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OLG Naumburg, Urteil vom 24.03.2022 – 2 U 143/21 

Wettbewerbsverbot

§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB

Ein aus einer Zwei-Personen-GmbH ausgeschiedener Mitgesellschafter verstößt gegen seine nachwirkende mitgliedschaftliche Treuepflicht, wenn er die Projektleitung für eine Softwareentwicklung in agiler Arbeitsweise, welche er für eine Kundin der GmbH innehatte, in seinem neuen beruflichen Wirkungskreis ohne Zustimmung der Gesellschaft fortsetzt.

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das am 29. Juli 2021 verkündete Urteil des Einzelrichters der 11. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 13.513,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 10. Juli 2018 zu zahlen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen hat der Beklagte zu tragen.

III. Das Urteil des Senats ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Gründe

A.

Die Klägerin begehrt vom Beklagten Schadensersatz wegen Nutzung von Firmendaten für eigene gewerbliche Zwecke nach dem Ende seiner Tätigkeit für die Klägerin.Randnummer2

Die Klägerin ist ein Software-Unternehmen.Randnummer3

Der Beklagte war einerseits Mitgesellschafter mit einem Geschäftsanteil von 49%.Randnummer4

Er arbeitete andererseits im Unternehmen auf der Grundlage eines sog. „Arbeitsvertrages“ als „Senior Consultant“ im Bereich der Projektleitung, insbesondere für Projekte der kundenspezifischen Softwareentwicklung (vgl. § 2 Nr. 1 AV), welches der Senat in zwei parallelen Rechtsstreitigkeiten rechtlich als Dienstverhältnis qualifiziert hat. Im Rahmen dieses Vertragsverhältnisses unterlag er spezifischen Verschwiegenheitspflichten (vgl. § 9 AV). Für Ansprüche aus diesem Vertrag galt eine sog. Verfallklausel (vgl. § 11 AV). Das Dienstverhältnis wurde durch den Aufhebungsvertrag vom 18./21.01.2016 zum 31.01.2016 beendet; der Aufhebungsvertrag enthielt in § 3 eine nachlaufende, inhaltlich an § 9 AV anknüpfende Verschwiegenheitspflicht.Randnummer5

Schließlich wirkte der Beklagte ohne einen gesonderten Anstellungsvertrag auch im Rahmen der Geschäftsführung mit – er war alleinvertretungsberechtigter Prokurist, aber seine Stellung in der Gesellschaft ist, wie der Senat in einer parallelen Rechtssache ausgeführt hat, nicht diejenige eines sog. faktischen Geschäftsführers. Insoweit unterzeichnete er jeweils am 04.11.2012 zwei Erklärungen über die Bedingungen der Nutzung des E-Mail-Accounts der Klägerin und der Nutzung des Zugriffs auf interne Daten und Systeme der Klägerin (vgl. Anlage K 7).Randnummer6

Während seines Dienstverhältnisses bei der Klägerin war der Beklagte u.a. auch Projektleiter für eine Softwareentwicklung für die Fa. C. GmbH (künftig: Kundin). Hierüber hatten die Klägerin und die Kundin im Sommer 2015 einen (undatierten) Werkvertrag für eine agile Entwicklung von Software nach Kundenanforderungen (Anlage K 2) geschlossen. Für die Vertragsabwicklung richtete der Beklagte unter Nutzung eines Abonnements („subscription“) der Klägerin u.a. für die Kundin einen Account in einer cloudbasierten Anwendung („A.“) ein, in welchem die Arbeitsergebnisse hinterlegt wurden.Randnummer7

Jedenfalls nach dem Ausscheiden des Beklagten bei der Klägerin am 31.01.2016 wurde die bereits am 26.11.2015 von der Lebensgefährtin des Beklagten, St. W., gegründete D. UG (haftungsbeschränkt) (künftig: D. UG) für die Kundin tätig. Der Beklagte führte für die D. UG die bei der Klägerin begonnene Softwareentwicklung fort und nutzte hierfür den Account der Kundin bei der vorgenannten cloudbasierten Anwendung. Die D. UG erteilte der Kundin am 18.05.2016 eine Rechnung für ihre Leistungen in Höhe der ursprünglich zwischen der Klägerin und der Kundin vereinbarten Pauschalvergütung, welche die Kundin beglich. Der Beklagte war nach eigenen Angaben zunächst Angestellter der D. UG und wurde im Jahre 2018 im Rahmen der Umwandlung in eine GmbH Mitgesellschafter mit einem Geschäftsanteil von 50%.Randnummer8

Wie der Kontakt zwischen der Kundin und der D. UG zustande kam, ist zwischen den Prozessparteien streitig. Die Klägerin hat behauptet, dass der Beklagte ihren geschäftlichen Kontakt zur Kundin „an sich gerissen“ bzw. von der Klägerin an die D. UG „umgeleitet“ habe. Der Beklagte hat dies bestritten und dagegen behauptet, dass die Kundin von sich aus die D. UG kontaktiert und mit der Fortführung der Entwicklungsleistungen beauftragt habe.Randnummer9

Spätestens durch eine Information des Betreibers der cloudbasierten Anwendung vom 07.06.2016 erhielt die Klägerin Kenntnis von diesem Vorgang. Sie wandte sich mit Schreiben vom 20.07.2016 und vom 12.08.2016 an die Kundin mit der Bitte um ordnungsgemäße Beendigung des Vertragsverhältnisses – durch Ausspruch einer Kündigung – und um Klärung, dass etwaige Gewährleistungsansprüche ausschließlich gegen die D. UG gerichtet würden. Dies bestätigte die Kundin mit E-Mail vom 19.08.2016.Randnummer10

Die Klägerin forderte den Beklagten mit Schriftsatz vom 29.06.2018 (vgl. Anlage K 9) erstmals zur Zahlung von 13.513,00 € als Schadensersatz wegen eines umgeleiteten Umsatzgeschäfts mit der Kundin binnen zehn Tagen auf.Randnummer11

Mit einem am 05.11.2019 beim Amtsgericht Hamburg-Altona eingereichten Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids gegen den Beklagten hat die Klägerin den vorgenannten Betrag gerichtlich geltend gemacht.Randnummer12

Das Landgericht hat die Klage mit seinem am 29.07.2021 verkündeten Urteil als unbegründet abgewiesen und seine Entscheidung im Wesentlichen darauf gestützt, dass der Anspruch weder aus dem sog. Arbeitsvertrag abzuleiten sei, weil hierin keine nachvertragliche Treuepflicht begründet worden sei, noch aus den Verpflichtungserklärungen des Beklagten vom 04.11.2012, weil der geltend gemachte Schaden in Gestalt eines Minderumsatzes nicht zwingend auf die Nutzung technischer Einrichtungen der Klägerin durch den Beklagten zurückzuführen sei, noch aus der Gesellschafterstellung des Beklagten, weil ein generelles Wettbewerbsverbot nicht begründet sei und eine gezielte Abwerbung von der Klägerin nicht hinreichend substantiiert dargelegt worden sei.Randnummer13

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung.Randnummer14

Der Senat hat am 16.03.2022 mündlich verhandelt; wegen der Einzelheiten, auch wegen der wechselseitig gestellten Anträge, wird auf den Inhalt des Sitzungsprotokolls Bezug genommen.

B.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgemäß eingelegt und begründet worden. Sie hat auch in der Sache Erfolg.Randnummer16

I. Das Landgericht hat zu Unrecht einen Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten auf Schadensersatz dem Grund nach verneint. Zwar führen die vom Landgericht geprüften rechtlichen Anspruchsgrundlagen nicht zu einem solchen Anspruch, der Beklagte haftet der Klägerin jedoch wegen der Verletzung der mitgliedschaftlichen Treuepflicht.Randnummer17

1. Eine Haftung des Beklagten wegen der Verletzung von Pflichten aus dem sog. „Arbeitsvertrag“ ist ungeachtet der inhaltlichen Reichweite der in § 9 getroffenen vertraglichen Abreden schon deswegen ausgeschlossen, weil sämtliche in Betracht kommenden Ersatzansprüche von der Verfallklausel des § 11 Nr. 2 AV erfasst werden. Die Klägerin erhob Ansprüche gegen den Beklagten mit ihrem Schriftsatz vom 29.06.2018 und setzte dem Beklagten für die Zahlung eine Frist von zehn Kalendertagen. Trotz des erfolglosen Verstreichens dieser Zahlungsfrist brachte sie die Ansprüche nicht – wie als Ausschlussfrist vereinbart – binnen der nächsten drei Monaten vor, sondern machte sie erst mehr als ein Jahr später anhängig.Randnummer18

2. Der Senat folgt dem Landgericht darin, dass eine Haftung des Beklagten wegen der Verletzung organschaftlicher Treuepflichten nicht begründet ist, denn der Beklagte war kein Geschäftsführer der Klägerin, sondern bewusst nur deren Prokurist, so dass die aus § 43 Abs. 1 GmbHG abgeleitete Treuepflicht für ihn nicht einschlägig ist. Insoweit nimmt der Senat auf seinen Hinweis im Parallelverfahren 2 U 86/21 Bezug.Randnummer19

3. Dem Grunde nach gerechtfertigt ist jedoch ein Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten wegen der mindestens fahrlässigen Verletzung mitgliedschaftlicher Treuepflichten durch den Beklagten als ausgeschiedenen Gesellschafter der Klägerin nach der sog. Geschäftschancenlehre.Randnummer20

a) Dabei geht der Senat von folgenden rechtlichen Erwägungen aus:Randnummer21

aa) Im Gesellschaftsrecht ist eine mitgliedschaftliche Treuepflicht als eine Hauptverpflichtung eines Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft allgemein anerkannt (sog. vertikale Treuepflicht, vgl. nur Bayer in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 20. Aufl. 2020, § 14 Rn. 29 f. m.w.N.; Sprau in: Grüneberg, BGB, 81. Aufl. 2022, § 705 Rn. 27 m.w.N.). Diese Treuepflicht knüpft dogmatisch daran an, dass ein Gesellschafter während seiner Mitgliedschaft in der Gesellschaft auch ohne ausdrückliche gesellschaftsvertragliche Regelung deren Belangen Vorrang einzuräumen hat.Randnummer22

bb) Die Treuepflicht dauert zwar grundsätzlich nur bis zum Ausscheiden des Gesellschafters, jedoch kommen darüber hinaus auch noch nachwirkende Treue-, insbesondere Unterlassungs- und Loyalitätspflichten in Betracht (vgl. Sprau, a.a.O., § 738 Rn. 2). Insbesondere darf der Gesellschafter nicht konkrete Geschäftschancen der GmbH auf sich selbst oder auf Dritte, an denen er beteiligt ist, umleiten (vgl. BGH, Urteil v. 08.05.1989, II ZR 229/88, WM 1989, 1216, in juris Rz. 9 m.w.N.; Bayer, a.a.O., § 14 Rn. 35).Randnummer23

cc) Die Treuepflicht im Bereich der konkreten Geschäftschancen ist von einem Wettbewerbsverbot abzugrenzen; es handelt sich um nebeneinanderstehende Institute bzw. zwei eigenständige Ausprägungen der Treuepflicht (vgl. Steck GmbHR 2005, 1157, 1158). Während das – regelmäßig vertraglich zu vereinbarende – Wettbewerbsverbot sämtliche Geschäftschancen im Tätigkeitsfeld der GmbH umfasst und ohne eine finanzielle Ausgleichsregelung grundsätzlich nur bis zum wirksamen Austritt aus der Gesellschaft gilt (vgl. auch BGH, Urteil v. 30.11.2009, II ZR 208/08, WM 2010, 317), handelt es sich bei der aus der sog. Geschäftschancenlehre resultierenden, aus §§ 705 und 242 BGB abgeleiteten Pflicht um die Unterlassung der Wahrnehmung einer geschäftlichen Chance, die bereits in bestimmter Art und Weise „konkretisiert“ der GmbH zuzurechnen ist (vgl. BGH, Urteil v. 08.05.1989, II ZR 229/88, WM 1989, 1216; BGH, Urteil v. 04.12.2012, II ZR 159/10, WM 2013, 320, in juris Rz. ; OLG Stuttgart, Urteil v. 21.03.2019, 14 U 26/16, GmbHR 2019, 779, in juris Rz. 74 ff.).Randnummer24

b) Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt.Randnummer25

aa) Eine sog. subjektive Geschäftschance lag hier darin, dass die Klägerin mit der Kundin bereits wirksam einen Vertrag über die Durchführung des Geschäfts geschlossen hatte (vgl. auch Fleischer WM 2003, 1045, 1055 m.w.N.). Die Kundin war durch einen mit Ausschließlichkeitswirkung versehenen Vertrag an die Klägerin gebunden, die von ihr benötigte Softwarelösung von dieser entwickeln zu lassen und zum Zwecke einer Softwareentwicklung in agiler Arbeitsweise an deren Tätigkeit aktiv mitzuwirken.Randnummer26

bb) Der Bewertung dieser Vertragsbeziehung als konkrete Geschäftschance steht nicht entgegen, dass das Anstellungsverhältnis des Beklagten bei der Klägerin als deren Projektleiter der Softwareentwicklung zum 31.01.2016 endete, denn der Vertrag sah eine personengebundene Leistungserbringung nicht vor.Randnummer27

cc) Die Geschäftsbeziehung umfasste eine konkrete Umsatzerwartung der Klägerin, wie sich aus dem Vertrag zwischen der Klägerin und der Kundin selbst ergibt.Randnummer28

c) Der Beklagte verletzte seine mitgliedschaftliche Treue- und Loyalitätspflicht selbst dann, wenn der Senat den diesbezüglichen Vortrag der Beklagten als wahr unterstellt.Randnummer29

aa) Denn selbst dann, wenn die Kundin ab Februar 2016 – nach dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses des Beklagten bei der Klägerin – an den Beklagten als federführenden Mitarbeiter der D. UG herangetreten und diesen um Fortführung der bereits bei der Klägerin begonnenen Softwareentwicklung für seinen neuen Arbeitgeber ersucht hätte, hätte es dem Beklagten zumindest oblegen, einerseits die Kundin über seine Loyalitätsverpflichtung gegenüber der Klägerin zu informieren und andererseits vor allem die Klägerin unverzüglich hierüber zu informieren und ihr den Vorrang bei der Abwicklung dieses konkreten Geschäfts einzuräumen. Ob die Klägerin ihrerseits in der Lage und insbesondere personell ausreichend leistungsfähig gewesen wäre, den Auftrag abzuwickeln, war jedenfalls nicht vom Beklagten zu beurteilen, sondern primär von der Klägerin und u.U. von der Kundin.Randnummer30

bb) Die Pflichtverletzung ist nicht etwa dadurch entfallen, dass das Verhalten der Klägerin nach der Kenntniserlangung von der – aus ihrer Sicht als „Umleitung“ des Geschäfts empfundenen – Abwicklung des Entwicklungsauftrags durch die D. UG als ein konkludentes Einverständnis der Klägerin umzudeuten wäre. Die Klägerin kommunizierte zunächst ausschließlich mit der Kundin. Im Rechtsverhältnis zwischen der Klägerin und der Kundin kam es vordergründig auf die Klärung der von der Klägerin gestellten Fragen an, einerseits, ob eine weitere Vorhaltung von Kapazitäten für diesen Entwicklungsauftrag erforderlich sei oder der Auftrag entzogen werde, und andererseits, ob der neue Auftragnehmer angesichts der Übernahme des Entwicklungsauftrags auch die Gewährleistungspflichten vollständig übernehme. Fragen einer Treuepflichtverletzung des Beklagten gegenüber der Klägerin waren in diesem Vertragsverhältnis nicht zu erörtern. Da der Kundin als Bestellerin ein jederzeitiges freies Kündigungsrecht zustand und der Klägerin ohne eine Mitwirkung der Kundin eine Softwareentwicklung in agiler Arbeitsweise nicht möglich gewesen wäre, wäre ein Insistieren auf Vertragserfüllung nicht zielführend gewesen. Dies war von der Klägerin dann auch nicht unter dem Gesichtspunkt zu erwarten, den Anschein eines Einverständnisses zu vermeiden. Im Verhältnis zum Beklagten nahm die Klägerin keine Äußerung vor, welche auf eine Billigung von dessen Verhalten hindeutete.Randnummer31

d) Das pflichtwidrige Verhalten des Beklagten war auch ursächlich für den Verlust der Geschäftschance bei der Klägerin. Der Senat hat keine Zweifel daran, dass die D. UG den Entwicklungsauftrag nicht übernommen hätte, wenn der Beklagte seine Mitarbeit an der Softwareentwicklung für diese Kundin wegen fortbestehender mitgliedschaftlicher Treuepflichten gegenüber der Klägerin verweigert hätte. Für diesen Fall hätte die Klägerin ihre Chance auf Realisierung der mit der Kundin vertraglich vereinbarten Vergütung behalten.Randnummer32

e) Die Schuldhaftigkeit des Verhaltens des Beklagten ist indiziert, eine nach § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB vom Beklagten darzulegende Rechtfertigung ist nicht ersichtlich.Randnummer33

II. Die Klageforderung ist auch in der Höhe begründet.Randnummer34

1. Dem Anspruch steht der Umstand nicht entgegen, dass die Kundin gegenüber der Klägerin im August 2016 die Kündigung des Vertragsverhältnisses erklärte. Denn zu diesem Zeitpunkt hatte sie ihren Beschaffungsbedarf bereits über die D. UG befriedigt. Die Kündigungserklärung erfolgte erst, nachdem die D. UG die Softwareentwicklung abgeschlossen und am 18.05.2016 abgerechnet hatte. Das Verhalten der Kundin rechtfertigt nicht ohne Weiteres den Rückschluss, dass sie den Softwareentwicklungsvertrag mit der Klägerin auch dann gekündigt hätte, wenn die D. UG eine Weiterarbeit an dem Projekt – nach pflichtgemäßer Weigerung des Beklagten – abgelehnt hätte. Nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge wäre eher zu erwarten gewesen, dass die Kundin die bei der Klägerin bereits begonnene Projektentwicklung fortgeführt hätte.Randnummer35

2. Soweit der Beklagte in der Klageerwiderung bestritten hat, dass die Klägerin mit der Kundin im Falle einer erfolgreichen Softwareentwicklung denselben Umsatz hätte erzielen können wie die D. UG, ist der Einwand ohne Substanz. Der zwischen der Klägerin und der Kundin wirksam geschlossene Vertrag sah gerade eine Pauschalvergütung in derselben Höhe vor, wie sie die Kundin an die D. UG zahlte. Weswegen sie im Falle der Weiterführung des Vertrags mit der Klägerin eine solche Zahlung vertragswidrig nicht auch an die Klägerin erbracht hätte, ist nicht ersichtlich.Randnummer36

3. Der Senat hat schließlich im Rahmen seiner nach § 287 ZPO eröffneten Schadensschätzung keine Zweifel, dass die von der Klägerin in Ansatz gebrachten ersparten Aufwendungen realistisch sind. Die Klägerin hat insbesondere die entfallenen Personalkosten im Detail aufgegliedert und zutreffend darauf verwiesen, dass ihre Vertragsleistungen im Wesentlichen auf personellen Arbeitsleistungen beruhten. Der Senat vermag nicht zu erkennen, dass ihr durch den Entzug der Geschäftschance mit der Kundin im Zeitraum von Februar bis Mai 2016 in relevanter Höhe Kosten für Computertechnik, Abonnementkosten oder Energiekosten erspart geblieben wären.Randnummer37

4. Die Zinsforderung ist begründet. Die Klägerin hat gegen den Beklagten Anspruch auf Verzugszinsen in gesetzlicher Höhe nach §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB. Der Verzug trat mit dem fruchtlosen Ablauf der am 29.06.2018 gesetzten Zahlungsfrist ein.

C.

I. Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.Randnummer39

II. Die weiteren Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1, 713 sowie 543, 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO war nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern.

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