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OLG München, Urteil vom 19.01.2022 – 7 U 2659/20 – Wettbewerbsverbot

Geschäftschancenlehre I Wettbewerbsverbot I Gesellschafter I Geschäftsführer

HGB §§ 112, 113

Tenor

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Teilurteil des Landgerichts München I vom 30.3.2020 (Az. 10 HK O 2521/19) in den Ziffern 1. und 2. abgeändert und neu gefasst gemäß den folgenden Ziffern 2. und 3.

2. Dem Beklagten wird bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,- €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, verboten, als Geschäftsführer oder Gesellschafter der P. GmbH, …2a, … S., bis zur Rechtskraft der Auflösung der Klägerin Verträge über die Nutzung der Blockhütte der P. GmbH auf an die Klägerin gerichtete Buchungsanfragen von Kunden hin abzuschließen. Die weitergehende Unterlassungsklage wird abgewiesen.

3. Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, welche Verträge er als Geschäftsführer oder Gesellschafter der P. GmbH über die Nutzung der Blockhütte der P. GmbH auf an die Klägerin gerichtete Buchungsanfragen von Kunden hin abgeschlossen hat, und welchen Umsatz die P. GmbH mit diesen Verträgen erzielt hat und noch erzielen wird. Die weitergehende Auskunftsklage wird abgewiesen.

4. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

6. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Gründe

A.

Das Verfahren betrifft Ansprüche auf Unterlassung von Wettbewerb sowie (im Wege der Stufenklage) auf Auskunft und Schadensersatz.Randnummer2

Die Klägerin ist eine Personengesellschaft, bestehend aus Dr. M. (der sie im vorliegenden Verfahren vertritt) und dem Beklagten. Die Klägerin war nie ins Handelsregister eingetragen, ein schriftlicher Gesellschaftsvertrag besteht nicht. Der Zweck der Klägerin besteht in der Vermietung eines angemieteten ehemaligen Naturfreundehauses („K. “) in den I.auen als Veranstaltungslokal für Events wie etwa Seminare, Teambuildingmaßnahmen, Hochzeitsfeiern und ähnliches.Randnummer3

Zwischen den Gesellschaftern der Klägerin schwelen seit längerem Streitigkeiten. Am 13.9.2018 gründete der Beklagte (als Alleingesellschafter und -geschäftsführerBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Alleingesellschafter
Alleingesellschafter und -geschäftsführer
) die P. GmbH, welche in unmittelbarer räumlicher Nähe zur „K.“ eine angemietete Blockhütte („Cottage“) betreibt und sie im Internet zur Anmietung als Eventlokal anbietet.Randnummer4

Die Klägerin ist der Auffassung, sie sei eine offene Handelsgesellschaft. Am 23.1.2019 beschloss die Klägerin durch den Gesellschafter Dr. M. die Erhebung der gegenständlichen Unterlassungs- und Schadensersatzklage. Der Beklagte hat widerklagend die Unwirksamkeit des genannten Beschlusses geltend gemacht.Randnummer5

Die Klägerin hat beantragt:Randnummer6

1. Dem Beklagten wird bei Meidung von Ordnungsgeld und Ordnungshaft verboten, als Geschäftsführer oder Gesellschafter der P. GmbH, … 2a, … S., bis zur Rechtskraft der Auflösung der Klägerin, beschränkt auf den örtlichen Einzugsbereich der Klägerin in Konkurrenz zur Geschäftstätigkeit der Klägerin zu treten, nämlich Veranstaltungsflächen für Events wie private Veranstaltungen, Firmenveranstaltungen oder öffentliche Veranstaltungen nebst hierzu begleitenden Angeboten zur Durchführung der jeweiligen Veranstaltungen sowie als Rückzugsort und / oder Arbeitsort, insbesondere für Coworking zu vermieten oder vorgenannte Events eigens zu veranstalten.Randnummer7

2. Die Beklagte wird verurteilt,Randnummer8

a) der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, welche Veranstaltungen er in der Zeit als Geschäftsführer der P. GmbH, … 2a, … S., seit Beginn der Geschäftstätigkeit der P. GmbH bis zur Rechtskraft der Auflösung der Klägerin, in Veranstaltungsräumen der P. GmbH im örtlichen Einzugsbereich der Klägerin mit wem durchgeführt und wieviel Umsatz die P. GmbH hierdurch gemacht hat, sowie welche zukünftigen Buchungen bestehen sowie die schriftlichen Bestellungen hierzu vorzulegen;Randnummer9

b) erforderlichenfalls die Richtigkeit und Vollständigkeit seiner Angaben an Eides statt zu versichern;Randnummer10

c) an die Klägerin Schadensersatz in einer nach Erteilung der Auskunft noch zu bestimmenden Höhe nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.Randnummer11

3. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 887,03 € zu bezahlen.Randnummer12

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen und auf Widerklage festzustellen, dass der Gesellschafterbeschluss des Herrn Dr. R. M. vom 23.01.2019 unwirksam ist.Randnummer13

Die Klägerin hat die Abweisung der Widerklage beantragt.Randnummer14

Das Landgericht hat der Klage in Antrag 1 (Unterlassung) und im wesentlichen auch in Antrag 2 (Auskunft) stattgegeben; die Widerklage hat es abgewiesen. Auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angegriffenen Teilurteils wird Bezug genommen. Der Beklagte nimmt die Abweisung der Widerklage hin. Mit seiner zulässigen, insbesondere form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung verfolgt der Beklagte sein erstinstanzliches Klagabweisungsbegehren weiter. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung der Berufung.

B.

Die Berufung des Beklagten hat teilweise Erfolg. Dem Beklagten ist ein Wettbewerbsverhalten im Verhältnis zur Klägerin nämlich nicht generell, sondern nur im tenorierten Umfang verboten. Die weitergehende Unterlassungs- und Auskunftsklage war abzuweisen.Randnummer16

I. Ohne Erfolg bleibt die Rüge der Unzulässigkeit der Klage. Die Klägerin ist zwar eine Gesellschaft bürgerlichen RechtsBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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Gesellschaft bürgerlichen Rechts
(vgl. dazu näher unten II.). Als solche ist sie aber partei- und unter den Umständen des Falles auch prozessfähig.Randnummer17

1. Es entspricht heute der allgemeinen Auffassung, dass die nach außen als solche auftretende Gesellschaft bürgerlichen RechtsBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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rechts- und parteifähig ist. Unstreitig tritt die Klägerin sowohl gegenüber ihren Kunden als auch gegenüber dem Finanzamt als solche unter einer Firma auf; an ihrer Rechts- und Parteifähigkeit können somit keine Zweifel bestehen.Randnummer18

2. Die Klägerin ist auch insoweit prozessfähig, als sie nur durch ihren Gesellschafter Dr. M. im prozess vertreten wird.Randnummer19

Die Prozessfähigkeit einer Personengesellschaft folgt ihrem Vertretungsregime (§ 51 ZPO). Hiernach wäre eine GbR grundsätzlich nur insoweit prozessfähig, als sie durch alle Gesellschafter vertreten wird (§§ 709, 714 ZPO). Vorliegend haben die Gesellschafter jedoch (konkludent) Einzelvertretungsbefugnis für jeden Gesellschafter vereinbart, so dass auch im prozess die Vertretung der Klägerin durch einen Gesellschafter genügt.Randnummer20

Aus dem wechselseitigen Parteivortrag ergibt sich, dass gegenüber den einzelnen Kunden der Klägerin meist nur ein Gesellschafter in Erscheinung getreten ist und mit dem jeweiligen Kunden namens der Klägerin das einzelne Geschäft abgeschlossen und durchgeführt hat. Dies hat der Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat nochmals ausdrücklich bestätigt. Aus dieser langjährigen Handhabung entnimmt der Senat, dass die Gesellschafter Dr. M. und der Beklagte konkludent Einzelvertretungsbefugnis für jeden von ihnen vereinbart haben. Im Hinblick darauf, dass die Parteien im Zweifel wollten, dass die von ihnen geschlossenen Verträge im Außenverhältnis wirksam waren, kann ihr Verhalten nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte nicht anders ausgelegt werden.Randnummer21

II. Entgegen ihrer Auffassung (und Firmierung) ist die Klägerin nicht offene Handelsgesellschaft, sondern Gesellschaft bürgerlichen RechtsBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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.Randnummer22

1. Eine Personengesellschaft, bei der kein Gesellschafter in der Haftung beschränkt ist, ist (ohne Eintragung ins Handelsregister) offene Handelsgesellschaft, wenn sie ein Handelsgewerbe betreibt (§ 105 HGB). Anderenfalls handelt es sich um eine Gesellschaft bürgerlichen RechtsBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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Gesellschaft bürgerlichen Rechts
.

Handelsgewerbe ist jedes Gewerbe, es sei denn, es erfordert keine kaufmännische Einrichtung (§ 1 Abs. 2 HGB). Die vorliegende Vermietung einer Lokalität zum Zwecke der Gewinnerzielung ist zweifellos ein Gewerbe. Damit wird vermutet, dass es sich um ein Handelsgewerbe handelt, so dass das Gegenteil zur Darlegungs- und Beweislast des Beklagten stand.Randnummer24

Nach der gesetzlichen Definition ist Handelsgewerbe ein Gewerbe, welches nach Art und Umfang eine kaufmännische Einrichtung erfordert. Dies ist auf der Basis einer Gesamtschau der den Betrieb kennzeichnenden Umstände zu beurteilen (BGH, Urteil vom 28.4.1960 – II ZR 239/58 Ls. 2; Urteil vom 16.11.1965 – V ZR 89/63, Rz. 13). Als zu berücksichtigende Kriterien nennt die erstere Entscheidung Beschäftigtenzahl, Tätigkeitsart, Umsatz, Anlagekapital, Betriebskapital, Leistungsvielfalt, Zahl der Geschäftsbeziehungen, Kreditaufnahme; in der zweitgenannten Entscheidung sind beispielhaft aufgeführt Umsatz, Verbindlichkeiten, Außenstände, Aktivvermögen. In der Kommentarliteratur (z.B. Kindler, in: Ebenroth / Boujong, HGB, 4. Aufl., § 1 Rz. 56 ff.) finden sich ähnliche Aufzählungen (Handelsbücher, Inventar- und Bilanzerrichtung, Aufbewahrung der Korrespondenz, Firmenführung, kaufmännisch vorgebildetes Personal, Lohnbuchhaltung, Vielfalt der Erzeugnisse und Leistungen, Teilnahme am Frachtverkehr, grenzüberschreitende Tätigkeit, Sach- und Personalkredite).Randnummer25

2. Hinsichtlich der somit für die Abgrenzung von GbR und OHGBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Abgrenzung von GbR und OHG
GbR
OHG
wesentlichen Kriterien bietet sich vorliegend auf der Basis des Parteivortrags das folgende Bild.Randnummer26

a) Umsatz. Die (unstreitigen) Umsatzzahlen für die Geschäftsjahre 2016 – 2019 referiert die Klagepartei in der Berufungserwiderung (dort S. 10). Die Zahlen für 2020 und 2021 (bis einschließlich November) werden im Schriftsatz vom 12.1.2022 (Bl. 198 ff. der Akten, dort S. 3) nachgetragen. Hiernach hat die Klägerin ab 2016 Umsätze über 100.000,- € erzielt, das Maximum lag im Jahr 2019 mit rund 163.000,- €, woraufhin 2020 ein (wohl pandemiebedingter) Rückgang auf rund 103.000,- € und eine allmähliche Erholung im Jahr 2021 (bis einschließlich November rund 125.000,- €) erfolgten.Randnummer27

Diese Zahlen führen für sich betrachtet allenfalls in den Grenzbereich zu einem kaufmännischen Gewerbe. Neuere veröffentlichte Rechtsprechung hierzu gibt es nicht. Die Kommentarliteratur (z.B. Kindler a.a.O. Rz. 52) nennt eine Grenze von 250.000,- €, ab der spätestens von einem Handelsgewerbe auszugehen sei. Hiervon war die gegenständliche Gesellschaft auch in besten Zeiten weit entfernt.Randnummer28

b) Buchführung. Unstreitig wurde die Klägerin durch Bescheid des zuständigen Finanzamts zur Buchführung verpflichtet (vgl. Anlage K 2) und kommt dieser Verpflichtung seither nach. Die Führung von Steuerbüchern oder die Beauftragung eines Steuerberaters sind jedoch keine Indizien für ein Handelsgewerbe (Kindler a.a.O. Rz. 47 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung). Die Richtigkeit dieser Auffassung zeigt der vorliegende Fall exemplarisch. Die Anordnung der Buchführungspflicht erfolgte ausweislich des Bescheides des Finanzamtes unter Bezugnahme auf § 141 Abs. 1 Nr. 4 AO, weil der Gewinn im Jahr 2016 höher als 60.000,- € war. Die in Bezug genommene Norm gilt ausweislich ihres Wortlauts nur, wenn nicht ohnehin Bücher nach § 140 AO zu führen sind, was unter anderem für die OHG der Fall ist.Randnummer29

Aus der Tatsache, dass aufgrund einer Anordnung der Finanzbehörden Bücher geführt werden, kann daher ein Argument weder für noch gegen das Vorliegen eines Handelsgewerbes gewonnen werden.Randnummer30

c) Personal. Unstreitig werden die anfallenden Tätigkeiten für die Klägerin hauptsächlich durch die Gesellschafter selbst bestritten. Dass diese studierte Wirtschaftswissenschaftler sind, besagt insoweit nichts über die Art ihrer Tätigkeit, die im wesentlichen aus der Entgegennahme und Betreuung von Buchungen sowie gegebenenfalls Vermittlung von Drittleistungen (Caterer u.ä.) bestanden zu haben scheint – was nicht unbedingt eine kaufmännische Vorbildung voraussetzt.Randnummer31

Abgesehen von ihren Gesellschaftern verfügte die Klägerin nicht über festes Personal. In den als BB 1 vorgelegten Jahresübersichten 2017 – 2020 aus der Buchhaltung der Gesellschaft werden als monatliche bzw. jährliche Personalkosten durchgängig 0,00 € angegeben. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat haben die Parteien dies dahin erläutert, dass man im Bedarfsfall (wenn also z.B. die Mieter der K. Service bei Tisch wünschten) mit Personaldienstleistern zusammen gearbeitet und die diesbezüglichen Kosten den Kunden weiterverrechnet habe.Randnummer32

Der Gesichtspunkt Personalausstattung spricht daher eindeutig gegen das Erfordernis kaufmännischer Einrichtung; insbesondere eine „Lohnbuchhaltung“ war unter den dargestellten Umständen nicht erforderlich.Randnummer33

d) Kapitalstruktur. Aus den Übersichten aus der Buchhaltung der Beklagten gemäß Anlage BB 1 ergibt sich, dass die Zinsaufwendungen in den Jahren 2017 – 2020 jeweils 0,- € betrugen. Das bedeutet, dass die Klägerin jedenfalls in diesem Zeitraum ohne Fremdkapital arbeitete; nur in der Anfangszeit der Gesellschaft wurde nach der Erläuterung der Parteien in der mündlichen Verhandlung ein Darlehen in Anspruch genommen. Die Nichtinanspruchnahme von professionellem Fremdkapital (Bankdarlehen) ist nach der Erfahrung des seit vielen Jahren im Handels- und Gesellschaftsrecht tätigen Senats höchst untypisch für ein kaufmännisches Unternehmen.Randnummer34

Auch das Anlagevermögen der Klägerin stellt sich nach Aktenlage höchst überschaubar dar. In der Aufstellung aus der Buchhaltung der Klägerin gemäß Anlage BB 2 sind nur eine Geschirrspülmaschine, ein Laubbläser, ein PKW und ein „Sammelposten“ im Wert von (Ende 2018) 891,- € aufgeführt. Hierfür ist keine kaufmännische Einrichtung erforderlich.Randnummer35

e) Lagerhaltung. Aus den Kosten für den Wareneinkauf gemäß Anlage BB 1, die sich in den meisten Monaten nur im dreistelligen, selten im vierstelligen Bereich bewegen, kann auf den Umfang der für den Betrieb der Klägerin erforderlichen Lagerhaltung geschlossen werden; denn es konnte schlechterdings nicht mehr an Waren gelagert worden sein, als bezogen wurde. Im Hinblick auf den unstreitigen Befund, dass die Kunden der Klägerin zwar Getränke von ihr beziehen konnten, die Verköstigung mit Speisen aber über Catering-Dienste erfolgte, dürfte sich die Lagerhaltung somit auf jeweils eine Reihe von Getränketrägern beschränkt haben. Auch für die Verwaltung eines solchen Getränkebestandes erscheint keine kaufmännische Einrichtung erforderlich. – Damit dürfte sich auch die Teilnahme der Klägerin am Frachtverkehr auf die regelmäßige Anlieferung von Getränken beschränkt haben.Randnummer36

f) Vielfalt des Angebots. Kernangebot der Klägerin war die Zurverfügungstellung von Räumen in der Klause, wobei die Möglichkeit des Bezugs von Getränken bestand. Weitere Leistungen (Catering, Shuttle-Service, Kurse) wurden nicht von der Klägerin erbracht, sondern konnten extern (ggf. unter Vermittlung der Klägerin) zugebucht werden. Das Leistungsangebot der Klägerin stellte sich daher nicht als vielfältig, sondern als recht überschaubar dar, was eher gegen das Erfordernis einer kaufmännischen Einrichtung spricht.Randnummer37

g) Werbung. Die vorgelegten Übersichten gemäß Anlage BB 1 weisen an Kosten für Werbung meist nur zweistellige Beträge auf. Hieraus kann das Erfordernis kaufmännischer Einrichtung nicht begründet werden. Die behauptete „umfängliche Kooperation mit Werbeagenturen“ schlägt sich jedenfalls in den vorgelegten Unternehmenszahlen nicht nieder.Randnummer38

Wenn sich die Klagepartei dem gegenüber auf die umfängliche Präsenz der Gesellschaft im Internet beruft, vermag dies kein anderes Ergebnis zu begründen. Denn für einen Internetauftritt benötigt man nur PC und Internetzugang, die als solche sicherlich kein Indiz für eine kaufmännische Einrichtung sind; zwar mag heutzutage jeder Kaufmann im Internet präsent sein, aber die Präsenz als solche lässt keinen Rückschluss auf die Kaufmannseigenschaft zu.Randnummer39

h) Kundenanzahl. Nicht bestritten ist der klägerische Vortrag, dass die Klägerin seit ihrer Gründung 706 Kundennummern vergeben hat und dass sich darunter auch namhafte Firmen wie D., A., B. und T. befinden. Die Kundenanzahl als solche mag daher eher für das Erfordernis kaufmännischer Einrichtung sprechen. Dieser Befund wird allerdings relativiert, wenn man die Kundenzahl auf die Dauer der Existenz der Gesellschaft umlegt; auch ist nicht ersichtlich (jedenfalls nicht vorgetragen), dass es sich bei einer Mehrzahl der vergebenen Kundennummern um „Stammkunden“, die die Klause regelmäßig buchen, handelt.Randnummer40

Ferner ist zu sehen, dass das Geschäftsmodell der Klägerin in der Vermietung der K. für Veranstaltungen besteht, was bedingt, dass in der Regel immer nur ein Kunde pro Zeiteinheit (Tag, Wochenende, Woche) bedient werden kann. Auch dieser für ein kaufmännisches Gewerbe eher untypische Befund relativiert die nackte Anzahl von Kunden.Randnummer41

i) Professionelle Struktur. Ein schriftlicher Gesellschaftsvertrag existiert nicht. Ausdrückliche Regelungen über die Vertretungsmacht wurden nicht getroffen (wohl aber konkludente Vereinbarung von Einzelvertretungsmacht durch stillschweigende Handhabung, vgl. näher oben I.2.). Prokuristen oder sonstige Bevollmächtigte wurden nicht bestellt. Auch dies ist untypisch für ein kaufmännisches Unternehmen.Randnummer42

3. In der Gesamtschau dieser Umstände ist der Senat davon überzeugt, dass der Betrieb der Klägerin keine kaufmännische Einrichtung erfordert. Die Vermutung für das Vorliegen eines Handelsgewerbes ist damit widerlegt.Randnummer43

Die Kundenanzahl und die Umsatzzahlen führen aus den dargestellten Gründen allenfalls in den Grenzbereich zum Handelsgewerbe; die Buchführungspflicht aus steuerlichen Gründen ist nichtssagend. Dem gegenüber sprechen insbesondere die Kapitalstruktur, das Fehlen von fest angestellten Arbeitnehmern und das überschaubare Angebot der Gesellschaft eindeutig gegen das Erfordernis kaufmännischer Einrichtung. Insgesamt drängt sich der Eindruck auf, dass die Gesellschafter ihren Geschäftsbetrieb bewusst schlank halten und möglichst viel in Eigenregie bzw. durch Fremddienstleister erledigen wollten, und dies auch entsprechend umgesetzt haben; in diese Richtung deutet letztlich auch die Kostenstruktur; angesichts der a.a.O. mit den Umsatzzahlen mitgeteilten Jahresgewinne (die sich in der Größenordnung zwischen 40 und 78 % bewegen) kann der betriebliche Aufwand nur als überschaubar bezeichnet werden. Insgesamt bietet die Klägerin daher nicht das Erscheinungsbild eines kaufmännischen Gewerbes.Randnummer44

III. Damit steht der Klägerin der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nur im tenorierten Umfang zu.Randnummer45

1. Das allgemeine Verbot für Gesellschafter einer OHG, mit der Gesellschaft in Wettbewerb zu treten, nach § 112 HGB gilt für die Gesellschafter einer GbR nicht, wie sich schon aus der systematischen Stellung der Norm im Handelsrecht ergibt (vgl. Grüneberg / Sprau, BGB, 81. Aufl., § 705 Rz. 27). Ansprüche der Gesellschaft gegen ihre Gesellschafter auf Unterlassung von Wettbewerb können daher nur aus der allgemeinen gesellschaftlichen Treuepflicht folgen; diese ist jedem Gesellschaftsverhältnis und damit auch der GbR immanent (BGH, Urteil vom 12.1.2019 – II ZR 143/17, Rz. 13).Randnummer46

Soweit in der Literatur die Auffassung vertreten wird, dass sich aus der gesellschaftlichen Treuepflicht ein Wettbewerbsverbot ergebe, welches in seiner Reichweite dem § 112 HGB entspreche (vgl. etwa MünchKomm / Schäfer, BGB, 8. Aufl., § 705 Rz. 242), folgt der Senat dem nicht. Der Gesetzgeber hat im (jüngeren) BGB davon abgesehen, für die GbR eine dem (älteren) § 112 HGB entsprechende Regelung zu treffen, was im Hinblick auf die vielfältigen Erscheinungsformen einer GbR auch sachgerecht erscheint.Randnummer47

Der Senat ist daher der Auffassung, dass der GbR Unterlassungsansprüche gegen ihre Wettbewerb treibenden Gesellschafter nur unter dem Gesichtspunkt der Geschäftschancenlehre zustehen können. Dies entspricht auch dem Ansatz des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 4.12.2012 – II ZR 159/10, Rz. 20). Hiernach genügt eine schlichte Konkurrenztätigkeit eines Gesellschafters nicht zur Begründung eines Unterlassungsanspruchs. Ein zur Geschäftsführung befugter Gesellschafter darf aber nicht Geschäftschancen aus dem Geschäftsbereich der Gesellschaft an sich ziehen, die der Gesellschaft aufgrund bestimmter Umstände bereits zugeordnet sind, etwa wenn der Gesellschafter auf Seiten der Gesellschaft bereits Vertragsverhandlungen geführt hat (BGH, Urteil vom 8.5.1989 – II ZR 229/88, Rz. 9; Urteil vom 4.12.2012 – II ZR 159/10, Rz. 21).Randnummer48

2. Nach diesen Grundsätzen besteht ein Unterlassungsanspruch des Klägers gegen den Beklagten dem Grunde nach.Randnummer49

Der Kläger hat in der Berufungserwiderung vorgetragen und durch Anlage R 4 belegt, dass ein Herr J. für eine Firma O. zunächst eine Buchungsanfrage für die K. an die Klägerin gerichtet habe, welche vom Beklagten bearbeitet worden sei; Herr J. habe sodann das Cottage gebucht. Dieser Vortrag war nicht nach § 531 Abs. 2 zurückzuweisen, weil er unbestritten geblieben ist.Randnummer50

In der Replik hat sich der Beklagte zu diesem Vorgang nicht geäußert. Auch im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat er den Vorgang als solchen nicht abgestritten, sondern lediglich angegeben, dass er Herrn J. das Cottage unentgeltlich überlassen habe. Selbst wenn man letzteres unterstellt, ist von einem Verstoß des Beklagten gegen die gesellschaftliche Treuepflicht in Gestalt der Geschäftschancenlehre auszugehen, weil der Beklagte auch dann, wenn er bzw. die P. GmbH hierfür nicht vergütet wurden, einen potentiellen Kunden der Klägerin von dieser weggeleitet hat.Randnummer51

Dieser „Erstverstoß“ begründet nach der allgemeinen Dogmatik der Unterlassungsrechts eine Wiederholungsgefahr und damit einen Unterlassungsanspruch. Insoweit kann für die gesellschaftliche Treuepflicht nichts anderes gelten als für den Schutz absoluter Rechtsgüter nach § 1004 BGB.Randnummer52

3. Der Anspruch ist nicht verjährt. Die handelsrechtliche Sondervorschrift des § 113 Abs. 3 HGB bezieht sich nur auf Ansprüche, die auf dem allgemeinen Wettbewerbsverbot des § 112 HGB beruhen, welches vorliegend gerade nicht gilt. Ansprüche, die aus der gesellschaftlichen Treuepflicht folgen, verjähren mangels anderweitiger Regelungen nach den allgemeinen Vorschriften (§§ 195, 199 BGB). Der Vorfall betreffend die Firma O. war im Jahr 2019; die Klage wurde noch in diesem Jahr erhoben.Randnummer53

Abgesehen davon betrifft § 113 Abs. 3 HGB nur Schadensersatz-, nicht aber Unterlassungsansprüche (vgl. Baumbach / Hopt / Roth, HGB, 38. Aufl., § 113 Rz. 10).Randnummer54

4. Auf der Basis der vorstehenden Ausführung war der landgerichtliche Unterlassungsausspruch der Tatsache anzupassen, dass der Beklagte nur die Unterlassung von Verhalten, das ihm nach der Geschäftschancenlehre verboten sind, schuldet. Die nunmehrige Tenorierung stellt sich als Minus zum klägerischen Antrag dar, so dass § 308 ZPO gewahrt ist.Randnummer55

IV. Entsprechend war der Auskunftsausspruch des Landgerichts zu modifizieren.Randnummer56

1. Der Verstoß eines Gesellschafters gegen die Treuepflicht in Gestalt der Geschäftschancenlehre begründet eine Schadensersatzpflicht des Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft aus § 280 Abs. 1 BGB wegen Verletzung einer Pflicht aus dem Gesellschaftsvertrag (BGH, Urteil vom 4.12.2012, a.a.O. Rz. 21). Der Schaden besteht in dem Gewinn, den die Gesellschaft aus dem entzogenen Geschäft bei gewöhnlichem Verlauf der Dinge gemacht hätte.Randnummer57

2. Den somit grundsätzlich bestehenden Schadensersatzanspruch kann die Klägerin nicht beziffern, weil sie unverschuldet in Unkenntnis über die maßgeblichen Umstände (Anzahl der einschlägigen Geschäftsvorfälle und damit erzielter Umsatz der P. GmbH) ist, wohingegen der Beklagte diese Umstände unschwer mitteilen kann. Die Klägerin kann daher im Wege der Stufenklage zunächst Auskunft über diese Umstände verlangen (§ 242 BGB).Randnummer58

3. Zur Frage der Verjährung und zur Gestaltung des Tenors gelten die obigen Ausführungen entsprechend.

C.

Die Kostenentscheidung für die Berufungsinstanz folgt aus § 92 ZPO. Die Entscheidung über die Kosten der ersten Instanz war nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung dem Landgericht vorzubehalten.Randnummer60

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.Randnummer61

Die Revision war nicht zuzulassen, da Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2 ZPO) nicht vorliegen. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Zu würdigen waren vielmehr die Umstände des Einzelfalles.

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