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OLG München, Urteil vom 23. Februar 1994 – 7 U 5904/93         

vorsätzliche Falschinformation

§ 626 Abs 1 BGB, § 51a GmbHG

1. Ein GmbH-Geschäftsführer ist verpflichtet, Fragen des Alleingesellschafters nach dem Stand einzelner Geschäfte wahrheitsgemäß zu beantworten und dabei alle entscheidenden Gesichtspunkte offenzulegen.

Dazu gehört es auch, den (für die Gesellschaft negativen) Standpunkt eines Vertragspartners wahrheitsgemäß mitzuteilen.

2. In einer vorsätzlich falschen bzw unvollständigen Information liegt eine so grobe Vertrauensverletzung, daß deshalb die fristlose Kündigung des GmbH-Geschäftsführervertrage gerechtfertigt ist.

Gründe

(Übernommen aus BayObLGR) Randnummer2

… 2. Für die fristlose Kündigung lag ein wichtiger Grund vor, da der Beklagten unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der Parteien die Fortsetzung des Dienstvertrages bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist nicht zumutbar war, § 626 I BGB. Randnummer3

Ein wichtiger Grund zur Kündigung liegt in dem Verhalten des Klägers am 25.9.1992, auch wenn man von der vom Kläger zuletzt gegebenen Schilderung der damaligen Vorfälle ausgeht. Vom Vorstandsvorsitzenden der Alleingesellschafterin ausdrücklich nach Rückkaufsverpflichtungen des Lieferanten hinsichtlich der C.-Flotte befragt, will der Kläger danach nur gesagt haben, daß eine Rückkaufsvereinbarung mündlich zugesagt gewesen sei und daß die Gespräche mit M. weitergingen. Der Kläger hat damit einen ganz entscheidenden Gesichtspunkt verschwiegen, nämlich die Tatsache, daß durch die Verkaufsniederlassung in K. von M. ihm ggü. erst am Vortage erklärt worden ist, daß diese keinerlei Rückkaufsverpflichtung anerkennen würde. Unabhängig davon, was zwischen der Beklagten und M. möglicherweise früher mündlich vereinbart worden ist, war damit die Beklagte im Streitfall, da ja ein Rückkaufsrecht nicht urkundlich belegbar war, zumindest beweismäßig in einer nicht günstigen Lage. Zu einer hinreichenden Information der Alleingesellschafterin gem. § 51 a I GmbHG hätte daher auch der Hinweis auf die eindeutige Haltung von M. gehört. Randnummer4

Bei der Abwägung, ob der Beklagten im konkreten Fall es noch zumutbar gewesen wäre, das Dienstverhältnis bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist fortzusetzen, stellt der Senat entscheidend auf folgende Gesichtspunkte ab: Randnummer5

Die Gesellschafterin der Beklagten hatte zum Zeitpunkt der mangelhaften Auskunft durch den Kläger ein großes und naheliegendes Interesse an einer Klärung der Frage, inwieweit für die verleasten Fahrzeuge eine Rückkaufsverpflichtung des Herstellers vorlag. Diese war spätestens seit der von den Parteien übereinstimmend geschilderten, für die Beklagte negativen Entwicklung des Marktes für entsprechende Gebrauchtfahrzeuge erkennbar von großer Bedeutung, da es sich um vermietete Fahrzeuge mit kalkulierten Restwerten in Millionenhöhe handelte, es also denkbar war, daß entsprechend hohe Schäden der Beklagten entstehen könnten. Die Bedeutung dieser Frage für die Beklagte war dem Kläger auch bekannt, wie etwa seine Verhandlungen am Vortag mit M. gezeigt haben. Sie wurde ihm durch die ausdrückliche Frage des Vorstandsvorsitzenden der Alleingesellschafterin der Beklagten nochmals nachdrücklich vor Augen geführt. Randnummer6

Bei seinem Verhalten hat der Kläger auch in Kenntnis aller Umstände, mithin vorsätzlich, gehandelt. Randnummer7

Seitens der Gesellschafterin der Beklagten war dem Kläger als Geschäftsführer eine besondere Vertrauensstellung eingeräumt worden, da seine Befugnisse kraft Gesetzes weit über die jedes – auch leitenden – Angestellten hinausgingen. So hatte der Kläger als Organ der Beklagten eine über § 35 II GmbHG hinaus nach außen nicht beschränkbare Vertretungsmacht, die Geschäfte jedweder Art und jeglicher Höhe ermöglicht hätte, § 37 II GmbHG. Das Risiko, ob der Kläger von seinen Befugnissen bezüglich Geschäftsführung und Vertretung sachgerechten Gebrauch macht, trug allein die Gesellschafterin der Beklagten, von welcher das Kapital aufgebracht werden mußte, mit dem der Kläger als Geschäftsführer der Beklagten wirtschaften konnte. Randnummer8

Angesichts dieser Sachlage mußte sich die Gesellschafterin der Beklagten unbedingt darauf verlassen können, daß sie vom Kläger als dem Geschäftsführer der Beklagten über Geschäftsvorfälle mit möglicherweise erheblichen negativen wirtschaftlichen Auswirkungen vollständig und sachlich richtig informiert wird, erst recht dann, wenn sie ausdrücklich danach fragt. In der vorsätzlichen Falschinformation des Klägers liegt damit eine so grobe Vertrauensverletzung, daß die Beklagte begründeten Anlaß hatte, sich auf die Loyalität des Klägers nicht mehr zu verlassen und deshalb seine Dienste bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist, also bis zum 31.3.1993, mithin noch mehr als fünf Monate, nicht mehr in Anspruch zu nehmen oder auch bloß zu entgelten. Angesichts der Schwere der Verfehlung reichte auch ein einmalige Vorfall aus, der nicht vorher etwa hätte abgemahnt werden müssen. Randnummer9

Das Interesse des Klägers, den Vertrag bis zur Wirksamkeit der von ihm selbst erklärten Kündigung fortzusetzen, mußte demgegenüber auch in Anbetracht der Tatsache, daß er bis dahin mehr als drei Jahre lang beanstandungsfrei als Geschäftsführer tätig gewesen war, zurücktreten. …

Schlagworte: Anstellungsvertrag, Aufklärungspflichtverletzung, Auskunftsverweigerung, Außerordentliche Kündigung des Anstellungsvertrages, Beendigung des Anstellungsvertrages, Beendigung des Anstellungsvertrags aus wichtigem Grund, grobe Pflichtverletzung, Haftung wegen Verletzung der Sorgfaltspflicht gemäß § 43 Abs. 1 GmbHG, Klage der Geschäftsführer gegen Kündigung des Anstellungsvertrages, Kündigung des Anstellungsvertrags aus wichtigem Grund, Vertrauensbruch, vorsätzliche Falschinformation, zerstörte Vertrauensgrundlage, Zerstörung der Vertrauensgrundlage, Zerstörung des Vertrauensverhältnisses