt, wird doch die auf den Einzelfall zu beziehende Abwägungsentscheidung nicht hinreichend deutlich.Randnummer32

(2) Die rechtshängige Klage hat ferner nach derzeitigem Sachstand keine ernsthaften Erfolgsaussichten.Randnummer33

(a) Herr A war berechtigt, die außerordentliche Gesellschafterversammlung zum 15. Februar 2023 selbst einzuberufen. Das Bestehen des Selbsthilferechts des Herrn A gemäß § 50 Abs. 3 GmbHG haben sowohl das Amtsgericht als auch das Landgericht Berlin im einstweiligen Verfügungsverfahren zum GZ. 95 O 19/23 mit überzeugender Begründung angenommen. Nachdem Herr N als Geschäftsführer (und Minderheitsgesellschafter) am 26. Januar 2023 auf das wiederholte Verlangen des Herrn A zum wiederholten Male eine außerordentliche Gesellschafterversammlung am Vortag aus bekannten wiederkehrenden gesundheitlichen Gründen abgesagt und bis zum 1. Februar 2023 keinen neuen Termin bestimmt hatte, kam Herrn A das Recht zu, die verlangte Gesellschafterversammlung als (Mehrheits-) Gesellschafter selbst einzuberufen.Randnummer34

(b) Herr N ist zu der Versammlung mit Schreiben vom 1. Februar 2023 form- und fristgerecht geladen worden (§ 51 Abs. 1 GmbHG).Randnummer35

(c) Herr N hatte auch keinen Anspruch darauf, dass die von Herrn A auf den 15. Februar 2023 einberufene Gesellschafterversammlung wegen seiner attestierten Verhandlungsunfähigkeit erneut verlegt wird. Mit überzeugender Begründung hat das Landgericht in dem einstweiligen Verfügungsverfahren dargelegt, dass Herr N aus der ihm obliegenden gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht verpflichtet war, eine Vertretung in der Gesellschafterversammlung sicherzustellen oder eine solche Versammlung in Bild-Ton-Konferenz wahrzunehmen, nachdem er bereits viermal eine auf Verlangen des Herrn N einberufene Gesellschafterversammlung kurzfristig aufgrund der gleichen Symptome abgesagt hatte. Dabei erfordert die Behandlung der Frage etwaiger gegenseitiger Treuepflichten der Mitgesellschafter (in ihren jeweiligen Positionen) nach derzeitiger Sachlage auch keine schwierigen, zeitraubenden und umfangreichen Ermittlungen. Der Überzeugungsbildung der 95. Kammer des Landgerichts Berlin im Urteil im einstweilen Verfügungsverfahren vom 6. April 2023 ist weiterhin zuzustimmen. Auch im Klageverfahren vor der 103. Kammer des Landgerichts Berlin sind neue Tatsachen nicht eingeführt worden. Die dort auszugsweise vorliegenden Chatverläufe zwischen den Herren A und N lassen auch nach hiesiger Einschätzung nicht erkennen, dass sich Herr N von Herrn A einschüchtern ließe.Randnummer36

(d) Auf die Beschlussfeststellungskompetenz der Frau Rechtsanwältin S…x kommt es schließlich für die Wirksamkeit der Beschlüsse vom 15. Februar 2023 nicht an. Bei der GmbH ist die förmliche Feststellung und die Verkündung des BeschlussergebnissesBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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für die Beschlusswirksamkeit nicht erforderlich (Zöllner/Noack in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 22. Aufl., Anh. § 47, Rn. 19). Die Entscheidung des Senats vom 12. Oktober 2015 (22 W 74/15) betrifft eine andere Konstellation, in der der Versammlungsleiter feststellte, dass die Stimmabgabe für einen Mitgesellschafter unwirksam und die erforderliche Mehrheit für den dort fraglichen Beschluss erreicht sei. In der hiesigen Gesellschafterversammlung vom 15. Februar 2023 aber stimmte die Vertreterin des Mehrheitsgesellschafters mit einem Stimmgewicht von 80% der Stimmanteile für die aufgerufenen Beschlussanträge. An der Wirksamkeit der Beschlüsse vom 15. Februar 2022 können insoweit keine Zweifel bestehen.Randnummer37

(3) Vor dem Hintergrund des zuvor Gesagten bedarf auch die Frage, ob das Beschwerdegericht die Ermessensentscheidung des Registergerichts lediglich auf Fehler zu prüfen hat oder das Ermessen im Beschwerdeverfahren vom Beschwerdegericht selbständig auszuüben ist, keiner Erörterung (vgl. zu letzterer Ansicht Müther in: Dutta/Jacoby/Schwab, FamFG, 4. Aufl., § 381, Rn. 6).

III.Randnummer38

1. Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen, da sich die Verpflichtung zur Tragung der Gerichtskosten aus dem Gesetz ergibt (vgl. Nr. 19116 KV-GNotKG). Eine Kostenerstattung kommt nicht in Betracht.Randnummer39

2. Eine Zulassung der Rechtsbeschwerde durch den originären Einzelrichter kommt nicht in Betracht. Wie sich aus § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO i. V. m. § 574 Abs. 3 und Abs. 2 ZPO ergibt, müsste die Sache zuvor dem Senat zur Entscheidung übertragen werden. Indes fehlt es an den Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die Entscheidung beruht vielmehr auf den besonderen Umständen des vorliegend zu beurteilenden Sachverhalts. Auf die Frage, welche Befugnisse einem ad hoc bestellten Versammlungsleiter in der Gesellschafterversammlung zukommen, kommt es – wie aufgezeigt – nicht an. Auch eine Änderung der Senatsrechtsprechung ist mit dieser Entscheidung nicht verbunden.

Schlagworte: Förmliche Beschlussfeststellung, gegenüber Abwesenden, gegenüber Anwesenden, Objektiv rechtlich zutreffendes Beschlussergebnis bei fehlender Beschlussfeststellung, Verkündung des Beschlussergebnisses