HGB §§ 112, 113, 161 – Wettbewerbsverbot I Geschäftsführer I Gesellschafter
Einem Wettbewerbsverbot kann auch unterliegen, wer in einer Kommanditgesellschaft mit hoher Mehrheit sowohl am Kommanditkapital als auch am Kapital der Komplementär-GmbH beteiligt ist und aufgrund dieser mehrheitlichen Beteiligungen die Gesellschaft beherrscht. Ist dieser Gesellschafter eine Holding-Gesellschaft, deren sich ihre Muttergesellschaft beim Erwerb jener Mehrheitsbeteiligungen bedient hat, so kann das Wettbewerbsverbot durchgreifen.
Das Wettbewerbsverbot des HGB § 112 kann dann, wenn ein maßgeblicher Einfluß auf die Geschäftsführung besteht, auch auf den Kommanditisten, den atypischen stillen Gesellschafter und den Gesellschafter einer GmbH zu beziehen sein. Kann ein Unternehmen aufgrund seiner Mehrheitsbeteiligung unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluß auf ein anderes Unternehmen ausüben, so begründet jedenfalls die Lebenserfahrung eine tatsächliche Vermutung dafür, daß von den bestehenden Einflußmöglichkeiten tatsächlich Gebrauch gemacht wird. Die Geschäfte, die nach HGB § 112 zu unterlassen sind, umfassen auch die Beteiligung an einer anderen Handelsgesellschaft (Anschluß BGH, 1962-12-06, KZR 4/62, BGHZ 38, 306).
Dieses Wettbewerbsverbot, das dem Wortlaut nach nur den persönlich haftenden Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft trifft (§§ 161, 165, 112 HGB), diesen aber auch dann, wenn er von der Geschäftsführung ausgeschlossen ist, hat seine Grundlage in der Treuepflicht des Gesellschafters, die das vom gegenseitigen Vertrauen getragene Gesellschaftsverhältnis einer handelsrechtlichen Personengesellschaft in besonderem Maße beherrscht. Bei bestimmten Fallgestaltungen, insbesondere dann, wenn ein maßgeblicher Einfluß auf die Geschäftsführung besteht, kann es deshalb auch auf den Kommanditisten, den atypischen stillen Gesellschafter und den Gesellschafter einer GmbH zu beziehen sein (vgl. Robert Fischer, LM GWB § 1 Nr. 6; ders. in Großkomm. HGB, 3. Aufl. §§ 112 Anm. 2; Beuthien, ZHR 142 (1978) S. 259, 288). Da sich das Wettbewerbsverbot auf das Innenverhältnis der Gesellschafter bezieht, kann es hierbei nicht entscheidend darauf ankommen, welche Stellung der verpflichtete Gesellschafter nach außen einnimmt. Maßgeblich ist vielmehr seine innere Stellung. Bestimmt er im Innenverhältnis ausschlaggebend die Geschicke der Gesellschaft, so trifft ihn auch eine erhöhte Treuepflicht und demgemäß ein Wettbewerbsverbot. Es gilt insbesondere auch für den die Gesellschaft beherrschenden Mehrheitsgesellschafter oder eine die Gesellschaft beherrschende Gruppe. Für die Gesellschaft entsteht eine besondere Gefährdungslage, wenn ein herrschender Gesellschafter außerhalb der Gesellschaft unternehmerisch tätig wird (vgl. hierzu Urt. d. Sen. v. 5.2.1979 – II ZR 210/76 – NJW 1980, 231 zu B II 2a: Wiedemann, Gesellschaftsrecht, S. 347 f; U. Schneider, ZGR 1980, 511, 528). Sie folgt insbesondere daraus, daß einerseits von der durch die Abhängigkeit begründeten Herrschaftsmöglichkeit jederzeit zum Nachteil der Gesellschaft Gebrauch gemacht werden kann und andererseits in vielen Fällen der objektive Maßstab für die jeweils sachgerechte Maßnahme und damit die Frage einer Benachteiligung und deren Ausgleich fehlt (BGHZ 80, 69, 74 f). Hinzu kommt die durch die beherrschende Stellung gegebene Möglichkeit, gesellschaftsinterne Informationen zu erlangen und zu Lasten der Gesellschaft auszubeuten (Beuthien aaO.). Die daraus erwachsenden Gefahren für die Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit und damit den Bestand des Unternehmens machen es notwendig, das Wettbewerbsverbot des § 112 HGB dem Sinne nach auch auf einen die Gesellschaft beherrschenden, nicht persönlich haftenden Gesellschafter zu beziehen.
Kann ein Unternehmen aufgrund seiner Mehrheitsbeteiligung unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluß auf ein anderes Unternehmen ausüben, so begründet jedenfalls die Lebenserfahrung eine tatsächliche Vermutung dafür, daß von den bestehenden Einflußmöglichkeiten tatsächlich Gebrauch gemacht wird.
Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung scheitert das die Beklagte treffende Wettbewerbsverbot nicht an § 1 GWB. Das Wettbewerbsverbot folgt hier aus einem Gesellschaftsverhältnis, das im übrigen kartellrechtsneutral ist, und dient allein dem Bestand und der Erhaltung des Gesellschaftsunternehmens. Es soll nur verhindern, daß das Unternehmen von innen her ausgehöhlt wird. Die Gesellschaft und die Mitgesellschafter sind auf den rechtlichen Bestand des Wettbewerbsverbots angewiesen. Eine Abwägung der durch § 1 GWB geschützten Wettbewerbsfreiheit und der Güter und Interessen, denen das gesellschaftsrechtliche Wettbewerbsverbot hier dient, muß demgemäß dazu führen, das dem Gesellschaftsverhältnis entspringende Verbot anzuerkennen (vgl. BGHZ 70, 331, 335 f).
Das Eintrittsrecht der Gesellschaft gem HGB § 113 berechtigt zu verlangen, daß der gegen das Wettbewerbsverbot verstoßende Gesellschafter die Gewinne unter Berücksichtigung der Aufwendungen an sie abführt, die er durch die Beteiligung an einer anderen Gesellschaft erlangt hat.
Liegen die Voraussetzungen des sinngemäß anwendbaren § 112 HGB vor, steht der Gesellschaft ein Eintrittsrecht entsprechend § 113 Abs. 1 HGB zu. Sie kann verlangen, daß die Beklagte die für eigene Rechnung gemachten Geschäfte als für Rechnung der Gesellschaft eingegangen gelten läßt.
Tatbestand
Die Klägerinnen sind mit 20 % am Kommanditkapital der Werbeagentur H, O & M GmbH & Co. in F/M (nachstehend: H KG) und am Stammkapital der H, O & M GmbH, der Komplementär- GmbH der H KG, beteiligt. Sie sind die Erbinnen des verstorbenen Kaufmanns W H, des früheren Ehemannes der Klägerin zu 1 und Vaters der Klägerin zu 2. Dieser hat im Jahre 1962 die bis dahin von ihm allein betriebene Werbeagentur zu 80 % an die M & C Ltd veräußert.
Die Beklagte, eine weltweit arbeitende Werbeagentur, hat dieses Unternehmen in der Folgezeit übernommen. Eine ihrer Tochtergesellschaften, die O & M International (Holding) AG in Z/Schweiz (nachstehend: Holding AG) hält 80 % der Kommanditanteile der H KG und des Stammkapitals der Komplementär-GmbH.
Im Jahre 1977 gründete die Beklagte die O & M Direktgesellschaft für R-Marketing GmbH in F/M (nachstehend: R-Marketing GmbH); im Verlaufe des vorliegenden Rechtsstreits veräußerte sie 25 % der Beteiligung an die R M GmbH. Am 9. August 1978 gründete sie eine weitere Werbegesellschaft, die F Werbeagentur GmbH in F /M.
Die Klägerinnen machen im Wege der actio pro socio Ansprüche geltend, die nach ihrer Auffassung der H KG zustehen. Die Beklagte sei nach § 112 HGB und aufgrund der sie treffenden Treuepflicht gehalten, der H KG keine Konkurrenz zu machen. Diese Verpflichtung habe sie durch die Gründung der beiden Gesellschaften verletzt. Soweit es für die Revisionsinstanz interessiert, haben sie beantragt, die Beklagte zu verurteilen,
II. 1. es für die Dauer des Bestehens ihrer unmittelbaren oder mittelbaren (insbesondere über die Firma O & M International (Holding) AG, Z, gehaltenen) Mehrheitsbeteiligungen an der Firma H O & M Gesellschaft mit beschränkter HaftungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Gesellschaft
Gesellschaft mit beschränkter Haftung
Haftung
, F am M, zu unterlassen, in der Bundesrepublik Deutschland einschließlich West-Berlin auf dem Gebiet der Werbemittlung, Werbeberatung und in Geschäften, die mit Werbung zusammenhängen, außerhalb ihrer mittelbaren Beteiligung an den Firmen H O & M GmbH & Co. und H O & M GmbH tätig zu werden, wobei das mittelbare Tätigwerden die Form mehrheitlicher Beteiligungen an deutschen Gesellschaften (derzeit F Werbeagentur GmbH, F am M und O & M Direkt Gesellschaft für R-Marketing mbH, F am M) einschließt;
-
2. a) ihre Geschäftsanteile von nom. DM 249.500,- und DM 500,– an der O & M Direkt Gesellschaft für R -Marketing mbH, F am M nebst Gewinnanteilsrechten seit Gründung Zug um Zug gegen Zahlung von DM 250.000,– seitens H O & M GmbH & Co., F am M, an diese Gesellschaft abzutreten sowie ihre Geschäftsanteile von nom. 99.500,–, 500,– und 50.000,– DM an der F Werbeagentur GmbH, F am M, nebst Gewinnanteilsrechten seit Gründung, bezüglich des Anteils über 50.000,– DM seit Kapitalerhöhung, Zug um Zug gegen Zahlung von 150.000,– DM seitens H O & M GmbH & Co., F am M, an diese Gesellschaft abzutreten; hilfsweise, b) an die H O & M GmbH & Co. ihre aus den Beteiligungen an der O & M Direkt Gesellschaft für R -Marketing mbH und an der F Werbeagentur GmbH gezogenen Gewinne während der Dauer ihrer Beteiligung abzuführen.
Landgericht und Oberlandesgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgen die Klägerinnen ihre Anträge weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Die Revision ist teilweise begründet.
I. Das Berufungsgericht hält das Verlangen der Klägerinnen für unbegründet, weil die Beklagte keinem Wettbewerbsverbot unterliege und demgemäß auch nicht verpflichtet gewesen sei, die Gründung eines Konkurrenzunternehmens zu unterlassen.
Die Beklagte könne sich zwar nicht mit Erfolg darauf berufen, nicht sie, sondern ihre Holding AG sei an der H KG und ihrer Komplementär-GmbH beteiligt: denn die Holding AG werde von ihr vollkommen beherrscht. Eine Inanspruchnahme aufgrund gesellschaftsvertraglich begründeter Verpflichtungen scheide aber deshalb aus, weil die Beklagte weder einem gesetzlichen oder vertraglichen Wettbewerbsverbot unterliege noch ihr obliegende Treuepflichten verletzt habe.
1. Als (mittelbare) Kommanditistin unterliege sie nach § 165 HGB grundsätzlich keinem Wettbewerbsverbot. Es könne auch nicht angenommen werden, daß die Beklagte über die Kommanditbeteiligung das Unternehmen beherrsche oder seine Geschäfte führe. Die Geschäftsführung erfolge durch die Komplementär-GmbH. Die Tatsache, daß die Beklagte durch die Holding AG 80 % der Kommanditanteile halte, besage noch nicht, daß sie über ihre Stellung als Kommanditistin hinaus Unternehmerfunktionen (insbesondere die Geschäftsführung) übernommen habe.
2. Das auf den persönlich haftenden Gesellschafter bezogene Wettbewerbsverbot des § 112 HGB greife nicht ein, weil es hier um eine Komplementär-GmbH gehe, die als Teil einer „kapitalistischen Kommanditgesellschaft“ eine anonyme Beteiligung darstelle. Demgemäß könnten weder die Komplementär-GmbH selbst, noch deren Gesellschafter auf Unterlassung von Wettbewerbshandlungen in Anspruch genommen werden.
3. Unter dem Gesichtspunkt der Treuepflichtverletzung sei die Klage nicht begründet, weil die Beklagte mit der Gründung der beiden Tochtergesellschaften R -Marketing GmbH und F GmbH nicht so viel von der geschäftlichen Substanz der H KG übertragen habe, daß der innere Wert des Unternehmens in einer gegen Treu und Glauben verstoßenden Weise verkürzt worden sei. Die H KG habe nämlich zu keinem Zeitpunkt Direktwerbung betrieben und auch nicht, wie die F GmbH, kleinere Einzelaufgaben für einzelne Kunden durchgeführt.
II. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis nicht stand.
1. In Übereinstimmung mit dem Berufungsgericht ist davon auszugehen, daß die Pflichten der Holding AG als Gesellschafterin der H KG und ihrer Komplementär-GmbH auch auf die Beklagte als 100 %ige Muttergesellschaft zu beziehen sind und diese für ihre Erfüllung einzustehen hat, soweit es um die hier in Frage stehenden Verpflichtungen geht, Wettbewerb zu unterlassen und keine Geschäfte im Handelszweige der Gesellschaft zu machen. Der mehrheitlichen Beteiligung (zu 80 %) liegt ein Vorvertrag zwischen W H und der von der Beklagten übernommenen M & C Ltd. zugrunde, der diese als Erwerberin der 80 %igen Beteiligungen ausweist (Nr. 2). Diese hatte das Recht, die Anteile selbst, durch Treuhänder (Nr. 14 letzter Absatz des Vorvertrages) oder auch durch eine Tochtergesellschaft zu erwerben. In dieser Weise ist der Erwerb dann auch durchgeführt worden: Aus Geheimhaltungsgründen erwarb die Anteile zunächst eine Treuhandgesellschaft, und später wurden sie auf die Tochtergesellschaft der Beklagten übertragen. Den mit dem Erwerb der Beteiligungen verbundenen Pflichten kann sich deshalb die Beklagte nicht mit dem Argument entziehen, daß nicht sie, sondern eine (100 %ige) Tochter Gesellschafterin geworden sei (vgl. hierzu auch BGHZ 81, 311, 315 f).
2. Dem Berufungsgericht kann nicht in der Auffassung gefolgt werden, die Beklagte treffe keine Pflicht, die in § 112 HGB bezeichneten Handlungen zu unterlassen.
Dieses Wettbewerbsverbot, das dem Wortlaut nach nur den persönlich haftenden Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft trifft (§§ 161, 165, 112 HGB), diesen aber auch dann, wenn er von der Geschäftsführung ausgeschlossen ist, hat seine Grundlage in der Treuepflicht des Gesellschafters, die das vom gegenseitigen Vertrauen getragene Gesellschaftsverhältnis einer handelsrechtlichen Personengesellschaft in besonderem Maße beherrscht. Bei bestimmten Fallgestaltungen, insbesondere dann, wenn ein maßgeblicher Einfluß auf die Geschäftsführung besteht, kann es deshalb auch auf den Kommanditisten, den atypischen stillen Gesellschafter und den Gesellschafter einer GmbH zu beziehen sein (vgl. Robert Fischer, LM GWB § 1 Nr. 6; ders. in Großkomm. HGB, 3. Aufl. §§ 112 Anm. 2; Beuthien, ZHR 142 (1978) S. 259, 288). Da sich das Wettbewerbsverbot auf das Innenverhältnis der Gesellschafter bezieht, kann es hierbei nicht entscheidend darauf ankommen, welche Stellung der verpflichtete Gesellschafter nach außen einnimmt. Maßgeblich ist vielmehr seine innere Stellung. Bestimmt er im Innenverhältnis ausschlaggebend die Geschicke der Gesellschaft, so trifft ihn auch eine erhöhte Treuepflicht und demgemäß ein Wettbewerbsverbot. Es gilt insbesondere auch für den die Gesellschaft beherrschenden Mehrheitsgesellschafter oder eine die Gesellschaft beherrschende Gruppe. Für die Gesellschaft entsteht eine besondere Gefährdungslage, wenn ein herrschender Gesellschafter außerhalb der Gesellschaft unternehmerisch tätig wird (vgl. hierzu Urt. d. Sen. v. 5.2.1979 – II ZR 210/76 – NJW 1980, 231 zu B II 2a: Wiedemann, Gesellschaftsrecht, S. 347 f; U. Schneider, ZGR 1980, 511, 528). Sie folgt insbesondere daraus, daß einerseits von der durch die Abhängigkeit begründeten Herrschaftsmöglichkeit jederzeit zum Nachteil der Gesellschaft Gebrauch gemacht werden kann und andererseits in vielen Fällen der objektive Maßstab für die jeweils sachgerechte Maßnahme und damit die Frage einer Benachteiligung und deren Ausgleich fehlt (BGHZ 80, 69, 74 f). Hinzu kommt die durch die beherrschende Stellung gegebene Möglichkeit, gesellschaftsinterne Informationen zu erlangen und zu Lasten der Gesellschaft auszubeuten (Beuthien aaO.). Die daraus erwachsenden Gefahren für die Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit und damit den Bestand des Unternehmens machen es notwendig, das Wettbewerbsverbot des § 112 HGB dem Sinne nach auch auf einen die Gesellschaft beherrschenden, nicht persönlich haftenden Gesellschafter zu beziehen.
Im vorliegenden Falle sind diese Voraussetzungen als gegeben anzusehen, weil die der Planung und Leitung der Beklagten unterstehende Holding AG mit 80 % sowohl an der Komplementär-GmbH als auch am Kommanditkapital der H KG beteiligt ist und dementsprechend diese Gesellschaften beherrscht. Ihre Stellung in der persönlich haftenden und geschäftsführenden Gesellschafterin gibt ihr die Macht, die Einsetzung der ihr genehmen Geschäftsführer zu erreichen und darüber hinaus – aufgrund des der Gesellschaftergesamtheit zustehenden Weisungsrechts – unmittelbar ihren Willen in Bezug auf die Geschäftsführung durchzusetzen. Ihre Befugnisse und Einflußmöglichkeiten werden dadurch gesichert und verstärkt, daß sie auch in der Kommanditgesellschaft selbst, der Trägerin des Unternehmens, über eine hohe Kapitalmehrheit verfügt.
Das Berufungsgericht meint allerdings, § 112 HGB könne hier deshalb nicht angewandt werden, weil die Klägerinnen nichts dafür dargetan hätten und auch sonst nichts dafür ersichtlich sei, daß die Beklagte von ihrer beherrschenden Stellung tatsächlich Gebrauch gemacht habe; die Beklagte sei als „bloßer Kapitalgeber“ anzusehen.
Es kann dahingestellt bleiben, ob für die Anwendung des § 112 HGB die bloße Möglichkeit eines beherrschenden Einflusses genügt.
2. Kann ein Unternehmen aufgrund seiner Mehrheitsbeteiligung unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluß auf ein anderes Unternehmen ausüben, so begründet jedenfalls die Lebenserfahrung eine tatsächliche Vermutung dafür, daß von den bestehenden Einflußmöglichkeiten tatsächlich Gebrauch gemacht wird.
(vgl. auch § 17 Abs. 2, § 18 Abs. 1 Satz 3 AktG). Es war deshalb Sache der Beklagten, im einzelnen darzutun, daß sie bei der H KG nur eine Finanzbeteiligung erworben hat. Sie hat in dieser Richtung jedoch nichts vorgetragen. Ihr Vorbringen, ihre Einflußnahme habe sich im Rahmen ihrer Kapitalbeteiligung gehalten, sowie die Vertragsvorgeschichte, der Vorvertrag vom 30. August 1962 und der Vertrag vom 22. November 1962 sprechen vielmehr für das Gegenteil. Der Annahme, die Beklagte habe darauf verzichtet, den ihr zukommenden unternehmerischen Einfluß auszuüben, stünde auch entgegen, daß sie eine 80 %ige Majorität an einem Unternehmen erworben hat, das – wie sie und ihre Tochtergesellschaften – als Werbeagentur tätig war und ist.
Bei dieser Sach- und Rechtslage kann dem Umstand, daß die anläßlich der Beteiligung getroffenen Vereinbarungen zwar zu Lasten des Veräußerers W H ein Wettbewerbsverbot festlegen, ein Wettbewerbsverbot zu Lasten des Erwerbers und damit der Beklagten aber, wie das Berufungsgericht ausführt, nicht mit Sicherheit erkennen lassen, nichts anderes entnommen werden. Das Wettbewerbsverbot ist Ausfluß der Pflichten, die der Beklagten und ihrer Tochtergesellschaft aus ihrer beherrschenden Stellung in der H KG und ihrer Komplementär-GmbH erwachsen. Aus den getroffenen Vereinbarungen müßte sich deshalb umgekehrt ergeben, daß das an sich bestehende Wettbewerbsverbot nicht oder nur eingeschränkt gelten solle. Dafür aber hat die Beklagte ebenfalls nichts vorgetragen.
Unter dem Blickpunkt des § 112 Abs. 2 HGB folgt nichts für die Auffassung der Beklagten, daß die Einwilligung in eine Wettbewerbstätigkeit als erteilt anzusehen sei. Die Beklagte und ihre Rechtsvorgängerin waren zwar bei dem Beteiligungserwerb schon auf dem Werbesektor tätig. Diese Tätigkeit und eine hierauf etwa zu beziehende Einwilligung von W H betraf jedoch nicht das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland, auf das es im vorliegenden Fall allein ankommt.
3. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Angriffe der Revision gegen die Ausführungen des Berufungsgerichts durchgreifen, ein Anspruch der Klägerinnen könne nicht aus der Rechtsprechung des erkennenden Senats abgeleitet werden, wonach die der Gesellschaftermehrheit zukommende Möglichkeit, auf die Geschäftsführung Einfluß zu nehmen und dadurch die gesellschaftsbezogenen Interessen der Mitgesellschafter zu beeinträchtigen, eine besondere gesellschaftsrechtliche TreuepflichtBitte wählen Sie ein Schlagwort:
gesellschaftsrechtliche Treuepflicht
Treuepflicht
begründet, auf die Interessen der Mitgesellschafter Rücksicht zu nehmen (BGHZ 65, 15, 19). Daraus würden den Klägerinnen keine Rechte erwachsen, die im vorliegenden Falle weitergehende – über die §§ 112, 113 HGB hinausgehende – Ansprüche begründen könnten.
4. Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung scheitert das die Beklagte treffende Wettbewerbsverbot nicht an § 1 GWB. Das Wettbewerbsverbot folgt hier aus einem Gesellschaftsverhältnis, das im übrigen kartellrechtsneutral ist, und dient allein dem Bestand und der Erhaltung des Gesellschaftsunternehmens. Es soll nur verhindern, daß das Unternehmen von innen her ausgehöhlt wird. Die Gesellschaft und die Mitgesellschafter sind auf den rechtlichen Bestand des Wettbewerbsverbots angewiesen. Eine Abwägung der durch § 1 GWB geschützten Wettbewerbsfreiheit und der Güter und Interessen, denen das gesellschaftsrechtliche Wettbewerbsverbot hier dient, muß demgemäß dazu führen, das dem Gesellschaftsverhältnis entspringende Verbot anzuerkennen (vgl. BGHZ 70, 331, 335 f).
Bedenken, daß der erkennende Senat über diese Frage entscheidet, bestehen nicht. § 1 GWB ist unzweifelhaft nicht verletzt; dementsprechend hat auch der Kartellsenat des Bundesgerichtshofes die Sache an den erkennenden Senat abgegeben (vgl. hierzu auch BGHZ 30, 186; 64, 342, 346).
III. Das angefochtene Urteil kann sonach mit der bisherigen Begründung nicht bestehen bleiben. Beim gegenwärtigen Prozeßstand kann es auch nicht mit anderer Begründung gehalten werden, soweit sich die Revision gegen die Abweisung des Unterlassungsantrages zu II 1 und des Hilfsantrages zu II 2 b wendet.
1. Nach dem Vorbringen der Klägerinnen, das mangels abweichender Feststellungen des Berufungsgerichts der Beurteilung des Revisionsgerichts zugrunde zu legen ist, muß davon ausgegangen werden, daß die Beklagte auf dem Gebiete der Bundesrepublik Deutschland ohne Einwilligung der Kläger im Handelszweige der Gesellschaft Geschäfte im Sinne des § 112 HGB gemacht hat.
Das Berufungsgericht hat zwar in anderem Zusammenhange (BU 19) ausgeführt, die H KG habe zu keiner Zeit „Direktwerbung“ (wie die R-Marketing GmbH) und auch nicht, wie die F GmbH, kleinere Einzelaufgaben für einzelne Kunden durchgeführt. Damit kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, daß aus der Gründung und der Tätigkeit dieser Gesellschaften folgt, die Beklagte habe im Handelszweige der H KG Geschäfte gemacht. Nach dem gesellschaftsvertraglich festgelegten Gegenstand des Unternehmens ist das Gesellschaftsunternehmen ganz allgemein auf die „Werbemittlung, Werbeberatung und die Vornahme aller mit Werbung zusammenhängenden Geschäfte“ gerichtet; die Gesellschaft darf ferner alle Geschäfte vornehmen, die ihrem Zweck förderlich oder dienlich erscheinen (§ 3 des KG-Vertrages und § 2 des GmbH-Vertrages). Dazu gehören auch die Geschäfte, die die Beklagte in den neu gegründeten Gesellschaften betreibt. Es ist unerheblich, ob die H KG bisher die umstrittenen Geschäfte selbst vorgenommen hat. Vielmehr reicht es aus, daß der Gegenstand des Gesellschaftsunternehmens auch solche Geschäfte umfaßt und die Gesellschaft demgemäß künftig solche Geschäfte – eventuell auch mittelbar durch eine neu zu gründende Tochtergesellschaft – vornehmen kann.
Dem hieraus zu Gunsten der Klägerinnen zu ziehenden Schluß könnte allerdings entgegenstehen, daß der im Gesellschaftsvertrag festgelegte Gegenstand des Unternehmens allein nicht entscheidend ist. Dieser kann nämlich nachträglich eingeschränkt oder erweitert werden (vgl. hierzu BGHZ 70, 331, 332). Ersteres könnte hier nach dem Vorbringen der Beklagten der Fall sein.
2. Es erhebt sich allerdings die Frage, ob eine Verletzung des Wettbewerbsverbots durch die Beklagte auch die in der Revisionsinstanz gestellten Anträge rechtfertigen kann. Diese Frage ist zu verneinen, soweit die Anträge auf die Abtretung der Geschäftsanteile und der Gewinnanteilsrechte an der R-Marketing GmbH und der F GmbH gehen. Im übrigen ist sie im Kern zu bejahen.
a) Werden die Voraussetzungen für eine rechtsähnliche Anwendung des § 112 HGB bejaht, so ist die Beklagte verpflichtet, künftige Zuwiderhandlungen zu unterlassen. Ob die Beklagte – wie beantragt – alle Geschäfte zu unterlassen hat, die auf dem Gebiet der Werbemittlung und Werbeberatung liegen oder mit der Werbung zusammenhängen, hängt von der noch zu treffenden Feststellung ab, welche Geschäfte zum Geschäftszweig der H KG gehören. Daß die Geschäfte, die nach § 112 HGB zu unterlassen sind, auch die Beteiligung an einer anderen Handelsgesellschaft umfassen, folgt bereits aus BGHZ 38, 306, 309 (vgl. im übrigen Fischer aaO, § 112 Anm. 5 a, Anm. 7 und 8 sowie Hueck, Das Recht der offenen Handelsgesellschaft, 4. Aufl. § 13 II 3).
Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung steht dem Unterlassungsverlangen nicht entgegen, daß damit mittelbar in den Geschäftsbetrieb eines rechtlich selbständigen Unternehmens eingegriffen wird (vgl. hierzu Sen.Urt. v. 22.6.1972 – II ZR 67/70, WM 1972, 1229).
b) Liegen die Voraussetzungen des sinngemäß anwendbaren § 112 HGB vor, steht der Gesellschaft ein Eintrittsrecht entsprechend § 113 Abs. 1 HGB zu. Sie kann verlangen, daß die Beklagte die für eigene Rechnung gemachten Geschäfte als für Rechnung der Gesellschaft eingegangen gelten läßt.
Einem Eintrittsrecht stünde im vorliegenden Falle nicht entgegen, daß die Beklagte das Wettbewerbsverbot durch Gründung und Beteiligung an anderen Handelsgesellschaften verletzt hat (vgl. BGHZ 38, 306, 307 f). Dagegen könnte die Ausübung des Eintrittsrechts in keinem Falle dazu führen, daß die H KG das Recht zum Eintritt in die Gesellschaften der Beklagten oder gar das Recht zum Eintritt in die von diesen Gesellschaften geschlossenen Verträge erhält. Das Eintrittsrecht hat keine Außenwirkung. Die Gesellschaft kann dadurch nicht in unmittelbare Rechtsbeziehungen zu Dritten treten, mit denen in unzulässiger Weise Geschäfte abgeschlossen worden sind. Die Gesellschaft kann in einem solchen Falle vielmehr nur verlangen, daß der gegen das Wettbewerbsverbot verstoßende Gesellschafter die Gewinne an sie abführt, die er durch die Beteiligung an der anderen Gesellschaft erlangt. Da aber nur das wirtschaftliche Ergebnis der unzulässigen Beteiligung beansprucht werden kann, muß sie auch die Nachteile, insbesondere die Aufwendungen berücksichtigen, die der Gesellschafter bei dem unzulässigen Geschäft gehabt hat (vgl. BGHZ 38, 306, 310 f).
Das bedeutet für den vorliegenden Fall, daß sich der auf Abtretung der Geschäftsanteile und der Gewinnanteilsrechte der R-Marketing GmbH und der F GmbH gerichtete Klageantrag von vornherein als unbegründet erweist. Soweit die Revision den Hilfsantrag weiterverfolgt, die Beklagte zu verurteilen, die gezogenen Gewinne an die H KG abzuführen, könnte sie sich im Ergebnis als begründet erweisen. Allerdings müßten sich die Klägerinnen insoweit – wie dargelegt – gegebenenfalls die Aufwendungen der Beklagten anrechnen lassen. Zur Geltendmachung dieser Forderung wären die Klägerinnen als berechtigt anzusehen. Der nach § 113 Abs. 2 HGB erforderliche Gesellschafterbeschluß der übrigen Gesellschafter wäre darin zu sehen, daß als „übrige Gesellschafter“ nur die Klägerinnen in Betracht kommen und diese den Anspruch übereinstimmend klageweise geltend machen.
3. Die Revision ist hiernach zurückzuweisen, soweit sie sich auf den Antrag zu II 2 a bezieht. Hinsichtlich des Antrages zu II 1 und des Hilfsantrages zu II 2 b bedarf es weiterer tatsächlicher Feststellungen zu der Frage, ob die von der R-Marketing GmbH und der F GmbH betriebenen Geschäfte zum Handelszweig der H KG gehören. In diesem Umfang ist deshalb das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, das auch die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung zu prüfen und hinsichtlich des Hilfsantrags zu II 2 b auf die Stellung sachdienlicher Anträge hinzuwirken haben wird (Feststellungsantrag oder Stufenklage). Da die kartellrechtlichen Fragen keine Bedeutung mehr erlangen können, erscheint es angebracht, die erneute Verhandlung und Entscheidung dem 5. Zivilsenat des Berufungsgerichts zu übertragen (§ 565 Abs. 1 Satz 2 ZPO).
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