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BGH, Urteil vom 29. Oktober 2020 – IX ZR 212/19

BGB § 167 Abs. 1, § 181

Ein im Außenverhältnis erlaubtes, aber internen Beschränkungen widersprechendes Insichgeschäft ist nur dann unter dem Gesichtspunkt des Missbrauchs der Vertretungsmacht unwirksam, wenn es für den Vertretenen nachteilig ist.

BGB § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1

Bei Fehlen einer wirksamen Anweisung richtet sich der Bereicherungsanspruch des Zuwendenden gegen den vermeintlich Anweisenden, wenn der Fehler der Anweisung darauf beruht, dass für den vermeintlich Anweisenden ein Vertreter handelt, der dem Zuwendungsempfänger unbekannte interne Beschränkungen seiner im Außenverhältnis unbeschränkten Vertretungsmacht missachtet.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird der die Berufung zurückweisende
Beschluss des 1. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen vom 13. August 2019 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht
zurückverwiesen.

Tatbestand
Der Beklagte ist Verwalter in dem am 4. November 2014 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der C. GmbH & Co. KGBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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GmbH & Co. KG
KG
(fortan: Schuldnerin), einer Publikums-KG. Die Parteien streiten um die Berechtigung einer Forderung, welche die Klägerin als eine solche aus Darlehen, hilfsweise nachrangig – zur Tabelle angemeldet hat. Die Klägerin hatte der Schuldnerin in den Jahren 2010 bis 2014 zahlreiche Darlehen gewährt. Am 1. Januar 2013 schlossen die Klägerin und die Schuldnerin einen Darlehensvertrag über 27.122,82 €. Bei Abschluss dieses Vertrages wurden beide Vertragsparteien von E. (fortan auch: Geschäftsführer) vertreten, der damals sowohl Geschäftsführer der Komplementärin der Schuldnerin als auch Geschäftsführer der Komplementärin der Klägerin war. Die Komplementärin der Schuldnerin war im Außenverhältnis von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Die Befreiung war im Handelsregister eingetragen.

Nach § 6 Nr. 1 Satz 3 des Gesellschaftsvertrages der Schuldnerin konnte die Komplementärin durch die Gesellschafterversammlung im Einzelfall von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit werden. In § 6 Nr. 4c des Gesellschaftsvertrags heißt es weiter, für die Aufnahme von Krediten, die über den Rahmen des üblichen Geschäftsbetriebes hinausgingen, bedürfe die persönlich haftende Gesellschafterin der Einwilligung der Gesellschafterversammlung; ausgenommen seien kurzfristige Kredite für die Aufrechterhaltung des Schifffahrtsbetriebs, sofern sie insgesamt 200.000 DM nicht überstiegen.

Nach Darstellung der Klägerin wurde der Darlehensbetrag zur Begleichung einer Verbindlichkeit der Schuldnerin unmittelbar an die M. GmbH ausgezahlt.

Die Klägerin hat beantragt, ihre aus dem Darlehensvertrag vom 24. Januar 2013, jedenfalls aber aus ungerechtfertigter Bereicherung folgende Forderung gegen die Schuldnerin in Höhe von 27.122,82 € – hilfsweise nachrangig – zur Tabelle festzustellen. Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben.

Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr
bisheriges Begehren weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und
zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt:

Der Darlehensvertrag vom 24. Januar 2013 sei wegen Missbrauchs der Vertretungsmacht des Geschäftsführers der Komplementärin der Schuldnerin unwirksam. Die Komplementärin sei nur im Außenverhältnis von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit gewesen, nicht jedoch im Innenverhältnis. Die gemäß § 6 Nr. 1 Satz 3 des Gesellschaftsvertrages mögliche Befreiung auch im Innenverhältnis sei nicht erteilt worden. Soweit die Klägerin im Berufungsverfahren erstmals behauptet habe, der Gesellschaftsvertrag sei mit dem Eintritt der Komplementärin dahingehend geändert worden, dass die Befreiung auch im Innenverhältnis gelte, werde dieser Vortrag gemäß § 529 Abs. 1, § 531 ZPO nicht zugelassen. Bei Abschluss des Darlehensvertrages sei zudem gegen § 6 Nr. 4c des Gesellschaftsvertrages verstoßen worden.

Die Grenze von 200.000 DM sei im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bereits
überschritten gewesen. Da der für beide Vertragsparteien handelnde Geschäftsführer die Beschränkung seiner Vertretungsbefugnis im Innenverhältnis und das Fehlen eines die Befreiung aussprechenden Gesellschafterbeschlusses gekannt habe, könne sich die Klägerin nicht auf ein schützenswertes Vertrauen auf den Bestand der Vertretungsmacht berufen.

Die Voraussetzungen eines Anspruchs aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB
seien ebenfalls nicht erfüllt. Die Anweisung, das Darlehen an die M. GmbH auszuzahlen, habe gegen § 181 BGB verstoßen. Fehle eine Anweisung, habe der bereicherungsrechtliche Ausgleich im Wege einer Nichtleistungskondiktion zwischen dem Angewiesenen und dem Zahlungsempfänger zu erfolgen. Dies gelte zwar nicht, wenn der Zahlungsempfänger das Fehlen einer wirksamen Anweisung nicht gekannt habe, die Zahlung aus seiner Sicht eine Leistung des vermeintlich Anweisenden dargestellt habe und dieser Rechtsschein dem vermeintlich Anweisenden zuzurechnen sei. Im Fall eines Missbrauchs der
Vertretungsmacht seien diese Voraussetzungen jedoch nicht erfüllt. Der vom Geschäftsführer missbräuchlich gesetzte Rechtsschein könne der Schuldnerin nicht zugerechnet werden.

II.

Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.

1.

Mit der Begründung des Berufungsgerichts kann ein Anspruch der Klägerin aus § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB auf Rückzahlung des der Schuldnerin zur
Verfügung gestellten Darlehens nicht verneint werden. Der revisionsrechtlich maßgebliche Sachverhalt lässt den Schluss auf einen Missbrauch der VertretungsmachtBitte wählen Sie ein Schlagwort:
Missbrauch der Vertretungsmacht
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nicht zu.

a) E. , der Geschäftsführer der Komplementärin der Schuldnerin, hat bei Abschluss des Darlehensvertrages nicht gegen das Verbot der Mehrfachvertretung gemäß § 181 Halbsatz 1 Fall 2 BGB verstoßen. Ausweislich des die Schuldnerin betreffenden Handelsregisterauszuges, welchen der Beklagte vorgelegt hat, war die Komplementärin befugt, im Namen der Schuldnerin mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten Rechtsgeschäfte abzuschließen (vgl. dazu BGH, Urteil vom 7. Februar 1972 – II ZR 169/69, BGHZ 58, 115, 117). Die Beschränkungen gemäß § 6 Nr. 1 Satz 3, Nr. 4c des Gesellschaftsvertrages hatten auf die im Außenverhältnis umfassende Vertretungsbefugnis der Komplementärin grundsätzlich keinen Einfluss (Abstraktionsgrundsatz).

b) Handelt der Vertreter im Rahmen seiner Vertretungsmacht, führt dies
grundsätzlich zu einer rechtsgeschäftlichen Bindung des Vertretenen (Schäfer in Bamberger/Roth/Hau/Poseck, BGB, 4. Aufl., § 167 Rn. 47). Das Risiko einer missbräuchlichen Verwendung der Vollmacht hat grundsätzlich der Vertretene zu tragen (BGH, Urteil vom 29. Juni 1999 – XI ZR 277/98, NJW 1999, 2883). Die Missachtung von Regeln und Weisungen, die sich aus dem Innenverhältnis des Vertreters zum Vertretenen ergeben, wirkt sich erst dann im Außenverhältnis aus, wenn die Grenzen des rechtlich Tragbaren überschritten werden. Erst dann spricht man von einem Vollmachtsmissbrauch im Rechtssinne, der sich auf die
Wirksamkeit des vom Vertreter geschlossenen Rechtsgeschäfts auswirkt (Staudinger/Schilken, BGB, 2019, § 167 Rn. 91, 99). Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Vertreter und Geschäftsgegner bewusst zum Nachteil des VertretenenBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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zum Nachteil des Vertretenen
zusammenwirken oder wenn der Missbrauch der VertretungsmachtBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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dem Geschäftsgegner bekannt ist oder wegen Evidenz des Missbrauchs ohne weitere Nachforschungen hätte bekannt sein müssen. Das Vertrauen des Geschäftsgegners auf den Bestand des Geschäfts ist nicht schutzwürdig, wenn er weiß oder wenn es sich ihm geradezu aufdrängen muss, dass der Vertreter seine Vertretungsmacht missbraucht.

In einem solchen Fall des Missbrauchs der Vertretungsmacht kann der Geschäftsgegner aus dem formal durch die Vertretungsmacht gedeckten Geschäft keine vertraglichen Rechte oder Einwendungen herleiten. Von den Fällen der Kollusion abgesehen, muss das Geschäft grundsätzlich nicht notwendig nachteilig für den Vertretenen sein (BGH, Beschluss vom 1. April 2006 – II ZR 337/05, NJW 2006, 2776 Rn. 2 f; Urteil vom 18. Oktober
2017 – I ZR 6/16, WM 2018, 230 Rn. 22).

c) In dem hier gegebenen Fall der Mehrfachvertretung – ein und dieselbe
natürliche Person handelt für beide Vertragsparteien – kennt der Vertreter, auf dessen Kenntnisstand es gemäß § 166 Abs. 1 BGB ankommt, stets etwaige Einschränkungen seiner Vertretungsmacht im Innenverhältnis. Die oben dargestellten Grundsätze würden stets zu einer Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts führen, auch dann, wenn das Rechtsgeschäft ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht. Dieses Ergebnis würde der Wertentscheidung des § 181 Halbsatz 2 BGB widersprechen. Wenn der die im Innenverhältnis geltende Beschränkung seiner Vertretungsmacht überschreitende Vertreter zugleich den Geschäftsgegner vertritt, gelten für den Missbrauch der VertretungsmachtBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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daher besondere Regeln. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setzt die Unwirksamkeit eines Insichgeschäfts gemäß § 181 BGB unter dem Gesichtspunkt des Missbrauchs der Vertretungsmacht voraus, dass es für den Vertretenen nachteilig ist (BGH, Urteil vom 28. Januar 2014 – II ZR 371/12, WM 2014,
628 Rn. 10; vom 18. Oktober 2017 – I ZR 6/16, WM 2018, 230 Rn. 25 mwN; Staudinger/Schilken, BGB, 2019, § 167 Rn. 93; vgl. auch MünchKomm-BGB/
Schubert, 8. Aufl., § 164 Rn. 223, der für jeden Fall des Missbrauchs ein Handeln verlangt, welches den objektiven Interessen des Vertretenen widerspricht und sich nachteilig auswirkt).

d) Feststellungen dazu, ob der Darlehensvertrag vom 24. Januar 2013 für
die Schuldnerin nachteilig war, hat das Berufungsgericht nicht getroffen, weder hinsichtlich der Darlehensbed ngungen noch hinsichtlich der Aufnahme des Darlehens als solcher. Darlegungs- und beweispflichtig für die tatsächlichen Voraussetzungen eines Vollmachtsmissbrauchs ist derjenige, der sich darauf beruft (Erman/Maier-Reimer/Finkenauer, BGB, 16. Aufl., § 167 Rn. 78; Frensch in Prütting/Wegen/Weinreich, 15. Aufl., § 167 Rn. 57), hier also der Beklagte.

e) Nichts anderes gilt, soweit der Missbrauchstatbestand aus einem Verstoß gegen § 6 Nr. 4c des Gesellschaftsvertrages hergeleitet wird.

f) Weitere Voraussetzung eines Rückzahlungsanspruchs aus § 488 Abs. 1
Satz 2 BGB neben dem Zustandekommen eines Darlehensvertrages ist, dass
der Darlehensbetrag dem Vermögen des Darlehensnehmers in der vereinbarten Form endgültig zugeführt worden ist (MünchKomm-BGB/Berger, 8. Aufl., § 488 Rn. 44). Nach dem unter Beweis gestellten Vorbringen der Klägerin ist diese Voraussetzung ebenfalls erfüllt. Das Darlehen soll unmittelbar an die M. GmbH zur Begleichung einer Verbindlichkeit der Schuldnerin ausgezahlt worden sein. Gegenteilige Feststellungen haben die Vorinstanzen nicht getroffen.

2.

Auch die Voraussetzungen eines Anspruchs der Klägerin gegen die
Schuldnerin aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB können auf der Grundlage des für das Revisionsverfahren maßgeblichen Sachverhalts nicht verneint werden.

a) Die Unwirksamkeit des Darlehensvertrages wegen Vollmachtsmissbrauchs, dessen tatsächliche Voraussetzungen bisher nicht festgestellt sind, und der Anweisung, den Darlehensbetrag an die M. GmbH auszuzahlen, wird im Folgenden ebenso unterstellt wie die von der Klägerin behauptete und unter Beweis gestellte Auszahlung des Darlehensbetrags an die M. GmbH. Zu entscheiden ist also die Rechtsfrage, ob sich bei Fehlen einer wirksamen Anweisung der Bereicherungsanspruch des Zuwendenden gegen den Zuwendungsempfänger oder gegen den vermeintlich Anweisenden richtet, wenn der Fehler der Anweisung darauf beruht, dass für den vermeintlich Anweisenden ein Vertreter handelt, der interne Einschränkungen seiner nach außen hin unbeschränkten Vertretungsmacht missachtet.

b) Entgegen der Ansicht der Vorinstanzen richtet sich der Bereicherungsanspruch in dem genannten Fall gegen den Anweisenden, der im Verhältnis zum Zuwendungsempfänger den Rechtsschein einer wirksamen Anweisung gesetzt hat.

aa) Nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB ist zur Herausgabe verpflichtet,
wer durch die Leistung eines anderen etwas ohne rechtlichen Grund erlangt hat.

Diese Leistungskondiktion hat nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Vorrang vor der Nichtleistungskondiktion nach § 812 Abs. 1 Satz 1Fall 2 BGB (BGH, Urteil vom 31. Januar 2018 – VIII ZR 39/17, NJW 2018, 1079 Rn. 16 mwN).

bb) Unter einer Leistung im Sinne von § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB ist
die bewusste und zweckgerichtete Vermehrung fremden Vermögens zu verstehen. Wer Leistender und wer Empfänger einer Leistung ist, richtet sich in erster Linie nach dem Zweck der Zuwendung. Maßgeblich ist grundsätzlich der Zweck, welchen die Beteiligten im Zeitpunkt der Zuwendung mit dieser nach ihrem zum Ausdruck gekommenen Willen verfolgt haben. Stimmen die Vorstellungen der Beteiligten nicht überein, ist nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine objektive Betrachtungsweise aus der Sicht des Zuwendungsempfängers geboten. Es kommt darauf an, wie eine vernünftige Person in der Lage des Empfängers die Zuwendung nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte verstehen musste und durfte.

cc) Das gilt grundsätzlich auch für den Bereicherungsausgleich in Mehrpersonenverhältnissen (BGH, Urteil vom 31. Januar 2018, aaO Rn. 17). Bei der bereicherungsrechtlichen Behandlung von Vorgängen, an denen mehr als zwei Personen beteiligt sind, verbietet sich nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung jede schematische Lösung. Vielmehr sind für die sachgerechte bereicherungsrechtliche Abwicklung stets die Besonderheiten des Einzelfalles zu berücksichtigen, zu denen insbesondere Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes und der Risikoverteilung zählen (BGH, Urteil vom 19. September 2014 – V ZR 269/13, WM 2014, 2269 Rn. 22 mwN; vom 31. Januar 2018, aaO Rn. 18).

Aus der Sicht der Zuwendungsempfängerin, der M. GmbH, handelte es sich bei dem überwiesenen Darlehensbetrag um eine Leistung der Schuldnerin. Diese war ihre Vertragspartnerin und schuldete ihr den streitgegenständlichen Betrag. Mit der Klägerin verbanden sie dagegen keine vertraglichen Beziehungen. Die Klägerin ihrerseits wollte mit der Zahlung an die M. GmbH ihre Verpflichtung aus dem Darlehensvertrag vom 1. Januar 2013 erfüllen, der Darlehensnehmerin – der Schuldnerin – den vereinbarten Darlehensbetrag zur Verfügung zu stellen (§ 488 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die Schuldnerin ist hierdurch von ihrer Verbindlichkeit gegenüber der M. GmbH frei geworden. Dass der Darlehensvertrag nicht wirksam geworden war, änderte hieran zunächst nichts. Die Zahlung stellte also eine Leistung der Klägerin an die Schuldnerin und zugleich eine Leistung der Schuldnerin an die M. GmbH dar.

dd) Die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung hat grundsätzlich im
Rahmen der jeweiligen fehlerhaften Leistungsbeziehung zu erfolgen (BGH, Urteil vom 16. Juni 2015 – XI ZR 243/13, BGHZ 205, 377 Rn. 17; vom 31. Januar 2018 VIII ZR 39/17, NJW 2018, 1079 Rn. 30 mwN). Fehlerhaft war hier nur das Deckungsverhältnis, nämlich der Darlehensvertrag zwischen der Schuldnerin und der Klägerin. Das Valutaverhältnis wies dagegen keine Fehler auf. Dass die Schuldnerin der M. GmbH den Betrag von 27.122,82 € schuldete, hat keine Partei in Zweifel gezogen. Der Schuldnerin steht danach grundsätzlich kein Bereicherungsanspruch gegen die genannte Gesellschaft zu. Ein Bereicherungsanspruch der Klägerin unmittelbar gegen die M. GmbH aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB kommt wegen des Vorrangs der Leistungs- vor der Eingriffskondiktion grundsätzlich ebenfalls nicht in Betracht.

ee) Die genannten Grundsätze gelten allerdings uneingeschränkt nur
dann, wenn eine wirksame, fehlerfreie Anweisung vorliegt. Fehlt eine Anweisung oder weist sie Mängel auf, ist zu unterscheiden.

(1) Im Anwendungsbereich des § 675u BGB führt jeder Fehler der Anweisung dazu, dass der Zahlungsdienstleister den Zahlungsbetrag im Wege der Nichtleistungskondiktion (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB) vom Zahlungsempfänger herausverlangen kann (BGH, Urteil vom 16. Juni 2015 – XI ZR 243/13, BGHZ 205, 377 Rn. 21 ff).

(2) In allen anderen Fällen ist nach der bisherigen Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs, an welcher der Senat festhält (ebenso etwa Wendehorst in Bamberger/Roth/Hau/Poseck, BGB, 4. Aufl., § 812 Rn. 214; offengelassen von BGH, Urteil vom 16. Juni 2015, aaO Rn. 22; vom 31. Januar 2018 – VIII ZR 39/17, NJW 2018, 1079 Rn. 34), aufgrund einer wertenden Betrachtung unter Berücksichtigung einer Veranlasser- und Rechtsscheinhaftung zu entscheiden.

(a) Der Angewiesene hat einen unmittelbaren Bereicherungsanspruch aus
§ 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB gegen den Anweisungsempfänger, wenn eine
wirksame Anweisung gänzlich fehlt. In diesen Fällen hat der Angewiesene lediglich erfolglos versucht, eine Leistung an den Anweisenden zu erbringen. Der Zuwendungsempfänger ist daher in sonstiger Weise auf Kosten des Angewiesenen bereichert und deshalb dessen Anspruch aus Nichtleistungskondiktion ausgesetzt. Das gilt unabhängig davon, ob der Anweisungsempfänger das Fehlen einer wirksamen Anweisung im Zeitpunkt der Zuwendung kannte oder nicht kannte (BGH, Urteil vom 16. Juni 2015, aaO Rn. 18 mwN; vom 31. Januar 2018 – VIII ZR 39/17, NJW 2018, 1079 Rn. 32). Ebenso ist der Fall zu behandeln, wenn der Anweisende geschäftsunfähig war (BGH, Urteil vom 16. Juni 2015, aaO mwN). Der Geschäftsunfähige hat die Anweisung zwar veranlasst; gemäß den Wertungen der §§ 104, 105 BGB geht sein Schutz demjenigen des Zuwendungsempfängers jedoch vor.

(b) Ein unmittelbarer Bereicherungsanspruch des Angewiesenen gegen
den Zuwendungsempfänger aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB kommt dagegen nicht in Betracht, wenn der Anweisende die Anweisung mit veranlasst und gegenüber dem Zunwendungsempfänger den zurechenbaren Rechtsschein einer Leistung gesetzt hat. Nach der früheren Rechtsprechung des Bankensenats galt dies insbesondere in Fällen, in denen die Bank den Widerruf einer Überweisung oder eines Dauerauftrags oder die Kündigung eines Überweisungsauftrags irrtümlich nicht beachtet oder versehentlich eine Zuvielüberweisung vorgenommen hatte. Anderes gilt wiederum dann, wenn der Anweisende die Anweisung zwar mit veranlasst hatte, der Zuwendungsempfänger aber wusste, dass die Anweisung widerrufen worden war oder einen geringeren Betrag betraf (BGH, Urteil vom 31. Januar 2018 – VIII ZR 39/17, NJW 2018, 1079 Rn. 34 ff).

(c) Wird die Anweisung von einem Vertreter ohne Vertretungsmacht erteilt,
kann sie dem Vertretenen nicht zugerechnet werden. Das gilt auch dann, wenn die Anweisung von einem nur gesamtvertretungsberechtigten Vertreter allein und damit zivilrechtlich unwirksam erteilt worden ist. Zweck der Regeln über die Gesamtvertretung ist es gerade, dass der Vertretene grundsätzlich nur durch übereinstimmende Willenserklärungen aller gesetzlichen oder rechtsgeschäftlich bestellten Vertreter verpflichtet oder berechtigt werden kann. In einem solchen Fall hat der Vertretene nicht den Anschein erweckt, die in seinem Namen handelnde Person sei alleinvertretungsberechtigt. Damit hat er keine Ursache für den Anschein gesetzt, die Zahlung sei seine Leistung. Der Bereicherungsausgleich hat
daher im Wege einer Nichtleistungskondiktion (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB) zwischen dem Empfänger der vermeintlichen Weisung und dem Leistungsempfänger zu erfolgen (BGH, Urteil vom 20. März 2001 – XI ZR 157/00, BGHZ 147, 145, 149 f).

(d) Im vorliegenden Fall stammte die Weisung, den Darlehensbetrag an
die M. GmbH auszuzahlen, vom gesetzlichen Vertreter der
Komplementärin der Schuldnerin, die ausweislich der Eintragung im Handelsregister uneingeschränkt zur Vertretung der Schuldnerin berechtigt war. Damit hat die Schuldnerin die in Frage stehende Anweisung jedenfalls mit veranlasst. Sie hat die Komplementärin mit einer nach außen unbegrenzten Vollmacht ausgestattet. Sie trägt deshalb grundsätzlich auch das Risiko einer missbräuchlichen Verwendung der Vollmacht. Auf die oben dargestellten Grundsätze des Vollmachtsmissbrauchs kann sich die Schuldnerin im Verhältnis zur Zuwendungsempfängerin, der M. GmbH, nicht berufen. Diese kannte die internen Beschränkungen der Vertretungsmacht der Komplementärin nicht und brauchte sie auch nicht zu kennen. Ihr Schutz verdient Vorrang vor demjenigen der Schuldnerin, welche die nach außen unbeschränkte Vollmacht erteilt hat, aufgrund derer die Anweisung erfolgt ist. Eine Rückabwicklung hat daher im Verhältnis der Schuldnerin und der Klägerin zu erfolgen, in welchem der von der Schuldnerin zurechenbar veranlasste Fehler aufgetreten ist. Die Schuldnerin ist gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 BGB zur Rückgewähr des Darlehensbetrages an die Klägerin verpflichtet. Ein Anspruch der Klägerin gegen die M. GmbH aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB besteht dagegen nicht.

III.


Die angefochtene Entscheidung kann daher keinen Bestand haben. Sie
ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, wird sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen (§ 563 Abs. 1 ZPO).

Ob ein Rückzahlungsanspruch der Klägerin aus § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB
besteht, hängt davon ab, ob die Klägerin die Auszahlung des Darlehensbetrages beweisen kann. Der Anspruch besteht nicht, wenn der Beklagte die oben erläuterten Voraussetzungen eines Vollmachtsmissbrauchs darlegen und beweisen kann. Voraussetzung eines Herausgabeanspruchs der Klägerin gegen die Schuldnerin aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB ist ebenfalls die von der Klägerin zu beweisende Auszahlung des Darlehensbetrages. Eine als Forderung aus Darlehensvertrag zur Tabelle angemeldete Forderung kann, wenn ein Vertragsmangel gegeben ist, im Forderungsfeststellungsverfahren als Forderung aus ungerechtfertigter Bereicherung verfolgt und festgestellt werden (BGH, Beschluss vom 12. November 2015 – IX ZR 313/14, WM 2016, 46 Rn. 3 f; vgl. auch Urteil vom 25. Juni 2020 – IX ZR 47/19, WM 2020, 1443 Rn. 19 ff).

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Schlagworte: Insichgeschäft