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OLG Brandenburg, Urteil vom 17.01.2024 – 7 U 36/21

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Vorstand
Wettbewerbsverbot
Wettbewerbsverbot Vorstand

§ 88 Abs. 3 AktG

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Neuruppin vom 29.01.2021,  Az. 7 O 2/21, wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Streithelferin zu tragen.

3. Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem jeweiligen Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

Die Klägerin betreibt ein Unternehmen, das sich überwiegend mit der Vermittlung, der Verwertung, dem Erwerb, der Veräußerung sowie der Verwaltung von Immobilien befasst. Sie wurde im Jahr 2002 vom Beklagten und („Name 01“), der bis heute Vorstand der Klägerin ist, gegründet und am 11.06.2002 in das Handelsregister eingetragen. Auch der Beklagte war zum Vorstand bestellt. Er übte seine Tätigkeit aufgrund eines Dienstvertrages aus, der am 28.05.2002 geschlossen worden war.

Im August 2012 – wann genau ist streitig – konfrontierte („Name 01“) den Beklagten mit dem Verdacht, dass der Beklagte zum Nachteil der Klägerin Eigengeschäfte vorgenommen habe. In einer am 24.08.2012 geschlossenen notariell beurkundeten Vereinbarung erklärte der Beklagte, sein Vorstandsamt niedergelegt zu haben. Er stimmte der Beendigung seines Dienstvertrages unter Verzicht auf Versorgungs- und Abfindungsansprüche gegen Verzicht auf etwaige Schadensersatzansprüche der Klägerin zu. Ferner erklärte er, seine Aktien an der Klägerin auf („Name 02“) und seine Anteile an der („Firma 01“) auf („Name 01“) zu übertragen. Der Beklagte focht diesen Vertrag an. Seine auf Feststellung der Unwirksamkeit des Vertrages und Feststellung seiner Eigenschaft als Aktionär der Klägerin und als Gesellschafter der („Firma 01“) über den 24.08.2012 hinaus gerichtete Klage gegen („Name 01“) und („Name 02“) hat das Landgericht („Ort 03“) durch Urteil vom 30.05.2013 abgewiesen (95 O 96/12). Auf die Berufung des hier Beklagten ist das Urteil durch Urteil des Kammergerichts vom 07.05.2015 abgeändert und die beantragten Feststellungen sind tenoriert worden. Die dagegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde ist durch Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 23.02.2016 – VIII ZR 132/15 – zurückgewiesen worden.

Im hier geführten Klageverfahren macht die Klägerin gegen den Beklagten Schadensersatzansprüche wegen des unberechtigten Einzuges von Provisionen durch den Beklagten für Geschäfte der Klägerin sowie den nicht vom Aufsichtsrat der Klägerin genehmigten Erwerb von Immobilien durch den Beklagten geltend.

Sie hat behauptet, der Beklagte sei nicht berechtigt gewesen, im Zeitraum zwischen Oktober 2002 und Mai 2005 Provisionen für die Vermittlung der Eigentumswohnungen („Adresse 01“), („Adresse 06“) und („Adresse 02“) in („Ort 01“) zu vereinnahmen. Diese Provisionen, die sich auf insgesamt 270.517,94 € beliefen, hätten ihr zugestanden.

Zudem hat sie behauptet, die vom Beklagten in den Jahren 2010 bis 2012 erworbenen Eigentumswohnungen, nämlich drei Wohnungen in der („Adresse 03“) in („Ort 02“), vier Wohnungen in der („Adresse 04“) in („Ort 02“) und eine Wohnung in der („Adresse 05“) in („Ort 03“) habe er ohne Kenntnis und Genehmigung des Vorstandes angekauft. Sie hätte die Immobilien erwerben wollen und sei dazu auch wirtschaftlich in der Lage gewesen. Ihr seien infolgedessen Mieteinnahmen und Veräußerungsgewinne entgangen, woraus ein Schaden in Höhe von 642.013,52 € resultiere.

Sie hat zuletzt die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von 912.531,46 € nebst Zinsen beantragt, hilfsweise die Verurteilung des Beklagten, die für die Übertragung der Wohnung in der („Adresse 05“) in („Ort 03“) und der drei Wohnungen in der („Adresse 04“) in („Ort 02“) notwendigen Erklärungen abzugeben und im Übrigen Schadensersatz in Höhe von 504.731,46 € zu zahlen.

Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat Klageabweisung beantragt. Er hat eingewandt, dass die Klageerhebung unzulässig sei, weil der Aufsichtsrat der Klägerin nicht wirksam über die Inanspruchnahme eines früheren Vorstandsmitglieds entschieden habe und der Vorsitzende des Aufsichtsrates („Name 03“) die erstinstanzlich tätige Rechtsanwaltskanzlei („Name 04“), die Streithelferin, nicht wirksam bevollmächtigt habe. Er hat die Einrede der Verjährung erhoben und eingewandt, seine Vermittlungstätigkeit in den Jahren 2002 bis 2005 sei auf der Grundlage von Vertriebsvereinbarungen erbracht worden, die er bereits vor der Gründung der Klägerin geschlossen habe. Der Erwerb der im Einzelnen bezeichneten Eigentumswohnungen der Klägerin sei für die Klägerin nicht von Interesse gewesen, weil sie die Wohnungen entweder für zu teuer gehalten habe oder finanziell gar nicht in der Lage gewesen wäre, den Erwerb zusätzlich zu den bereits von ihr erworbenen Immobilien zu vollziehen.

Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Einzelnen und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf den Tatbestand und die tatsächlichen Feststellungen in der angefochtenen Entscheidung verwiesen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Klage sei zulässig, da der Aufsichtsrat als zuständiges Gremium durch Beschluss vom 01.07.2015 die Beauftragung und Bevollmächtigung der Streithelferin mit der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen die Beklagte beschlossen habe. Darin liege zugleich die Entscheidung, Klage zu erheben, sofern die Vergleichsverhandlungen scheiterten. Dass eine solche Beschlussfassung in einer Telefonkonferenz am 01.07.2015 getroffen wurde, sei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme aufgrund der Angaben des Zeugen („Name 01“) bewiesen. Der Feststellung und Verkündung des Abstimmungsergebnisses habe es nicht bedurft, weil die Mitglieder des Aufsichtsrates ihre Stimmen in der Telefonkonferenz abgegeben und so umgehend über das Ergebnis der Abstimmung unterrichtet gewesen seien.

Die Mitglieder des Aufsichtsrates seien auch wirksam gewählt worden. Auch insoweit hätten die Angaben des Zeugen („Name 01“) den klägerischen Vortrag zu den Vorgängen um das Ausscheiden von Herrn („Name 05“) aus dem Aufsichtsrat und die Bestellung von Herrn („Name 03“), Herrn („Name 06“) und Herrn („Name 07“) bestätigt. Auch die Angaben des Zeugen („Name 01“) zum Inhalt und zur Führung des Aktienbuches seien nachvollziehbar und hätten den Inhalt der Eintragungen und die Angaben in den vorgelegten Unterlagen plausibel gemacht. Soweit der Beklagte eingewandt habe, er sei zur Hauptversammlung am 31.08.2012 nicht geladen worden, sei dies nicht erheblich, weil er jedenfalls zum Zeitpunkt der Hauptversammlung am 17.12.2012, in der die wahl der Aufsichtsratsmitglieder wiederholt worden sei, nicht mehr in das Aktienbuch eingetragen gewesen sei. Dies sei maßgeblich gewesen, auch wenn die Übertragung der Aktien des Beklagten unwirksam gewesen sei.

Unerheblich sei auch, ob die Niederlegung des Amtes durch Herrn („Name 05“) vor dem 31.08.2012 wirksam gewesen sei. Denn auch bei Fortgeltung der Mitgliedschaft im Aufsichtsrat am 31.08.2012 sei mit der Neuwahl von Herrn („Name 07“) die gesetzliche Höchstzahl der Aufsichtsratsmitglieder nicht überschritten gewesen. Die Überschreitung der in der Satzung bestimmten Höchstzahl der Mitglieder begründe nicht die Unwirksamkeit des Beschlusses über der Bestellung eines Aufsichtsratsmitgliedes. Zudem sei auch nach dem Vortrag des Beklagten nicht dargelegt, dass Herr („Name 05“) bei der Beschlussfassung am 01.07.2015 noch Mitglied des Aufsichtsrates gewesen sei. Das frühere Aufsichtsratsmitglied („Name 08“) sei bereits im Jahr 2010 aus dem Aufsichtsrat ausgeschieden. Die Aufsichtsratsmitglieder („Name 06“) und („Name 07“) hätten ihre wahl auch wirksam angenommen. Die Erklärung hätten sie nach den Bekundungen des Zeugen („Name 01“) bereits vor ihrer wahl abgegeben. Die Annahme des Amtes vor Durchführung der wahl sei zulässig. Andere Mängel der Beschlussfassung über die Klageerhebung lägen ebenso wenig vor, auch die Vollmachtserteilung gegenüber den Prozessbevollmächtigten habe wirksam durch Herrn („Name 01“) allein erteilt werden können.

Die Klage sei aber unbegründet, weil die von der Klägerin erhobenen Ansprüche verjährt seien. Die den Anspruch begründenden Handlungen eines Provisionsbetruges seien spätestens bis Mai 2005 begangen worden. Die Verjährungsfrist habe daher im Mai 2015 geendet und sei bis zu diesem Zeitpunkt weder gehemmt worden, noch habe sie neu begonnen. Die von dem Aufsichtsratsvorsitzenden („Name 01“) geführten Verhandlungen seien ohne Vollmacht des Aufsichtsrates geführt worden. Die Satzungsregelung in § 12 Abs. 6 regele lediglich die Befugnis, Beschlüsse des Aufsichtsrates umzusetzen, begründe aber keine Einzelvertretungsbefugnis. Ein Beschluss über die Aufnahme von Vergleichsgesprächen habe im Mai 2015 nicht vorgelegen. Die von Herrn („Name 03“) geführten Verhandlungen hätten auch nicht infolge der später erklärten Genehmigung den Lauf der Verjährungsfrist gehemmt. Die Genehmigung wirke vielmehr erst ab dem Zeitpunkt ihrer Erteilung verjährungshemmend. Der Beklagte habe die geltend gemachten Ansprüche auch nicht anerkannt.  Etwaige am 24.08.2012 abgegebene Erklärungen seien nach der ersten Konfrontation mit den streitigen Pflichtverletzungen und ohne längere Überlegung geäußert und seien nicht gegenüber der Klägerin abgegeben worden. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass sich der Beklagte der ihn treffenden Ansprüche der Klägerin bewusst gewesen sei.

Es habe auch keine unklare Rechtslage bestanden, die es gerechtfertigt hätte, den Verjährungsbeginn hinauszuschieben. Die Klägerin habe, auch wenn die Wirksamkeit der Vereinbarung vom 24.08.2012 noch im Streit gestanden haben, vorsorglich Schritte unternehmen können, um den Lauf der Verjährungsfrist zu hemmen.

Ansprüche wegen eines Ankaufsbetruges seien ebenfalls verjährt.  Zu Ansprüchen aus § 88 Abs. 1 AktG habe die Klägerin erst nach der mündlichen Verhandlung vorgetragen, die Voraussetzungen für eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung lägen insoweit nicht vor. Ansprüche aus der Geschäftschancenlehre seien ebenfalls verjährt, weil auch insoweit die kurze Verjährungsfrist des § 88 Abs. 3 AktG gelte. Diese habe zu laufen begonnen, da der Vorstand („Name 03“) jedenfalls am 24.08.2012 umfassend informiert war und die übrigen Aufsichtsratsmitglieder jedenfalls am 03.12.2012 hätte informieren können. Zu diesem Zeitpunkt seien die Ansprüche auch bereits entstanden, da der Beklagte Kaufverträge abgeschlossen und damit die Erwerbsaussichten der Klägerin erheblich verschlechtert habe. Der Lauf der Verjährungsfrist sei nicht durch Vergleichsverhandlungen gehemmt worden, etwaige Verhandlungen von Herrn („Name 03“) hätten diese Wirkung nicht, da er vom Aufsichtsrat nicht zur Führung von Vergleichsverhandlungen ermächtigt worden sei. Erst mit dem Schreiben vom 20.07.2015 könne man davon ausgehen, dass Vergleichsverhandlungen geführt werden sollten; diese Verhandlungen seien indes Ende 2015 nicht mehr fortgeführt worden. Die Einreichung des Güteantrages habe auf den Lauf der Verjährungsfrist nicht im Sinn der Aufnahme von Vergleichsverhandlungen Einfluss gehabt, weil der Beklagte Vergleichsverhandlungen zu diesem Zeitpunkt abgelehnt habe. Bis zum Ablauf der Verjährungsfrist seien die Vergleichsverhandlungen nicht wieder aufgenommen worden.

Die Einreichung des Güteantrages habe auch nicht für sich genommen die Verjährungsfrist unterbrochen. Denn der Antrag habe den formalen Anforderungen nicht genügt, insbesondere sei die Vollmacht des Prozessbevollmächtigten nicht von sämtlichen Aufsichtsratsmitgliedern unterzeichnet gewesen, was zur wirksamen Hemmung der VerjährungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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aber erforderlich gewesen wäre. Die Vollmachtserteilung müsse für die Gütestelle vor Zustellung des Antrags vollständig nachvollziehbar sein.

Ansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB, § 266 StGB wären demgegenüber zwar nicht verjährt. Insoweit sei aber die Klägerin darlegungs- und beweispflichtig insbesondere auch für ein vorsätzliches Handeln des Beklagten. Die Klägerin habe insoweit keine ausreichenden Umstände vorgetragen, die die Einwendung des Beklagten, er sei stets davon ausgegangen, dass die Klägerin die betreffenden Objekte nicht habe erwerben wollen oder können, zu widerlegen geeignet seien. Ergänzender Vortrag hierzu nach Schluss der mündlichen Verhandlung vom 04.11.2020 gebiete keine Wiedereröffnung, da die Klägerin nicht beantragt habe, zum Vorsatz des Beklagten ergänzend vortragen zu dürfen.

Ergänzend wird auf die Ausführungen in den Entscheidungsgründen Bezug genommen.

Gegen das am 11.02.2021 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 08.03.2021 Berufung eingelegt, die sie nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 11.05.2021 am 07.05.2021 begründet hat.

Mit ihrer Berufung macht die Klägerin geltend: Das Landgericht habe den von ihrem Aufsichtsrat am 03.12.2012 (Anl K103) gefassten Beschluss missverstanden. Der Beschluss habe nicht die Beauftragung und Bevollmächtigung von Rechtsanwalt („Name 03“) mit der Verteidigung gegen die Anfechtungsklage des Beklagten betroffen. Diese Klage sei vielmehr gegen die Eheleute („Name 01“) als Vertragspartner der Vereinbarung vom 24.08.2012 gerichtet gewesen. Die Klägerin sei nicht Partei gewesen und habe daher weder über die Bevollmächtigung noch über die Beauftragung eines Rechtsanwaltes zu entscheiden gehabt. Gegenstand der Beschlussfassung sei vielmehr die Beauftragung des Rechtsanwaltes zur Bearbeitung aller im Zusammenhang mit der Anfechtung der Vereinbarung vom 24.08.2012 stehenden Rechtsfragen gewesen. Es habe eine Gesamtverhandlung und eine Gesamteinigung getroffen werden sollen. Herr („Name 03“) sei infolgedessen zur Führung von Verhandlungen mit dem Beklagten seitens der Klägerin bevollmächtigt gewesen.

Das Landgericht habe zudem nicht zutreffend gewürdigt, dass die Tätigkeit von Herrn („Name 03“) im Zusammenhang mit der Durchsetzung der Schadensersatzansprüche gegen den Beklagten durch Beschlüsse vom 15.12.2015 (Anl K34) und vom 02.08.2016 (Anl K35) sowie vom 30.01.2017 (Anl K36) genehmigt worden sei. Die Genehmigung wirke zurück. Dies gelte auch, soweit die Verhandlungen die Hemmung der VerjährungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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bewirken sollten.

Verhandlungen seien seit dem 24.08.2012 geführt worden. Nachdem der Beklagte mit den gegen ihn erhobenen Vorwürfen konfrontiert worden sei, habe er erklärt, dass er sich nicht mehr mit dem Unternehmen identifiziere und bereit sei, es zu verlassen, wenn er ein gutes Angebot erhielte. Sodann sei die notariell beurkundete Vereinbarung geschlossen worden, die eine Gesamtregelung der Angelegenheit dahin enthalten habe, dass der Beklagte auf Ansprüche als Aktionär und Gesellschafter verzichtete und Herr („Name 01“) und die Klägerin ihn von Ansprüchen in „aktienrechtlichen“ und „OHG-rechtlichen“ Angelegenheiten freistellten. Weitere Verhandlungen folgten am 11.03.2013 vor dem LG („Ort 03“) und am 27.04.2014 (Anl K81) zwischen dem Beklagten, Herrn   („Name 03“) und Herrn („Name 01“). Hier habe der Beklagte einen Einigungsvorschlag unterbreitet. Auch in der Folgezeit, nämlich seit dem 05.08.2015, seien weitere Verhandlungen geführt worden. Dies habe sich bis zum 12.04.2018 fortgesetzt, wie er im Einzelnen unter Wiederholung des erstinstanzlichen Vortrages ausführt.

Zu Unrecht habe das Landgericht aber auch angenommen, dass der Lauf der Verjährungsfrist im Monat Mai 2005 begonnen habe. Tatsächlich sei der Beginn der Verjährungsfrist wegen unklarer Rechtslage herausgeschoben gewesen. Die Rechtslage zur Frage, ob die Klägerin wirksam auf Ansprüche gegen den Beklagten verzichtet habe, sei unsicher und auch für den Rechtskundigen nicht zuverlässig zu beantworten gewesen. Sie sei insbesondere nicht in der Lage gewesen, ihre Rechte zumindest durch Erhebung einer Feststellungsklage geltend zu machen. Sie hätte sich in diesem Fall dem Vorwurf widersprüchlichen Verhaltens ausgesetzt, weil im Verfahren vor dem LG („Ort 03“) vertreten worden sei, dass die Vereinbarung vom 24.08.2012 wirksam gewesen sei. Erst mit Rechtskraft des Urteils des Kammergerichts am 07.05.2015 sei Rechtssicherheit eingetreten und sie habe die Ansprüche geltend machen können. Sie habe auch nicht ihrerseits zuvor erkennen müssen, dass die Vereinbarung unwirksam sei. Sowohl der beurkundende Notar als auch das LG („Ort 03“) seien – mit ihr  – von der Wirksamkeit ausgegangen.

Die Verjährungsfrist sei schließlich durch den Gütestellenantrag gehemmt worden, der am 31.12.2015 vorab per Fax und sodann per Post gestellt worden sei. Der Antrag sei unter Vorlage der Vollmacht – per Post im Original – erhoben worden. Soweit das Landgericht der Auffassung sei, auch die Wirksamkeit der Vollmacht habe mit dem Antrag nachgewiesen werden müssen, seien diese Anforderungen an die Zulässigkeit eines Gütestellenantrages nicht zu stellen. Vergleichbar der Rechtslage bei Einreichung eines Mahnbescheidsantrages sei für die verjährungshemmende Wirkung des Antrags bei demnächst erfolgender Zustellung maßgeblich, dass der erhobene Anspruch klar zutage trete. Herr Rechtsanwalt („Name 03“) sei als Aufsichtsratsvorsitzender gemäß § 12 Abs. 6 der Satzung der Klägerin befugt gewesen, den Aufsichtsratsbeschluss vom 15.12.2015 auszuführen. Dies sei für die Gütestelle erkennbar gewesen, da die Satzung mit eingereicht worden sei. Sie sei nicht verpflichtet gewesen, den vollständigen Nachweis einer Bevollmächtigung durch vorherige Beschlussfassung bereits mit der Antragsschrift zu führen. Die Vorlage der Vollmacht beruhe auf einer „Sollvorschrift“. Der Nachweis einer Vertretungskette müsse nicht geführt werden. Dem entsprechend habe die Gütestelle sie auch nicht zu ergänzendem Vortrag aufgefordert, sondern den Antrag zugestellt. Damit sei die Wirkung der Hemmung der VerjährungBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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eingetreten. Das Landgericht habe an die Zulässigkeit des Antrags zu hohe Anforderungen gestellt. Es hätte zudem bei Zweifeln an ihrer Rechtsauffassung den als Zeugen benannten Mediator Herrn („Name 09“) hören müssen. Im Übrigen könne der Nachweis der Wirksamkeit des Antrages auch noch nach Einreichung nachgeholt werden und lasse die Wirkung der Einreichung des Antrages analog § 167 ZPO nicht entfallen.

Schließlich läge entgegen der Rechtsauffassung des Landgerichts mit dem Abschluss der Vergleichsvereinbarung auch ein Anerkenntnis ihrer Ansprüche vor, das den Lauf der Verjährungsfrist habe neu beginnen lassen.

Hinsichtlich des Ankaufsbetruges habe das Landgericht fehlerhaft § 88 AktG und die in § 88 Abs. 3 AktG geregelte Verjährungsfrist angewendet. Voraussetzung der Anwendbarkeit dieser Vorschrift sei der Betrieb eines Handelsgeschäfts durch ein Vorstandsmitglied bzw. der Abschluss eines Geschäfts im Geschäftszweig der Gesellschaft. Beides liege nicht vor. Der Beklagte habe jeweils im Namen der Klägerin gehandelt und daher kein eigenes Geschäft betrieben. Das Ausnutzen konkreter Geschäftschancen der Klägerin zum eigenen Vorteil unterliege nicht der Regelung des § 88 Abs. 1 AktG. Auch sei das Landgericht zu Unrecht davon ausgegangen, dass § 93 AktG nicht anwendbar sei.

Der Beklagte habe schließlich auch eine Untreue im Sinn des § 266 StGB begangen, da er das Vermögen der Klägerin, zu welchem auch die Kunden und Kundenkontakte gehörten, nicht im Interesse der Klägerin behandelt, sondern zu seinem eigenen Vorteil genutzt habe. Die Provisionsansprüche hätten der Klägerin aufgrund der geschlossenen Verträge zugestanden. Die Überweisung eines Teils der Provisionen an sich sei mithin pflichtwidrig gewesen.

Bei Ankauf von Immobilien habe er zunächst im Namen der Klägerin verhandelt und sodann kurz vor Abschluss des Vertrages den Kauf im eigenen Namen getätigt. Auch insoweit habe er sich treuwidrig verhalten, indem er das gewinnbringende Geschäft selbst ausgeführt habe. Er habe auch vorsätzlich gehandelt. Dies ergebe sich daraus, dass er keine Erlaubnis der Klägerin eingeholt habe und zudem zu verschleiern suchte, dass er Objekte erworben habe. Er habe dem Mitaktionär vielmehr berichtet, dass der Ankauf gescheitert sei. Nach ihrer Auffassung habe er damit zugleich eine unerlaubte Handlung durch Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb sowie eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung begangen. Soweit das Landgericht davon ausgegangen sei, dass zum Vorsatz des Beklagten nicht ausreichend vorgetragen worden sei, hätte es sie darauf hinweisen und ihr Gelegenheit zur Stellungnahme geben müssen, jedenfalls aber die mündliche Verhandlung wiedereröffnen müssen. Sofern sie einen Hinweis erhalten hätte, dass es darauf ankäme, wie der Beklagte den Erwerbern den Eindruck erweckte, sie verkauften nicht an ihn, hätte sie näher ausgeführt, wie der Beklagte gegenüber den Verkäufern zunächst im Namen der Klägerin aufgetreten sei, die notariellen Verträge dann aber so habe erstellen lassen, dass er selbst als Käufer aufgetreten sei. Er habe dem Vorstand der Klägerin jeweils berichtet, dass der Ankauf gescheitert sei.

Die Ansprüche seien auch nicht verjährt. Hinsichtlich des Erwerbs der Immobilien sei auf den Abschluss des Erwerbs durch den Beklagten, also auf die Eigentumsumschreibung im Grundbuch abzustellen.

Die Streithelferin macht geltend, das Landgericht habe den Verjährungseintritt in beiden Komplexen unrichtig beurteilt. Der Beginn der Verjährungsfrist zum Komplex „Provisionsbetrug“ sei solange herausgeschoben gewesen, bis rechtskräftig entschieden gewesen sei, dass die Vereinbarung vom 24.08.2012 unwirksam sei. Die Rechtslage sei unklar gewesen, wie sich aus den einander entgegenstehenden Entscheidungen des Landgerichts („Ort 03“) und des Kammergerichts im Verfahren über die Wirksamkeit der Vereinbarung vom 24.08.2012 ergebe. Erst mit Rechtskraft der Entscheidung durch den Beschluss des BGH vom 23.02.2016 habe die Verjährungsfrist zu laufen begonnen, mithin erst mit Ablauf des 31.12.2016. Der Lauf einer früher beginnenden Verjährungsfrist sei durch den Antrag an die Gütestelle vom 31.12.2015 auch gehemmt worden. Unzutreffend sei das Landgericht davon ausgegangen, dass im Verfahren vor der Gütestelle eine Vollmacht des Aufsichtsratsvorsitzenden („Name 03“) nicht nachgewiesen worden sei. Damit setze es sich in Widerspruch zu seinen Ausführungen zur Zulässigkeit der Klage. Auch der unzulässige Antrag hätte im Übrigen verjährungshemmende Wirkung. Dies müsse für das Gütestellenverfahren entsprechend der Rechtslage im Klageverfahren beurteilt werden. Schließlich habe das Landgericht den Vortrag der Klägerin zu geführten Verhandlungen verkannt, auf den sie im Einzelnen verweist.

Die Klägerin und die Streithelferin beantragen,

das am 29. Januar 2021 verkündete Urteil des Landgerichts Neuruppin, Az.: 7 O 2/21 (ehemals 6 O 43/16) abzuändern und

1. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 912.531,46 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

2. hilfsweise

a. den Beklagten zu verurteilen, unter Sicherstellung der lastenfreien Übertragung

aa. die Eigentumswohnung (49/1.000 Miteigentumsanteil an dem Grundstück Flur ,,,, Flurstück ,,,, („Adresse 05“), verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung Nr. 21), Grundbuch … (Wohnungsgrundbuch), Blatt …, geführt beim Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg,

bb. die Eigentumswohnung (29,88/1.000 Miteigentumsanteil an dem Grundstück Flurstück …, („Adresse 04“), Flurstück …, verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung nebst Kellerraum, im Aufteilungsplan mit Nr. 9 bezeichnet), Grundbuch … (Wohnungsgrundbuch), Blatt …, geführt beim Grundbuchamt Leipzig,

cc. die Eigentumswohnung (29,96/1.000 Miteigentumsanteil an dem Grundstück Flurstück …, („Adresse 04“), verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung nebst Kellerraum, im Aufteilungsplan mit Nr. 14) Grundbuch … (Wohnungsgrundbuch), Blatt … , geführt beim Grundbuchamt Leipzig,

dd. hälftigen 4,89/1.000 – Miteigentumsanteil an dem Grundstück Flurstück …, („Adresse 04“) , Flurstück … verbunden mit dem Sondereigentum an dem Vierfach-Parker, im Aufteilungsplan mit Nr. 23 bezeichnet) Grundbuch … (Teileigentumsgrundbuch), Blatt …, geführt beim Grundbuchamt Leipzig,

an sie aufzulassen und die Eigentumsumschreibung im Grundbuch zu bewilligen;

b. unter Aufrechterhaltung des Hilfsantrags zu 2a den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 504.731,46 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

höchst hilfsweise,

das Urteil des Landgerichts Neuruppin vom 29.01.2021 – 7 O 2/21 aufzuheben und den Rechtsstreit an das Landgericht Neuruppin zur erneuten Verhandlung zurückzuverweisen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er wendet ein: Die Überweisung von Provisionen an ihn sei nicht rechts- oder absprachewidrig gewesen. Die Klägerin habe von dem damaligen Aufsichtsratsvorsitzenden („Name 10“), der Eigentümer der von der Klägerin genannten Objekte gewesen sei, Provisionen erhalten. Die Klägerin habe auch gewusst, dass der Beklagte seinerseits eine Provision erhalten habe.

Hinsichtlich des Ankaufs verschiedener Objekte habe die Klägerin den Schaden im Lauf des Verfahrens unterschiedlich beziffert, insbesondere den Güteantrag in geringerer Höhe (444.500 €) gestellt, als sie dies im hier geführten Verfahren getan habe. Insoweit sei jedenfalls der Anspruch verjährt. Sie habe es aber auch versäumt, den Schaden substantiiert darzulegen, der ihr abzüglich der mit dem Erwerb und der Veräußerung verbundenen Kosten entstanden sei.

Die Vereinbarung vom 24.08.2012 sei nicht ausführlich verhandelt worden. Vielmehr habe („Name 01“) sich Zugang zu seinem Büro verschafft und Unterlagen eingesehen. Er habe ihn sodann – entgegen der angekündigten Tagesordnung und für ihn überraschend – am 24.08.2012 über Rechtsanwalt („Name 03“) als Aufsichtsratsvorsitzenden mit den erhobenen Vorwürfen konfrontiert und mit einer bereits vorbereiteten Strafanzeige und daraus folgenden Haftstrafe gedroht. Er habe ihn noch am selben Tag zum Notar gebracht und die notarielle Vereinbarung vorbereiten lassen, die er dann unter dem Eindruck der Drohungen unterzeichnet habe. Er verteidigt die Ausführungen des Landgerichts zum Fehlen einer Vollmacht von Rechtsanwalt („Name 03“) zur Führung von Vergleichsgesprächen und dazu, dass konkrete Verhandlungen zwischen den Parteien auch während des Verfahrens vor dem Landgericht („Ort 03“) und dem Kammergericht nicht geführt worden seien. Die Klägerin könne sich auch nicht auf einen späteren Verjährungsbeginn wegen schwieriger Rechtslage berufen. Die Rechtslage sei nicht schwierig und die Einleitung von verjährungshemmenden Maßnahmen sei zumutbar gewesen. Er verteidigt auch die Rechtsausführungen des Landgerichts dazu, dass das Güteverfahren, das die Klägerin eingeleitet hatte, wegen formeller Mängel keine verjährungshemmende Wirkung habe entfalten können. Schließlich sei der Abschluss eines Vergleichs auch nicht als Anerkenntnis auszulegen.

Soweit die Klägerin behauptet, er habe ohne Absprache mit ihr Grundstücke angekauft, finde § 88 AktG keine Anwendung. Der Vortrag sei von der Klägerin geändert worden; nachdem sie zunächst angegeben habe, er habe in eigenem Namen mit den Kunden verhandelt, behaupte sie nun, er habe in ihrem Namen gehandelt und kurz vor Kaufvertragsabschluss eine Änderung des Erwerbers herbeigeführt. Dieser Vortrag sei unzutreffend. Aber selbst wenn man der klägerischen Argumentation folge, sei davon auszugehen, dass die Verjährungsvorschrift aus § 88 Abs. 3 AktG auch auf Ansprüche nach der sogenannten „Geschäftschancenlehre“ Anwendung finde. Ein Anspruch ergebe sich schließlich auch nicht aus § 93 Abs. 1 AktG. Zu Recht sei das Landgericht davon ausgegangen, dass ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB, § 266 Abs. 1 StGB nicht begründet sei, weil der subjektive Tatbestand nicht erfüllt sei. Er habe erstinstanzlich ausführlich dargestellt, dass die Klägerin in den Jahren 2010 bis 2012 finanziell zum Erwerb nicht in der Lage gewesen wäre, die Objekte zu erwerben. Zudem habe ihre Gesamtausrichtung es ihr nicht erlaubt, die Objekte in vertretbarer Zeit zu veräußern und dadurch Gewinne zu erzielen. Geschäftschancen seien zudem nicht vom Vermögensbegriff geschützt. Andere Ansprüche aus unerlaubter Handlung seien wegen fehlenden Vorsatzes ebenso wenig begründet.

Ergänzend wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. Der Senat hat Beweis erhoben. Hinsichtlich des Inhalts und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Beweisbeschluss vom  01.12.2021 (Bl. 1522) und das Protokoll der Beweisaufnahme vom 18.05.2022 (Bl. 1653) verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Die Klägerin kann Ansprüche wegen vom Beklagten vereinnahmter Provisionen nach Eintritt der Verjährung nicht mit Erfolg geltend machen. Ansprüche wegen des Eigenerwerbs von Wohnungen während der Tätigkeit des Beklagten für sie sind nicht begründet, weil die Klägerin nicht zur Überzeugung des Senats bewiesen hat, dass die finanzielle Möglichkeit zum Erwerb dieser Wohnungen im Erwerbszeitpunkt bestand und ihr daher ein Schaden entstanden ist.

1.

Die Berufung ist zulässig, die klägerischen Prozessbevollmächtigten sind wirksam vom Aufsichtsrat der Klägerin bevollmächtigt worden.

Der Aufsichtsrat hat über die erstinstanzliche gerichtliche Inanspruchnahme des Beklagten als ehemaligem Vorstandsmitglied entschieden und den Aufsichtsratsvorsitzenden beauftragt, alle zur Geltendmachung erforderlichen Maßnahmen vorzunehmen (Anl K 53). Davon ist die Befugnis zur Erteilung einer Vollmacht an einen Rechtsanwalt erfasst.

Bei der Prozessführung einer Aktiengesellschaft gegen ein Vorstandsmitglied wird die Gesellschaft nach § 112 AktG durch den Aufsichtsrat vertreten. Die Regelung findet auch gegenüber ehemaligen Mitgliedern des Vorstandes Anwendung (st Rspr. BGH, Beschluss vom 14.05.2013 – II ZB 1/11, AG 2013, 562 Rn. 22). Der Beklagte war bis zum 24.08.2012 als Vorstandsmitglied tätig. Die Parteien vereinbarten mit Vertrag vom 24.08.2012 die Beendigung der beruflichen Zusammenarbeit (Anl K4, S. 2) und der Beklagte übte sein Amt seitdem nicht mehr aus. Am 23.10.2012 (Anl K1) wurde er als Vorstandsmitglied im Handelsregister gelöscht.

Die Willensbildung im Aufsichtsrat erfolgt durch Beschluss, § 108 Abs. 1 AktG. Der Aufsichtsrat der Klägerin hat hier mit Beschluss vom 01.07.2015 in einer Telefonkonferenz über die Beauftragung und Bevollmächtigung der Streithelferin mit der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen die Beklagte entschieden.

Nach § 108 Abs. 4 AktG sind schriftliche, fernmündliche oder andere vergleichbare Formen der Beschlussfassung des Aufsichtsrats und seiner Ausschüsse vorbehaltlich einer näheren Regelung durch die Satzung oder Geschäftsordnung des Aufsichtsrates zulässig, wenn kein Mitglied diesem Verfahren widerspricht. Der Vorbehalt einer solchen Regelung kann sich darauf beziehen, dass das Widerspruchsrecht der Aufsichtsratsmitglieder ausgeschlossen werden kann, die Satzung kann aber auch umgekehrt bestimmte Formen der Abstimmung ausschließen. Die Satzung der Klägerin (Anl K2) sieht in § 12 Abs. 1 vor, dass der Aufsichtsrat beschlussfähig sei, wenn die Mehrheit der Mitglieder, mindestens drei, nach schriftlicher rechtzeitiger Ladung anwesend sind. Nach § 12 Abs. 2 bestimmt der Vorsitzende zu Beginn der Sitzung „die Art der Abstimmung“. Nach Art. 12 Abs. 4 Satz 2 kann der Aufsichtsrat auch ohne Einberufung einer Sitzung schriftlich abstimmen, wenn der Vorsitzende oder ein Stellvertreter eine solche Beschlussfassung bestimmt und kein Mitglied diesem Verfahren schriftlich widerspricht. Eine Regelung, die eine Abstimmung per Telefonkonferenz ausschließt, enthält die Satzung danach nicht. Die Tatsache, dass nur die schriftliche Abstimmung näher geregelt ist, ist nicht dahin auszulegen, dass andere Abstimmungsformen nicht zulässig seien; der Wortlaut der Satzung lässt dies nicht erkennen.

Dass die Abstimmung telefonisch tatsächlich mit den Mitgliedern („Name 01“), („Name 06“), („Name 03“), und („Name 07“) durchgeführt und keines der Aufsichtsratsmitglieder widersprochen habe, hat der Zeuge („Name 01“) nach den Ausführungen auf S. 11 bis 14 des angefochtenen Urteils, auf die verwiesen wird, bekundet. Die Feststellungen begründen keine Zweifel an deren Richtigkeit und Vollständigkeit. Sie sind mit der Berufung auch nicht im Einzelnen angegriffen worden.

Die an der Abstimmung teilnehmenden Personen waren auch wirksam gewählte Aufsichtsratsmitglieder. Die Bestellung der Aufsichtsratsmitglieder („Name 03“), („Name 06“) und („Name 07“) ist jedenfalls in der Hauptversammlung am 17.12.2012 wirksam beschlossen worden (Protokoll Anl K 51). Der Vorstand („Name 01“) konnte die Hauptversammlung zum 17.12.2012 einberufen, ohne den Beklagten zur Hauptversammlung zu laden, da nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme der Beklagte zum Zeitpunkt der Hauptversammlung nicht mehr im Aktienbuch als Aktionär eingetragen war, wie das Landgericht unter Ziffer 2a) des Urteils (S. 16 – 18) ausgeführt hat. Auf die Feststellungen des Landgerichts wird auch insoweit verwiesen.

Die Eintragung in das Aktienbuch ist für die Frage, welche Personen im Verhältnis zur Gesellschaft als Aktionäre Rechte und Pflichten haben, gemäß § 67 Abs. 2 Satz 1 AktG maßgeblich, auch wenn die Übertragung von Aktien nicht wirksam ist (MüKoAktG Nachtrag ARUG II/Bayer, AktG § 67Bitte wählen Sie ein Schlagwort:
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, Rn 51,51a). Die materielle Rechtslage bleibt von der Eintragung in das Aktienregister unberührt. Zweck der Eintragung in das Aktienregister ist die Schaffung von Rechtsklarheit für die Frage der mitgliedschaftlichen Berechtigung oder Verpflichtung (vgl. Grigoleit/Rachlitz, AktG § 67Bitte wählen Sie ein Schlagwort:
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Rn. 2).

Auch die Beauftragung der zweitinstanzlich tätigen Prozessbevollmächtigten mit der Einlegung der Berufung und die Erteilung einer Prozessvollmacht sind wirksam erklärt worden. Die Klägerin hat sich auf die Beschlussfassungen des Aufsichtsrates vom 03.03.2021 (Anl K113, Bl. 2100, 2100R) und vom 18.03.2021 (Anl K 114, Bl. 2101, 2101R) berufen, mit denen über die Einlegung der Berufung und die Beauftragung der klägerischen Prozessbevollmächtigten entschieden worden ist. An der Beschlussfassung nahmen die Aufsichtsratsmitglieder („Name 03“), („Name 07“) und („Name 02“) teil. Die dagegen gerichteten Rügen des Beklagten sind unbegründet.

Der Einwand des Beklagten in der Berufungsinstanz, dass das Amtsgericht Charlottenburg – Registergericht – ein Verfahren über die Eintragung von Satzungsänderungen aufgrund von Beschlüssen der Aktionsversammlung vom 22.04.2021 ausgesetzt habe, da der Beklagte bei der Beschlussfassung nicht beteiligt worden sei, steht der Wirksamkeit der Beschlussfassungen vom 03.03.2021 und vom 18.03.2021 nicht entgegen. Die vom Beklagten erhobenen Einwände gegen die ordnungsgemäße Vertretung der Klägerin, die die Frage betreffen, ob der Aufsichtsrat der Klägerin nach Klageerhebung durch Beschlüsse vom 18.08.2017 (Anl B58, Bl. 1589) und vom 30.06.2018 (Anl B59, Bl. 1590) wirksam gewählt worden ist, führen nicht zur Unzulässigkeit der Berufung.

Den Überlegungen des Beklagten liegt zugrunde, dass er durch Beschluss der Aktionärsversammlung vom 11.04.2016 gemäß § 64 AktG als Aktionär ausgeschlossen wurde, weil er die Einlagen nicht fristgerecht gezahlt habe. Er ist am 13.04.2016 aus dem Aktienbuch ausgetragen worden. Der Beklagte hat den Beschluss vom 11.04.2016 indes erfolgreich angefochten. Durch Urteil des Landgerichts („Ort 03“) vom 03.09.2019 (- 21 O 222/18, Anl B23, Bl. 665) ist festgestellt worden, dass die Ausschlusserklärung unwirksam war. Die Berufung gegen die Entscheidung ist vom Kammergericht mit Urteil vom 29.10.2020 (- 12 U 177/19 Anl B 37) zurückgewiesen worden. Die dagegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 13.07.2021 zurückgewiesen (- II ZR 210/20, Anl B39, Bl. 1419).  Damit steht zwar fest, dass der Beklagte auch nach der Beschlussfassung über seinen Ausschluss vom 11.04.2016 weiterhin Aktionär war; allerdings begründet dieser Umstand nicht rückwirkend die Unwirksamkeit gefasster Hauptversammlungsbeschlüsse. Die materielle Unwirksamkeit macht die Eintragung der Aktionäre im Aktienregister nicht unwirksam, soweit die Eintragung auf Veranlassung des zuständigen Organs und einem – wenn auch materiellrechtlich unwirksamen – Nachweis veranlasst worden ist, wie sich wiederum aus der Regelung des § 67 Abs. 2 Satz 1 AktG ergibt. Der materiell Berechtigte ist auf das Verfahren nach § 67 Abs. 5 AktG verwiesen. Insoweit hat er einen Anspruch auf Durchführung des Verfahrens gegen die AG und ist befugt, seinerseits Klage gegen einen erhobenen Widerspruch zu erheben.

Die vom Beklagten in diesem Zusammenhang vorgelegte Entscheidung des Registergerichts vom 02.02.2022 (Anl B 54, Bl. 1587) betrifft demgegenüber eine beantragte Eintragung von Änderungen der Satzung aufgrund einer Beschlussfassung der Aktionärsversammlung vom 22.04.2021. Das Registergericht setzt seine Entscheidung über die Anmeldung der Satzungsänderungen aus, da die Beschlussfassung über die Satzungsänderung angefochten ist und das Gericht erhebliche Bedenken gegen die Wirksamkeit der Beschlussfassung habe.

Die im Beschwerdeverfahren ergangene Verfügung des Kammergerichts vom 27.04.2022 (B 55, Bl. 1586) verhält sich nicht zu der Frage, welche Wirkung § 67 Abs. 2 Satz 1 AktG beizumessen ist, sondern bezieht sich auf das gegen die Satzungsänderungen vom 22.04.2021 anhängige Beschlussanfechtungsverfahren, dessen Erfolgsaussichten nach den Überlegungen des Kammergerichts „zumindest als offen“ zu bezeichnen seien, was die Aussetzung rechtfertigte, ohne dass auf § 67 Abs. 2 Satz 1 AktG eingegangen wird.

2.

Die Klage ist unbegründet, soweit die Klägerin ihren Anspruch darauf stützt, dass der Beklagte in den Jahren 2002 bis 2005 persönlich Provisionen erzielt habe, die zu ihren Gunsten hätten vereinbart werden müssen. Der geltend gemachte Anspruch ist verjährt.

Der Eintritt der Verjährung ist nach der kurzen Verjährungsfrist des § 88 Abs. 3 AktG wegen der Verletzung des Wettbewerbsverbots begründet. Der Anspruch der Klägerin kann sich aus § 88 Abs. 1 Satz 1, 2. Alt AktG ergeben. Voraussetzung wäre, dass der Beklagte im Geschäftszweig der Klägerin für eigene oder fremde Rechnung Geschäfte gemacht hat. Geschäftemachen ist dabei jede auf Gewinnerzielung gerichtete Teilnahme am geschäftlichen Verkehr, die nicht zur Befriedigung privater eigener Bedürfnisse führt (BGH, Urteil vom 17.02.1997 – II ZR 278/95, NJW 1997, 2055 Rn 9). Die Klägerin hat zwar einen Erlös aus der Vermittlung sämtlicher Immobilien erzielt, allerdings ist nach dem Vortrag des Beklagten eine eigene Provisionsvereinbarung mit Herrn („Name 10“) (Anlage B 4) jeweils Grundlage der Zahlung. Der Beklagte habe mit Herrn („Name 10“) schon vor Gründung der Klägerin zusammengearbeitet und Immobilien vermittelt, insbesondere die Vermittlung von Wohnungen im Mehrfamilienhaus („Adresse 06“) in („Ort 01“). Die von ihm abgeschlossenen Geschäfte seien mithin seine Kunden gewesen. Er habe dann nach Gründung der Klägerin nur vereinbart, dass sie einen Anteil der von ihm verdienten Provisionen bezüglich des Objekts („Adresse 06“) in („Ort 01“) erhalte.

Danach habe man das Objekt („Adresse 01“) ebenfalls vermitteln wollen. Hier sei ein dreiseitiger Vertrag geschlossen worden. Die Vermittlung der Erwerber habe die Klägerin durchführen wollen. Der Beklagte habe einen Anteil für die – vorherige – Vermittlung des Objekts erhalten sollen (Anl B5). Dies sei Gegenstand einer dreiseitigen Vereinbarung gewesen (Anl B4, B5). Die Klägerin erhielt daraus nach dem Vortrag des Beklagten einen Anteil vom Beklagten ausgezahlt.

Etwaige auf § 88 Abs. 1 AktG gestützte Ansprüche sind nach § 88 Abs. 3 Satz 2 AktG nach Ablauf von fünf Jahren unabhängig von der Kenntnis des Unternehmens verjährt. Hier ist die späteste vom Beklagten vereinnahmte Provision am 17.05.2005 (Anl K7) gezahlt worden. Danach ist Verjährung eingetreten, da die Klägerin erst im Jahr 2012 Schadensersatzforderungen gestellt hat.

3.

Die Klägerin stützt ihre Ansprüche aber auch auf die Verletzung der Pflicht des Vorstandsmitglieds, Geschäftschancen der Gesellschaft nicht zum eigenen Vorteil zu nutzen. Den Vorstand trifft gemäß § 93 Abs. 1 AktG die Pflicht, ähnlich wie ein Treuhänder die Vermögensinteressen des Unternehmens wahrzunehmen, dessen Vermögen zu schützen und zu mehren und nicht zugleich das eigene Wohl oder den Vorteil Dritter in den Blick zu nehmen (BGHSt 50, 331 (339); Henssler/Strohn- Dauner-Lieb, § 93 AktG Rn. 9; MüKoAktG-Spindler, § 93 Rn. 137). Ergibt sich eine Geschäftschance für ein Vorstandsmitglied, die konkret ist und die erkennbar nicht dem Vorstand als Person, sondern der Gesellschaft angeboten wird, muss der Vorstand diese Geschäftschance auch dem Unternehmen anbieten. Dem Geschäftsleiter ist es nicht erlaubt, im Geschäftszweig der Gesellschaft Geschäfte für eigene Rechnung zu tätigen oder tätigen zu lassen oder den Vollzug bereits von der Gesellschaft abgeschlossener Verträge durch Abwicklung auf eigene Rechnung oder in sonstiger Weise zu beeinträchtigen oder zu vereiteln. Verletzt er diese Pflicht, hat er der Gesellschaft einen dadurch entstehenden Schaden zu ersetzen (BGH, Urteil vom 04.12.2012 – II ZR 159/10, NZG 2013, 216 zum geschäftsführenden Gesellschafter der GbR; Urteil vom 23.09.1985 – II ZR 257/84, ZIP1985, 1482 (1483) zur OHG; Urteil vom 08.05.1989 – II ZR 229/88, NJW 1989, 2687, juris Rn. 9 zur KG).

Die Anwendung dieser Grundsätze auf die AG ist in entsprechender Anwendung der Regelungen der §§ 93 und 88 AktG möglich. Nach allen in Betracht kommenden Verjährungsfristen ist der Anspruch hier aber verjährt, soweit Provisionsansprüche betroffen sind. Zur Lehre über die Geschäftschancen wird zwar, wie vom Landgericht angenommen, zum Teil davon ausgegangen, dass die Regelung des § 88 Abs. 3 AktG ebenfalls Anwendung findet (MüKoAktG-Spindler, § 88 Rn. 45; BeckOGK-Fleischer, § 88 AktG Rn. 41; vgl. OLG KölnBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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OLG Köln
, BBG 2008, 800 zu § 113 HGB). Allerdings soll nach höchstrichterlicher Rechtsprechung einem Gesellschafter einer Handelsgesellschaft, der gegen das Wettbewerbsverbot verstoßen hat, dessen pflichtwidriges Verhalten aber darüber hinausgeht, weil er Geschäfte nicht für die Gesellschaft abgewickelt, sondern auf sich übergeleitet hat, nicht der Vorteil einer kurzen Verjährung von § 113 Abs. 3 HGB zugute kommen (BGH, Urteil vom 11.01.1971 – II ZR 143/68, NJW 1971, 802; Urteil vom 22.06.1972 – II ZR 67/70, NJW 1972, 1860). Gleiches gilt für den Gesellschafter einer GbR bei einer Anwendung der Grundsätze über die Geschäftschancenlehre (BGH, Urteil vom 04.12.2012 – II ZR 159/10, NZG 2013, 216, Rn. 35). Es gilt in diesen Fällen nach der Rechtsprechung jeweils die allgemeine Verjährungsfrist des § 195 BGB.

Zugleich sind Ansprüche aus Deliktsrecht hinsichtlich der Provisionszahlungen verjährt. Auf diese Ansprüche finden ebenso die allgemeinen Verjährungsvorschriften Anwendung (vgl. BGH, Urteil vom 12.06.1989 – II ZR 334/87, NJW-RR 1989, 1255, juris Rn. 49).

Die von der Kenntnis unabhängig beginnende zehnjährige Verjährungsfrist nach § 199 Abs. 3 Nr. 1 BGB ist verstrichen. Die Verjährungsfrist begann hinsichtlich der letzten Provisionszahlung am 17.05.2005 und endete am 20.05.2015.

Dem Fristablauf steht nicht entgegen, dass infolge eines Anerkenntnisses von Ansprüchen der Neubeginn der Verjährung anzunehmen wäre. Der Beklagte erklärte mit dem Abschluss der Aufhebungsvereinbarung vom 24.08.2012 mit den Eheleuten („Name 01“) nicht, die ihm gegenüber erhobenen Ansprüche anzuerkennen. Ein Anerkenntnis im Sinn des § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB ist nur anzunehmen, wenn der Schuldner unzweideutig zum Ausdruck bringt, dass der gegen ihn erhobene Anspruch besteht und deswegen das Vertrauen des Gläubigers begründet ist, er werde sich nicht alsbald nach Ablauf der Verjährungsfrist auf den Eintritt der Verjährung berufen (st Rspr., etwa BGH, Urteil vom 24.01.2019 – IX ZR 233/17, NJW 2019, 1219 Rn. 15). Vergleichsverhandlungen können dann ein Anerkenntnis darstellen, wenn sich aus dem Verhalten des Schuldners ergibt, dass der Anspruchsgrund nicht bestritten werden soll. Regelmäßig ist allerdings davon auszugehen, dass Vergleichsverhandlungen unter Aufrechterhaltung der beiderseitigen Rechtsstandpunkte geführt werden (BGH, Urteil vom 08.05.2002 – I ZR 28/00, NJW-RR 2002, 1433, juris Rn 20). Die Aufhebungsvereinbarung (Anl K4) enthält keine Erklärung, dass der Anspruchsgrund nicht bestritten werden soll. In der Vereinbarung ist unter Ziffer IV. aufgeführt, dass mit der Erfüllung der Verpflichtungen „alle gegenseitigen Forderungen, ob bekannt oder unbekannt, ausgeglichen sind.“ Ferner erklärte unter Ziffer V.1. („Name 01“), dass er als alleiniger Vorstand und alleiniger Aktionär der Klägerin erkläre, dass „diese auf jegliche Forderungen gegenüber dem Erschienenen zu 1.“, dies ist der Beklagte, verzichte. Erklärungen des Beklagten, bestimmte Beträge oder Schadensersatz für bestimmte Handlungen zu schulden, sind darin nicht enthalten. Auch der mit der Berufung angeführte Umstand, dass der gegenseitige Verzicht erklärt worden sei, der Beklagte also seinerseits auf Ansprüche gegenüber der Klägerin verzichtet habe ( Ziffer V.2.), begründet kein Anerkenntnis der klägerischen Ansprüche. Die Erklärung, auf sämtliche Ansprüche zu verzichten und im Gegenzug keinen Ansprüchen ausgesetzt zu sein, regelt den Abschluss der Rechtsverhältnisse zwischen den Parteien, ohne dass sie sich mit dem Grund und der Berechtigung auseinandersetzen müssen.

Der Lauf der Verjährungsfrist ist auch nicht durch Verhandlungen zwischen den Parteien gemäß § 203 BGB gehemmt worden. Der Begriff der Verhandlungen ist weit auszulegen (etwa BGH, Urteil vom 14.07.2009 – XI ZR 18/08, WM 2009, 1597 Rn 16). Der Gläubiger muss klarstellen, welchen Anspruch er geltend macht und worauf er ihn stützt; anschließend genügt jeder Meinungsaustausch über den Anspruch, es sei denn, dass der Schuldner erkennbar sofort Verhandlungen ablehnt (BGH, Urteil vom 26.10.2006 – VII ZR 194/05, NJW 2007, 587 Rn 10). Es genügen Erklärungen, die die Annahme rechtfertigen, der andere lasse sich auf Erörterungen über die Berechtigung des Anspruchs ein (BGH, Beschluss vom19.12.2013 – IX ZR 120/11, WM 2014, 1107 Rn 2).

Verhandlungen in unverjährter Zeit sind hier von der Klägerin zunächst für einen Tag, nämlich den 24.08.2012 vorgetragen (Bl. 821 bis 825), ferner für die erste mündliche Verhandlung am 11.03.2013 vor dem LG („Ort 03“) – 95 O 96/12. Der Rechtsstreit betrifft zwar die Parteien Eheleute („Name 01“) und den Beklagten, abhängig vom Inhalt der mündlichen Verhandlung erscheint es aber nicht ausgeschlossen, dass auch mit der Klägerin an diesem Tag verhandelt wurde, sofern die Prozessbevollmächtigten der Eheleute („Name 01“) hierzu von der Klägerin bevollmächtigt war. Hier ist aber wiederum nur für den 11.03.2013 eine solche Verhandlung auch mit der Klägerin überhaupt behauptet. Die Gespräche wurden auch nach dem Vortrag der Klägerin nicht im Anschluss an den Termin fortgesetzt.

Der Beklagte unterbreitete darüber hinaus ein Vergleichsangebot vom 27.04./28.04.2014 (Anl K81). Eine Reaktion darauf trägt die Klägerin indes nicht vor, so dass kein prozess von „Verhandlungen“ durch dieses Schreiben in Gang gesetzt wurde.

Weiter behauptet die Klägerin, der Beklagte habe im Berufungsverfahren vor dem Kammergericht – 12 U 100/13 – „den Verzicht auf die klägerischen Ansprüche als wesentlich bezeichnet“ (Bl. 826 oben). Auch insoweit ist eine Verhandlung nicht vorgetragen. Die Klägerin ist auf diese Vorgabe auch nach ihrem Vortrag nicht eingegangen.

Verhandlungen zwischen den Parteien sind – wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat – erst nach der Bevollmächtigung des Aufsichtsratsmitglieds („Name 03“) am 01.07.2015 wirksam geführt worden.

Ausgehend davon ist allenfalls für den 24.08.2012 und den 11.03.2013 von einer Hemmung der Verjährungsfrist auszugehen. Die Frist ist danach spätestens am 20.05.2015 abgelaufen. Verhandlungen nach dem 01.07.2015 hatten keinen Einfluss mehr auf den Lauf der Verjährungsfrist.

6.

Der Lauf der Verjährungsfrist ist auch nicht wegen einer unsicheren Rechtslage gehemmt gewesen.

Für die Frage, ob die Verjährungsfrist nach § 199 Abs. 2 Nr. 1 BGB zu laufen beginnt, kommt es grundsätzlich nur auf die Kenntnis des Gläubigers von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners an. Rechtliche Überlegungen des Gläubigers sind unerheblich und stehen dem Lauf der Verjährungsfrist nicht entgegen. Eine Ausnahme gilt dann, wenn dem Gläubiger die Erhebung der Klage ausnahmsweise nicht zuzumuten ist. Die höchstrichterliche Rechtsprechung hat zahlreiche Fallgruppen entwickelt, die einen Aufschub rechtfertigen: Neben einer unsicheren und zweifelhaften Rechtslage (BGH, Urteil vom 18.05.2021 – II ZR 41/20, NJW 2021, 2647) kann ein nicht abgeschlossener Vorprozess die Verjährung hinausschieben, der bewirkt, dass der Gläubiger sich zu seiner dort vertretenen Rechtsauffassung mit der Anspruchsverfolgung in Widerspruch setzen müsste (BGH; Urteil vom 06.05.1993 – III ZR 2/92,  BGHZ 122, 317 (325)). Entscheidend kann auch sein, dass in einem Vorprozess über Umstände erst entschieden wird, die die Grundlage des in einem nachfolgenden Verfahren zu verfolgenden Anspruchs bilden und deren Beurteilung von einer umfassenden Gesamtwürdigung durch das Gericht abhängen, die der Gläubiger nicht vorab selbst treffen kann (BGH, Urteil vom 18.05.2021 aaO Rn 14).

Die Rechtsprechung betrifft indes die kenntnisabhängig laufende Verjährungsfrist, nicht die Verjährungshöchstfrist, deren Lauf von der Kenntnis und den Überlegungen des Anspruchsberechtigten unabhängig ist.

Darüber hinaus hält der Senat aber auch die Rechtsauffassung des Landgerichts für zutreffend, dass die Geltendmachung der Ansprüche der Klägerin ohnehin zuzumuten war, da sie nicht Partei des Rechtsstreits über die Wirksamkeit der Vereinbarung vom 24.08.2012 war. Da im Vorprozess auch streitig war, ob die Klägerin bei Abschluss der Vereinbarung vom 24.08.2012 wirksam vertreten war, als („Name 01“) für sie den Verzicht auf sämtliche Forderungen gegen den Beklagten erklärte, konnte die Klägerin, vertreten durch den Aufsichtsrat, jedenfalls vorsorglich ihre Ansprüche geltend machen, ohne sich widersprüchlich zu verhalten.

7.

Aus der Kenntnis von den anspruchsbegründenden Vorfällen erst im August 2012, wie die Klägerin behauptet, folgt kein späterer Ablauf der Verjährungsfrist. In der Konkurrenz des Fristlaufs nach § 199 Abs. 1 und § 199 Abs. 3 BGB ist die früher endende Frist maßgeblich, § 199 Abs. 3 Satz 2 BGB. Die Fristen laufen parallel (Erman/Schmidt-Räntsch, § 199 BGB Rn. 31; vgl. auch Staudinger/Herrler (2019) – Peters/Jacoby, § 199 BGB Rn. 91). Die Verjährungshöchstfrist wird auch vollendet, wenn Kennen oder Kennenmüssen erst seit kurzem vorliegen (MüKoBGB-Grothe, BGB § 199 Rn. 49), dies steht dem Lauf der Verjährungshöchstfrist nicht entgegen (Erman/Schmidt-Räntsch, § 199 BGB Rn. 31).

8.

Der Schadensersatzanspruch der Klägerin wegen mehrerer Erwerbsvorgänge von Immobilien, nämlich dem Erwerb von 3 Wohnungen in der („Adresse 03“) in („Ort 02“), dem Erwerb von 4 Wohnungen in der („Adresse 04“) in („Ort 02“) und dem Erwerb einer Wohnung in der („Adresse 05“) in („Ort 03“), ist  nicht aus § 88 Abs. 1, 2 AktG begründet.

Geht man bei den sieben Wohnungen von einem Ankauf in Konkurrenz zur Klägerin nach § 88 Abs. 1 AktG aus, ist die Verjährungsfrist des § 88 Abs. 3 AktG anwendbar. Die Ansprüche verjähren in drei Monaten seit Kenntnis aller Vorstandsmitglieder und der Aufsichtsratsmitglieder, § 88 Abs. 3 Satz 1 AktG. Unabhängig von der Kenntnis verjähren sie in fünf Jahren von ihrer Entstehung an, § 88 Abs. 3 Satz 2 AktG. Der Vorsitzende des Aufsichtsrates („Name 03“) hatte – wie das Landgericht ausgeführt hat – am 24.08.2012 Kenntnis vom Ankauf der Immobilien (Anlage B11). Die übrigen Aufsichtsratsmitglieder haben am 03.12.2012 (Anl K 14) die außerordentliche fristlose Kündigung des Anstellungsvertrages mit dem Beklagten beschlossen. Sie haben sich dabei auf „schwerwiegendes Fehlverhalten“ bezogen, so dass von ihrer Kenntnis der Vorwürfe und mithin der Möglichkeit, Ansprüche gegen den Beklagten geltend zu machen, auszugehen ist. Die Verjährungsfrist begann damit am 04.12.2012 und endete am 03.03.2013. Schadensersatzansprüche sind in dieser Zeit nicht geltend gemacht worden. Die Geltendmachung der Ansprüche war der Klägerin, wie ausgeführt, auch zumutbar.

9.

Soweit die Klägerin ihren Schadensersatzanspruch wegen des Erwerbs von Wohnungen darauf stützt, dass der Beklagte konkrete Geschäftschancen, die ihr zustanden, vereitelt habe, kann der Beklagte die Einrede der Verjährung nicht mit Erfolg erheben.

10.

Der Aufsichtsrat der Beklagten ist, wie ausgeführt, im Dezember 2012 über die Eigengeschäfte des Beklagten informiert worden. Gemäß § 199 Abs. 1 BGB begann der Lauf der dreijährigen Verjährungsfrist nach § 195 BGB am 01.01.2013. Die danach mindestens bis zum 31.12.2015 laufende Verjährungsfrist ist rechtzeitig durch Verhandlungen und die Einreichung des Güteantrages gehemmt worden.

Verhandlungen wurden ab dem  01.07.2015 geführt. Maßgeblich ist insoweit das Schreiben des damaligen Bevollmächtigten des Beklagten, der auf die Aufforderung der Klägerin mit Schreiben vom 10.06.2015 reagierte, auf die Einrede der Verjährung zu verzichten. Im Schreiben vom 01.07.2015 (Anl B23, Anlh Bekl) erhob der Beklagte Einwände gegen den geltend gemachten Anspruch der Klägerin und führt hierzu auf S. 2 des Schreibens aus, dass auch seine Ansprüche zu berücksichtigen seien, wenn eine Einigung erzielt werden solle. Er begehrt die Einberufung einer Hauptversammlung, die ihm im Wesentlichen Auskunft erteilen soll über die Geschäftsvorgänge und finanziellen Verhältnisse der Gesellschaft seit seinem Ausscheiden. Darauf reagierte die Klägerin mit Schreiben ihrer damaligen Bevollmächtigte, der Streithelferin, vom 15.07.2015 (Anl B24  Anlh Bekl), es wurden zudem telefonisch Verhandlungen am 29.07.2015 und 05.08.2015 geführt, ferner reagierte der Beklagte mit Schreiben vom 14.08.2015 (Anl K82, Anlh Kl II), mit Schreiben vom 03.09.2015 (Anl K31, Anlh Kl I) sowie mit Schreiben vom 18.09.2015 und vom 18.10.2015 (Anl B 25, Anlh Bekl) sowie vom 26.10.2015 (Anl K 86 Anlh Kl II) auf die Überlegungen, sich zu einigen. Der letzte Kontakt endete mit dem Vorschlag des Beklagten, dass der letzte Vorschlag der Klägerin abgelehnt werde, er aber für weitere Gespräche offen sei (K 86). Die Klägerin meldete sich in der Folgezeit nicht. Brechen Verhandlungen ab, so gelten sie in dem Zeitpunkt als beendet, in dem die nächste Reaktion zu erwarten war. Ausgehend davon, dass die Klägerin einen neuen Vorschlag beraten und gegebenenfalls ausarbeiten musste, wären weitere Schritte spätestens am 26.11.2015 zu erwarten gewesen. Eine Hemmung der Verjährungsfrist trat mithin im Zeitraum vom 01.07.2015 bis 26.11.2015 ein (= 146 Tage). Dieser Zeitraum wird in den Ablauf der Verjährungsfrist nicht eingerechnet, § 209 BGB.

Eine weitere Hemmung trat durch den am 31.12.2015 eingereichten Güteantrag ein, § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB. Die Hemmung tritt mit dem Datum der Einreichung ein, wenn der Antrag demnächst bekannt gegeben wird. Sie endet gemäß § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des Verfahrens. Der Beklagte hatte am 25.01.2016 der Gütestelle mitgeteilt, dass die Durchführung abgelehnt werde. Dieses Schreiben erreichte die Bevollmächtigten der Klägerin am 02.02.2016 (Anl K 87, Anlh Kl II). Mit der Ablehnung des Antrags ist das Verfahren nach § 4 Abs. 1 der Verfahrensordnung der Gütestelle („Name 09“) gescheitert (Anl K 33). Diese Hemmung endete am 02.08.2016. Die Klage wurde am 22.07.2016 eingereicht unter Einzahlung des Vorschusses und dem Beklagten am 20.08.2016 zugestellt. Mit Blick auf die infolge von Verhandlungen und des Güteantrages zu berücksichtigenden Zeiträume der Hemmung, ist Verjährung nicht eingetreten.

Der Güteantrag ist auch formgerecht gestellt worden. Er muss von der Partei oder ihrem Bevollmächtigten unterschrieben sein. Bei einer Unterzeichnung durch den Bevollmächtigten muss die Vollmacht beigefügt werden (§ 2 Abs. 3 lit c) der Gütestellenordnung); es genügt, dass er vorab per Telefax und anschließend im Original übersandt wird. Das Fehlen der Vollmacht lässt die verjährungshemmende Wirkung entfallen, sofern die Vorlage in der Gütestellenordnung vorgesehen ist und nicht vorliegt (BGH, Urteil vom 22.02.2008 – V ZR 86/07, juris). Die streitige Frage, ob die Vollmacht dem Antrag beigefügt war, kann offen bleiben, weil der Mediator die Vorlage der Vollmacht im Güteverfahren mit Schreiben vom 27.11.2017 bestätigt hat (Anl K40, Anlh Kl II). Auch wenn die Vollmacht nicht mit dem Antrag, sondern erst im Lauf des Güteverfahrens eingereicht wurde, wäre die dann ex nunc eintretende Zulässigkeit hier ausreichend, weil das Gütestellenverfahren insgesamt nur einen Monat dauerte, aufgrund der vorangegangenen Verhandlungen, die Verjährung aber fast fünf Monate gehemmt war (146 Tage). Die Wirkung des Antrags trat also noch innerhalb der Verjährungsfrist ein. Die weiteren Ausführungen des Landgerichts, der Prozessbevollmächtigte habe außerdem nachweisen müssen, dass auch der Aufsichtsrat ihn bevollmächtigt habe, teilt der Senat nicht. Der Aufsichtsrat hatte die Bevollmächtigung eines Rechtsanwalts zur Geltendmachung der Ansprüche beschlossen. Der Vorsitzende ist gemäß § 12 Abs. 6 der Satzung zur Ausführung der Beschlüsse des Aufsichtsrats befugt. Dass der Antragsteller neben der schriftlichen Vollmacht die interne Beschlusslage zur Bevollmächtigung durch eine juristische Person nachweisen muss, ist in der Verfahrensordnung nicht vorgesehen.

Ausgehend von der entsprechenden Anwendung der Verjährungsfrist des § 93 Abs. 6 AktG ergibt sich nichts Anderes: Für den Beginn der Verjährungsfrist ist gemäß § 93 Abs. 6 AktG, § 200 BGB die Entstehung des Anspruchs maßgeblich. Der Anspruch nach § 93 Abs. 1 AktG ist mit dem Eintritt eines Schadens infolge der Pflichtverletzung entstanden. Maßgeblich ist der Vergleich der Vermögenslage des Unternehmens infolge des pflichtwidrigen Verhaltens mit der Vermögenslage, die ohne das pflichtwidrigen Verhalten bestünde (Schmidt/Lutter – Sailer-Coceani, AktG, § 93 Rn. 36). Der Schaden ist objektiv entstanden, wenn der Geschädigte in die Lage versetzt ist, zumindest Klage auf Feststellung der Ersatzpflicht des Beklagten zu erheben. Die Klägerin hat hier durch den Vertragsabschluss einen Schaden erlitten, da infolge des Vertragsabschlusses der Erwerb der von ihr bezeichneten Grundstücke ausgeschlossen war. Die jeweiligen Verkäufer waren an die vertraglichen Verpflichtungen gegenüber dem Beklagten gebunden, ein Erwerb durch die Klägerin schied von diesem Zeitpunkt an aus. Der Senat geht davon aus, dass der Kaufvertrag spätestens im Zeitpunkt der Auflassungserklärungen geschlossen war, da der Beklagte keinen früheren Verjährungsbeginn vorgetragen hat. Die Auflassung der Wohnung („Adresse 05“) an den Beklagten ist am 05.08.2010 erklärt worden (Anl K109, Anlheft Kl. IIII). Die Verjährungsfrist nach Art. 93 Abs. 6 AktG begann am 06.08.2010 und wäre ohne die dargestellte Hemmung des Anspruchs mit Ablauf des 05.08.2015 beendet gewesen. Soweit der Kläger Eigentumswohnungen in der („Adresse 04“) in („Ort 02“) im Zwangsversteigerungsverfahren durch Zuschlag erworben hat, ist die Erwerbschance der Klägerin jeweils mit dem Zuschlag am 16.12.2010 (Anl K 108, Anlheft Kl III) vereitelt worden. Mit dem Zuschlag wird der Ersteher Eigentümer des Grundstücks, § 90 Abs. 1 ZVG. Insoweit wäre die fünfjährige Verjährungsfrist am 16.12.2015 verstrichen, sofern die Verjährung nicht gehemmt gewesen wäre. Die Wohnungen in der („Adresse 03“) wurden jeweils am 08.06.2012 an den Beklagten und („Name 11“) jeweils zur Hälfte aufgelassen (Anl K 107, Anlheft Kl. III). Die Verjährungsfrist endete erst am 08.06.2017.

11.

Die Klägerin hat auch darlegen können, dass der Beklagte ihr zustehende Geschäftschancen zu seinem eigenen Vorteil genutzt hat.

Der Beklagte hat Geschäftschancen wahrgenommen, die der Klägerin bereits zugeordnet waren. Der Gesellschaft ist ein Geschäft zugeordnet, wenn sie als erste mit dem Geschäft in Berührung gekommen ist und der Geschäftsführer auf Seiten der Gesellschaft in Vertragsverhandlungen über ein bestimmtes Geschäft eingeschaltet wird (BGH, Urteil vom 04.12.2012 – II ZR 159/10, ZIP 2013, 361 Rn. 26).

Der Kontakt mit Rechtsanwalt („Name 12“), der einen Käufer für die Wohnung der Eheleute („Name 13“) in der („Adresse 05“) suchen sollte, ist über die Klägerin zustande gekommen, wie nicht nur die Klägerin vorgetragen hat, sondern auch der auf Antrag des Beklagten als Zeuge vernommene Rechtsanwalt im Rahmen der Beweisaufnahme bekundete. Danach habe die Wohnung der Eheleute („Name 13“) in der („Adresse 05“) zu einem Bestand von Wohnungen gehört, um deren Verkauf er sich im Auftrag der Eigentümer bemühte. Über einen Makler sei der Kontakt zur Klägerin aufgenommen worden. Es habe ein Gespräch in einem Restaurant in („Ort 03“) gegeben, an dem eine Mitarbeiterin von ihm und die damaligen Vorstandsmitglieder („Name 01“) und der Beklagte teilgenommen hätten. In deren Interesse habe er bei der Gläubigerin eines Grundpfandrechts erfragt, welcher Preis für die Wohnung erzielt werden sollte.

Bezüglich der Wohnungen in der („Adresse 03“) hat die Klägerin durch Vorlage der E-Mail des beurkundenden Notars vom 05.06.2012 (Anl K11) belegt, dass eine Änderung des Kaufvertrages dahin vereinbart wurde, dass der Beklagte die Wohnungen mit seiner Ehefrau erwerben wollte. Der Beklagte hat auch nicht mit abweichender Schilderung in Abrede gestellt, dass die Kontaktaufnahme bei der Veräußerung zunächst gegenüber der Klägerin zustande gekommen war, da der Verkäufer davon ausging, dass die Klägerin Eigentümerin einer weiteren Wohnung war.

Die Wohnungen in der („Adresse 04“) wurden im Rahmen der Zwangsvollstreckung versteigert. Der Beklagte war verpflichtet, ihm bekannt werdende Versteigerungsangebote zunächst im Interesse der Klägerin zu prüfen, wie dies nach seinem Vortrag gängige Praxis war. Ob er von einem Versteigerungsangebot privat Kenntnis erlangt hat, ist insoweit nicht maßgeblich (vgl. BGH, Urteil vom 04.12.2012 – II ZR 159/10, aaO Rn. 27).

Der Beklagte hat auch nicht nachweisen können, dass die Geschäftschancen mangels Interesse der Klägerin wieder aufgegeben worden seien. Denn insoweit wäre er verpflichtet gewesen,  eine Entscheidung der Gesellschaft herbeizuführen, die entsprechend § 88 Abs. 1 AktG nur durch den Aufsichtsrat hätte erteilt werden können. Die Genehmigung ist von ihm unstreitig nicht veranlasst worden.

12.

Die Klägerin hat im Ergebnis der Beweisaufnahme nicht bewiesen, dass ihr durch die Vereitelung der Geschäftschance ein Schaden entstanden ist. Die Rechtsfolgen bestimmen sich nach den §§ 249 ff. BGB, ausgehend von der Verletzung der TreuepflichtBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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des Vorstands als Haftungsgrund (vgl. BGH, Urteil vom 04.12.2012 – II ZR 159/10, NZG 2013, 216, Rn. 33). Die Klägerin trifft danach die Beweislast für die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für den eingetretenen Schaden. Sie hat zu beweisen, dass sich die Chance zum Erwerb der Wohnungen für sie realisiert hätte. Dies ist ihr nach § 287 ZPO erleichtert (vgl. BGH, Urteil vom 08.05.1989 – II ZR 229/88, NJW 1989, S. 2687, juris Rn. 14; Urteil vom 04.12.2012 – II ZR 159/10, ZIP 2013, 361, Rn. 32).

Der Vorstand („Name 01“) hat hier im Rahmen der Beweisaufnahme nicht zur Überzeugung des Senats bestätigen können, dass die Klägerin in der Lage gewesen wäre, die Immobilien zu erwerben und diese Geschäftschance wahrgenommen hätte. Der Senat kann danach die Grundlagen für die Schätzung des Schadens nach § 287 ZPO nicht hinreichend feststellen. Der Vorstand der Klägerin („Name 01“) gab an, dass die Klägerin im Jahr 2010 ständig einen Betrag von 100.000 bis 150.000 € zur Verfügung gehabt habe und dass diese Summe in den Jahren 2011 und 2012 noch höher anzusetzen gewesen wäre. Diese Angaben machte er, wie er angab, aus seiner Erinnerung heraus. Nach einer Unterbrechung der Verhandlung gab er nach Einsicht in seine Unterlagen an, dass im Jahr 2012 sogar liquide Mittel im Umfang von bis zu 400.000 € vorhanden gewesen seien. Zu den Ankaufspreisen legte er sich nicht fest. Er bekundete, dass der vom Beklagten als interne Richtlinie angegebene Preis von 500 bis 600 € je Quadratmeter nicht stets maßgeblich gewesen sei, sondern dass die Preise, die erzielt wurden, unterschiedlich gewesen seien und benannte Kaufpreise für nicht näher beschriebene Immobilien in Höhe von 250.000 €, aber auch in Höhe von 25.000 €.

Der Vorstandsvorsitzende vermittelte dem Senat den Eindruck, dass es ihm auf die Bestätigung eines bestimmten Ergebnisses seiner Einschätzung ankam, ohne dass er genauer begründen konnte, wie er zu dieser Einschätzung gelangt war. Angesichts des laufenden An- und Verkaufs von Immobilien unterbreitete der Senat dem Zeugen die Frage nach den konkreten Zeiträumen, in denen hier der Erwerb durch den Beklagten stattfand. Angaben dazu vermochte er aber nicht zu machen. Wie bei der Entscheidung über den Ankauf von Immobilien vorgegangen wurde, welche Unternehmensausrichtung bestand, welche Immobilien im Zeitraum des möglichen Erwerbs vorhanden waren und inwiefern die angebotenen Wohnungen den Zielvorstellungen der Klägerin entsprachen und erworben worden wären, hat der Vorstand („Name 01“) ebenso wenig bekunden können, wie das Vorgehen im Fall einer Fremdfinanzierung.

Auf die Nachfrage des Beklagten zu der von der Klägerin vorgelegten Liste, die die tatsächlich im Jahr 2010 und 2012 erworbenen und veräußerten Immobilien aufführt (Anl K 117, Bl. 1603), räumte der Vorstand („Name 01“) ein, dass insoweit die Angaben inhaltlich unzutreffend sein könnten und er sich nicht sicher festlegen könne. Ausgehend davon bestehen Zweifel, ob zu den hier in Betracht kommenden Erwerbszeitpunkten mit Vertragsabschlüssen bzw. Zuschlag am 05.08.2010, 16.12.2010 und 08.06.2012 die von dem Vorstandsmitglied („Name 01“) angegebene Möglichkeit zum Erwerb gegeben war, freies Vermögen vorhanden war und die Zahl der von der Klägerin im Übrigen vorgenommenen Geschäftsabschlüsse einen weiteren Erwerb finanziell zuließ.

Auch aus den weiteren von der Klägerin vorgelegten Unterlagen lässt sich eine zuverlässige Grundlage für die Einschätzung des Erwerbs nicht treffen. Die Jahresabschlüsse zum Ende der Jahre 2010 (K24, Anlh Kl I), 2011 und 2012 lassen einen Rückschluss auf das im Vorfeld der Erwerbszeitpunkte verfügbare Vermögen nicht zu, da die Klägerin, wie sie vorgetragen hat, die laufende Finanzierung überwiegend aus Grundstücksverkäufen vornahm. Wann Zahlungen eingegangen sind, die am 31.12. eines jeden Jahres festgestellt wurden, ist nicht ersichtlich. Zudem hat der Beklagte insoweit zu Recht darauf hingewiesen, dass zum 31.12.2010 auch Verbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit von einem Jahr in Höhe von 288.084,76 € dem Guthaben gegenüberstanden.

Zum Erwerb des Grundstücks („Adresse 03“) hat der Beklagte vorgetragen, dass der Kaufpreis aufgrund des Kaufvertrages vom 08.06.2012 am 14.08.2012 fällig gewesen sei.  Der Kontoauszug, den die Klägerin zum 17.08.2012 mit einem Guthaben von 328.948,95 € vorgelegt habe, sei irreführend, weil er unberücksichtigt lasse, dass die Klägerin fällige Verbindlichkeiten gegenüber dem Finanzamt habe erfüllen müssen. Der Kontostand desselben Kontos habe am 24.08.2012, dem Tag des Ausscheidens des Beklagten als Vorstand, nur noch 241.172,95 € betragen. Dieser Betrag hätte die Finanzierung des Objekts („Adresse 03“) mit einem Kaufpreis von 216.000 € zwar zugelassen, der Klägerin hätte anschließend jedoch die notwendige Liquidität gefehlt. Insgesamt hätte das Kontoguthaben der Klägerin große Unterschiede aufgewiesen.

Diesen Einwand vermochte die Klägerin nicht allein durch die Vorlage von Kontoauszügen zum 30.11.2010 und dem Vortrag, es sei frei verfügbares Kontoguthaben in Höhe von 491.743,80 € vorhanden gewesen, dem nur Gehaltsverbindlichkeiten in Höhe von 5.662,20 € und sonstige Verbindlichkeiten in Höhe von 37.222,32 € gegenüber gestanden hätten (Anl K 97) oder Vorlage anderer Kontoauszüge zum 18.05.2012 (Anl K 21, Anlh Kl) oder zum 27.08.2012 (Anlh Kl) zu entkräften. Insoweit bedurfte es aus Sicht des Senats einer glaubhaften Darstellung der finanziellen Situation durch den Vorstand, der die Übersicht über sämtliche Konten, die eingegangenen Verbindlichkeiten und die demnächst zu erfüllenden Forderungen im zeitlichen Umfeld der Erwerbsvorgänge hätte schildern können.

Auf die zum Nachweis einer möglichen Kreditaufnahme angebotene Zeugin hat die Klägerin verzichtet. Der Vorstand („Name 01“) bekundete auch nicht, dass er selbst der Klägerin zum Erwerb von Immobilien Kredit gewährt hätte. Nach dem Vortrag des Beklagten sind solche Kreditvergaben auch zuvor von ihm nicht gewährt worden.

Die Ehefrau des Vorstands („Name 01“), („Name 02“), die vom Senat als Zeugin vernommen worden ist, konnte zur Liquidität der Klägerin keine Angaben machen. Sie war mit der Hausverwaltung beschäftigt und bekundete nur das allgemeine Interesse der Klägerin am Erwerb von Immobilien.

13.

Aber auch an dem Interesse der Klägerin, die Immobilie in der („Adresse 05“) tatsächlich zu erwerben, hat der Senat Zweifel. Der Beklagte hat insoweit eingewandt, dass die Klägerin die hier streitgegenständlichen Objekte nicht hätte erwerben wollen, weil sie günstigere Immobilien ankaufte. Die Angaben des Vorstands („Name 01“), der schilderte, dass die Klägerin Immobilien in unterschiedlichen Preissegmenten erworben hätte, werden hinsichtlich des Objekts („Adresse 05“) durch die Aussage des vom Beklagten benannten Zeugen („Name 12“) widerlegt. Zwar hat das Vorstandsmitglied („Name 01“) bei seiner Anhörung vor dem Senat im Termin am 18.05.2022 angegeben, dass die Klägerin keine festen Vorgaben formuliert habe, zu welchem Preis Wohnungen erworben werden sollten und in einem Gespräch mit Rechtsanwalt („Name 12“) sei über konkrete Preisvorstellungen nicht gesprochen worden.

Der Zeuge („Name 12“) bekundete demgegenüber aber, dass die Wohnung der Eheleute („Name 13“) in der („Adresse 05“) zu einem Bestand von Wohnungen gehört habe, um deren Verkauf er sich im Auftrag der Eigentümer bemühte. Über einen Makler sei der Kontakt zur Klägerin aufgenommen worden. Es habe ein Gespräch in einem Restaurant in („Ort 03“) gegeben, an dem eine Mitarbeiterin von ihm und die damaligen Vorstandsmitglieder („Name 01“) und der Beklagte teilgenommen hätten. Es sei ihm vermittelt worden, dass die Klägerin am Erwerb von Wohnungen zum Preis von 500 bis 600 € / qm interessiert gewesen sei. Nachdem die („Firma 02“) ihre Preisvorstellungen mitgeteilt habe, habe er mit dem Beklagten Rücksprache gehalten, der ihm erklärt habe, dass die Klägerin diesen Preis nicht bezahlen würde. Er habe nach Eingang des konkreten Angebotes keine erneute Rücksprache mit dem Vorstandsmitglied („Name 01“) gehalten.

Die Aussage des Zeugen („Name 12“), der angab, sich anhand seiner Unterlagen auf den Termin vorbereitet zu haben, war anschaulich und frei von Widersprüchen. Der Zeuge berichtete über seine damalige Aufgabe, die Vermittlung von überteuert erworbenen Immobilien, und konnte glaubhaft erläutern, auf welcher Grundlage er seine Erinnerungen an die Vermittlung von Immobilien konkret an die Beklagte bekundete, wozu angesichts des seit dem Verkauf verstrichenen Zeitraumes auch Anlass bestand. Vor diesem Hintergrund ist der Senat nicht von den Angaben des Vorstandes („Name 01“) überzeugt, der durchschnittliche Preisangaben oder die Mitteilung einer sogenannten „Schmerzgrenze“ im Vorfeld der konkreten Verhandlungen in Abrede stellte. Die von der Klägerin zu den Erwerbsvorgängen in den Jahren 2009 bis 2011 vorgelegte Auflistung (Anl K 117, Bl. 1603) lässt keinen Schluss darauf zu, wie hoch die durchschnittlich beim Ankauf gezahlten Preise waren, weil die Darstellung der Größe der Immobilien jeweils fehlt.

Die Zeugin („Name 02“), die demgegenüber die Attraktivität der Immobilie hervorgehoben hatte, die aus ihrer Sicht für den Ankauf sprach, war bei den Verhandlungen über mögliche zu erzielende Preise nicht anwesend.

14.

Ansprüche der Klägerin sind schließlich nicht verjährt, soweit sie auf  § 823 Abs. 2 BGB, § 266 StGB gestützt sind. Auch insoweit fehlt es aber an dem Nachweis der Verursachung eines Schadens durch den Immobilienerwerb des Beklagten, da die Grundlagen für die Finanzierung durch die Klägerin nicht festgestellt werden konnten.

15.

Der Hilfsantrag ist ebenfalls nicht begründet, da der Eintritt eines Schadens der Klägerin nicht festgestellt werden kann.

Die Schriftsätze der Klägerin vom 06.11.2023 und des Beklagten vom 13.11.2023 geben keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.

16.

Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 711 Satz 2, § 709 Satz 2.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen insoweit nicht vorliegen, § 543 Abs. 2 ZPO.

Der Gebührenstreitwert für die Berufungsinstanz wird auf 912.531,46 € festgesetzt.

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Schlagworte: AktG § 88, Geschäftschancenlehre, Verstoß gegen die Geschäftschancenlehre, Verstoß gegen Geschäftschancenlehre, Verstoß Geschäftschancenlehre, Wettbewerbsverbot Vorstand