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OLG Celle, Beschluss vom 03. Mai 2017 – 9 UH 1/17

§ 51 ZPO, § 937 ZPO, § 943 ZPO, § 16 Abs 3 S 4 GmbHG

1. Ist beim Berufungsgericht kein Verfahren gegen den in der Gesellschafterliste vermeintlich zu Unrecht Eingetragenen anhängig, ist für die Zuordnung eines Widerspruchs zur Gesellschafterliste gem. § 16 Abs. 3 Satz 4 GmbHG mangels bei ihm anhängiger Hauptsache nicht das Berufungsgericht zuständig.

2. Werden in einer Beschlussmängelstreitigkeit die den Beschluss als Gesellschafterin anfechtende Kläger-GmbH und die Beklagten-GmbH, in deren Gesellschafterversammlung der Beschluss gefasst wurde, durch denselben Geschäftsführer vertreten, so ist die Klage unzulässig (Anschluss an RGZ 66, 240, 242 und BGH, Urteil vom 11. Dezember 1995, II ZR 220/94).

Tenor

Die Anträge der Antragstellerin vom … April 2017 auf Erlass einer einstweiligen Verfügung werden als unzulässig zurückgewiesen.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt den Erlass einer einstweiligen Verfügung mit dem Inhalt, beiden vom Antragsgegner zu 2 gehaltenen Anteilen in der zum Handelsregister eingereichten Gesellschafterliste vom … Januar 2017 der Antragsgegnerin zu 1 einen Widerspruch zuzuordnen. Weiter begehrt sie, es der Antragsgegnerin zu 1 zu untersagen, bestimmte Gewinn- oder Sachausschüttungen vorzunehmen sowie beiden Antragsgegnern zu untersagen, ohne Zustimmung der Antragstellerin Gesellschafterbeschlüsse betreffend verschiedene, von der Antragstellerin im einzelnen aufgelisteter Beschlussgegenstände zu fassen bzw. zu vollziehen. Die Antragstellerin hält das Oberlandesgericht hinsichtlich des Erlasses der einstweiligen Verfügung gemäß §§ 943 Abs. 1, 2. Halbsatz, 937 ZPO für zuständig, weil sich das die Feststellung der Unwirksamkeit der Einziehung ihres Geschäftsanteils betreffende Klageverfahren in der Berufungsinstanz beim Senat befinde.

II.

Die vor dem Oberlandesgericht gestellten Anträge der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sind alle unzulässig.

1. So zweifelhaft die Richtigkeit des gegen die Antragstellerin gerichteten Einziehungsbeschlusses erscheinen mag, ist für die Zuordnung eines Widerspruchs zur Gesellschafterliste im Wege einer gemäß § 16 Abs. 3 Satz 4 GmbHG zu erlassenden einstweiligen Verfügung derzeit nicht das Oberlandesgericht zuständig. Eine Zuständigkeit ergibt sich insbesondere nicht aus § 943 Abs. 1, 2. Halbsatz ZPO, weil insoweit nicht die Hauptsache in der Berufungsinstanz anhängig ist. Das Verfahren gegen den in der Gesellschafterliste unrichtig Eingetragenen ist gegen diesen (im vorliegenden Fall also gegen den Antragsgegner zu 2) zu richten, vgl. Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 19. Aufl., Rn. 98 zu § 16 m. w. N. Der Antragsgegner zu 2 ist jedoch schon nicht Partei des beim Senat anhängigen Berufungsverfahrens 9 U 16/17, das sich allein gegen die hiesige Antragsgegnerin zu 1 als Berufungsbeklagte richtet. In Ermangelung einer gegen den Antragsgegner zu 2 gerichteten, vor dem Oberlandesgericht anhängigen Hauptsache kommt eine Zuständigkeit des Senats für den Erlass einer gegen den Antragsgegner zu 2 gerichteten einstweiligen Verfügung mithin nicht in Betracht, zumal diesem, der gegen eine ihn belastende Entscheidung des Senats keine Möglichkeit der Einlegung eines Rechtsmittels hätte, die weitere Instanz zur Überprüfung der Richtigkeit der einstweiligen Verfügung genommen würde.

Gleiches gilt für die mit dem Antrag zu drei verfolgte Regelung betreffend an den Antragsgegner zu 2 gerichtete Untersagungen. Hinzu kommt insoweit, dass hinsichtlich des von der Antragstellerin aufgezählten Katalogs potentieller abstrakter Beschlussgegenstände die konkrete Gefahr unmittelbar bevorstehender Verletzungen von Rechten der Antragstellerin weder aufgezeigt noch ersichtlich ist. Das einstweilige Verfügungsverfahren dient nicht dazu, prophylaktisch die Willensbildung innerhalb der Gesellschaft von vornherein auszuschließen.

2. Soweit die Antragstellerin den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Antragsgegnerin zu 1 mit dem Inhalt begehrt, ihr zu untersagen, bestimmte Gewinnausschüttungen vorzunehmen, ist dieser Antrag ebenfalls unzulässig. Das ergibt sich bereits daraus, dass nach dem Begehren der Antragstellerin sowohl sie selbst als auch die Antragsgegnerin zu 1 durch dieselbe Person vertreten werden. Zwischen den gesetzlichen Vertretern der beiden Parteien darf jedoch keine Personenidentität bestehen; anderenfalls kann die Klage (und auch ein Verfügungsantrag) nicht wirksam erhoben werden (vgl. RGZ 66, 240, 242 f.; BGH, Urteil vom 11. Dezember 1995, II ZR 220/94, Rn. 8 m. w. N.).

Dessen ungeachtet wäre auch insoweit nicht das Oberlandesgericht nach § 943 Abs. 1, 2. Halbsatz ZPO zuständig, weil sich die im einstweiligen Verfügungsverfahren erstrebte Regelung, nämlich die Untersagung der Vornahme bestimmter Gewinnausschüttungen, nicht als Sicherung der im hiesigen Berufungsverfahren verfolgten Hauptsache, nämlich der Feststellung der Unwirksamkeit der Einziehung des GeschäftsanteilsBitte wählen Sie ein Schlagwort:
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der Antragstellerin, darstellt. Vielmehr erstrebt die Antragstellerin mit dieser Regelung eine über die vermeintliche Hauptsache noch hinausgehende Regelung.

Gleiches gilt hinsichtlich der mit dem Antrag zu 4 erstrebten Untersagung, wobei auch insoweit eine konkrete Rechtsgefährdung nicht aufgezeigt ist (sh. oben Nr. 1 a. E.).

3. Die Kostenentscheidung folgt § 91 ZPO, den Streitwert hat der Senat entsprechend der Wertvorstellung der Antragstellerin festgesetzt.

Gegen diese Entscheidung findet kein Rechtsmittel statt (§§ 574 Abs. 1 Satz 2, 542 Abs. 2 ZPO).

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